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geschichte artikel (Interpretation und charakterisierung)

Die angeklagten gruppen und organisationen



Am 30. Juli 1946 begann der Internationale Militärgerichtshof in Nürnberg das Beweismaterial gegen die nach Artikel 9 der Londoner Charta angeklagten Gruppen und Organisationen anzuhören und entgegenzunehmen. Angeklagt waren das Reichskabinett, das Führerkorps der NSDAP, SS und SD, SA, Gestapo und Generalstab und Oberkommando der Wehrmacht. Diese Art der Anklage ( auf Gruppen und Organisationen bezogen) war etwas ganz neues, und ging auf einen Vorschlag des amerikanischen Obersten Murray Bernays aus dem Jahre 1944 zurück. (34) In den vergangenen Monaten waren beim Gericht eine Unmenge von Briefen, eidesstattlichen Versicherungen und Anträgen zugunsten der Organisationen eingegangn. Allein die SS Angehörigen schickten 136 000 Affidavits (eidesstattliche Versicherungen).

     Vom Gericht bevollmächtigte Untersuchungsrichter vernahmen 101 Zeugen, aus denen dann diejenigen ausgewählt wurden, die vor dem Gerichtshof aussagen sollten. Im Hinblick auf das Führerkorps der NSDAP machte die Verteidigung geltend, daß die meisten der Politischen Leiter, rund 600 000 Parteimitglieder, nichts von den Verbrechen der Partei gewußt hätten oder nicht in sie verwickelt gewesen waren. (35) Aus dem Beweismaterial gegen SS, SD und Gestapo ging klar hervor, daß viele Tausende ihrer Mitglieder von grauenvollen Kriegsverbrechen gewußt hatten und darin verstrickt gewesen waren. Die Verteidigung bestritt jedoch, daß dies pauschal für alle Angehörigen dieser Gruppen galt. Hinsichtlich des Generalstabs und des Oberkommandos der Wehrmacht konzentrierte sich die Verteidigung darauf, daß dieses keine einheitlichen Gruppen gewesen waren und deshalb die Anklage als solche nicht gerechtfertigt sei. Das gleiche Argument wurde in Bezug auf das Reichskabinett angeführt.

     Die SA, die Sturmabteilung der NSDAP, habe nach dem \"Röhm-Putsch\" von 1934 an Prestige und Bedeutung verloren. Nachdem die Schlußplädoyers der Verteidiger der angeklagten Gruppen und Organisationen am 28. August 1946 abgeschlossen waren, kamen die Anklagevertreter mit ihren Schlußplädoyers an die Reihe. Tom Dodd, der das Plädoyer für die amerikanische Seite hielt, hob die Bedeutung der Klage gegen die Organisationen vor: \"Dadurch, daß diese Organisationen für verbrecherisch erklärt werden, wird dieser Gerichtshof nicht nur an das deutsche Volk, sondern an die Völker der ganzen Welt eine Warnung aussprechen. Die Menschheit soll wissen: Verbrechen bleiben nicht straflos, weil sie im Namen einer politischen Partei oder eines Staates begangen worden sind, über Verbrechen wird nicht hinweggesehen, weil sie zu umfangreich sind; Verbrecher werden nicht straflos davonkommen, weil ihrer zu viele sind.\" (36).

    

 
 

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