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Das Verhalten der Zuschauer hat sich in den letzten Jahren stark geändert. Während 1991 wegen des Golfkrieges die Narren auf die Übertragung des Karnevals verzichten mussten, sahen sich am Ostermontag 1999 mehr als acht Millionen Menschen den Katastrophenfilm "Twister" an. Besonders die Jüngeren ließen sich mit einem Marktanteil von fast 40 Prozent für dieses Hollywood Spektakel begeistern. Auch die Fußballfans lassen sich vom Krieg nicht beirren, denn 10 Millionen Zuschauer sahen sich das Champions-League-Spiel Bayern gegen Kiew an. Die ARD konnte mit ihrer Sendung Brennpunkt gerade einmal die Hälfte der Quote der gleichzeitig laufenden Sat-1-Action-Serie "Benzin im Blut" erzielen.Auch die Talkschows behandeln weiter ihre Themen wie "Meine Eltern sind voll Daneben"(Andreas Türck) bis "Baby mach dich nackig"(Hans Meiser), Pro-Sieben zeigt die Serie "Jets-Leben am Limit" und in den Seifenopern wie "Gute Zeiten, schlechte Zeiten" oder "Marienhof" ist Krieg kein Thema, dass erwähnenswert erscheint.
Auf den ersten Blick erscheint es, als ob die Deutschen fest entschlossen währen, sich vom Fersehen mit Unterhaltung betäuben zu lassen, als sei der Krieg auf dem Balkan eine Pflichtübung für Nachrichten und nicht mehr. Doch dieser Eindruck täuscht. Auch in der dritten Kriegswoche war das Interesse an Nachrichtensendungen nahezu unverändert hoch. Der Leiter der ZDF Hauptredaktion Außenpolitik, Peter Frey: " Wir blasen nichts künstlich auf, die Zuschauer interessieren sich in den aktuellen Sendungen überhaupt nicht für andere Themen als das Kosovo." 1)
Der Nachrichtensender n-tv konnte seinen Marktanteil seit dem Beginn des Nato-Bombardements fast verdoppeln(siehe Grafik) und auch Phönix erzielt mit der Übertragung von Pressekonferenzen große Zuschauerresonanz. Das erste mal läuft live ein zweites ARD "Nachtmagazin".
1) Zitat: Der Spiegel 16/1999 Seite 113
Bilder?!
Obwohl Reporter ohne Grenzen das serbische Staatsfernsehen RTS als Propagandainstrument und Waffe im Dienste des Regimes von Slobodan Milosevic betrachtet, bedauert die internationale Menschenrechtsorganisation zur Verteidigung der Pressefreiheit die Entscheidung, keine Bilder des Senders mehr zu übernehmen und weiterzuverbreiten. Diese am 26. Mai von der Telekommunikationsorganisation Eutelsat getroffene Maßnahme ist Einschränkung der Informationsfreiheit. RTS präsentiert die aktuellen Ereignisse nur in Ausschnitten, entstellend und irreführend. Als Hauptinformationsquelle für die serbische Bevölkerung zeigt dieses Fernsehprogramm systematisch gefälschte Reportagen über den Kosovo-Krieg. Die NATO und die internationale Gemeinschaft werden als \"Faschisten\" und \"degenerierte Kriminelle\" beschimpft. In regelrechten Säuberungsaktionen wurden alle kritischen Journalisten des Senders zum Schweigen gebracht: Im Januar 1993 verloren 1500 MitarbeiterInnen ihre Stellung, nachdem sie ihr Mißfallen über die redaktionelle Linie zum Ausdruck gebracht hatten. Reporter ohne Grenzen erinnert aber daran, daß die Entscheidung der Eutelsat-Länder der Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte und Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention widerspricht, der die Informations- und Meinungsfreiheit garantiert. Ausdrücklich gilt dies nicht allein für Informationen oder Ideen, die allgemeinen Anklang finden oder deren Urheber als friedlich und überparteilich gelten können, sondern ebenso für solche, die verletzen,schockieren oder den Staat bzw. die Bevölkerung beunruhigen.
Umgang mit Reportern
Ausländische Journalisten müssen den Kosovo verlassen, nachdem die serbische Regierung die Ausweisung von aus Nato-Staaten stammenden Reportern angeordnet hat. Eine niederländische TV-Journalistin wurde am Freitag, den 26.03.1999 als vermißt gemeldet - sie wird von der serbischen Polizei festgehalten. Auch Mitarbeiter deutscher Fernsehsender und Zeitungen werden massiv behindert. Leib und Leben sind in Gefahr. Ein Kameramann des Hessischen Rundfunks wurde am Vortag im mazedonischen Skopje von demonstrierenden Serben schwer verletzt. Bei einer Anti-Nato-Demonstration hatte er sich in sein Auto gesetzt und wurde nach Steinwürfen von einem Glassplitter im Hals getroffen, wie ein Redakteur des Senders berichtete. Nach einer Operation im Bundeswehrlazarett in der Grenzstadt Tetovo sei er jedoch auf dem Wege der Besserung. «Es wird für uns zunehmend schwieriger, über die Folgen der Nato-Angriffe zu berichten und uns auf Quellen zu stützen, denen wir vertrauen können»2), sagt ZDF-Hauptabteilungsleiter Peter Frey. Der Bundesvorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbandes, Hermann Meyn, mahnte: «Die Öffentlichkeit hat einen Anspruch auf Information jenseits von Kriegspropaganda.»2) Gerade jetzt sei eine umfassende Berichterstattung für die Bevölkerung Jugoslawiens und die Weltöffentlichkeit von großer Bedeutung - vor allem im Interesse eines baldigen Friedens.
Die Realität sieht anders aus: Die meisten deutschen Journalisten können die Einschläge der Bomben und deren Folgen nicht mehr selbst beobachten. Sie wichen vom Kosovo meist nach Mazedonien oder Kroatien aus. Zuvor war ihre technische Ausstattung zum Teil beschlagnahmt worden; zusammenbrechende Sende- und Telefonleitungen hatten die Übermittlung von Berichten erschwert. Nicht alle Reporter sind jedoch aus dem Kosovo geflohen: Der ARD-Hörfunk-Korrespondent Elias Bierdel beispielsweise berichtete am Freitag noch aus dem Kriegsgebiet. Er wird jedoch aufgefordert zu seiner eigenen Sicherheit das Land zu verlassen. Augenzeugenberichte aus Jugoslawien zu bekommen, gestaltet sich nach den Worten des Chefredakteurs des Bayerischen Fernsehens, Sigmund Gottlieb, zunehmend schwierig. Freie Journalisten berichteten auf eigenes Risiko. Das ZDF bemüht sich unter anderem, deutschsprachige Hochschullehrer und Wissenschaftler ausfindig zu machen.
Fehler?
Im Krieg der modernen Informationsgesellschaften, und um einen solchen handelt es sich beim Kosovo-Konflikt, werden Bilder mit Funktionen und Bedeutungen überladen. Das fotografische Abbild gilt von jeher als ideales Beglaubigungsinstrument. Die Bildpolitik der Nato bewegt sich ganz in dieser Tradition, Fotos und Videos sollen das eigene Handeln legitimieren. Doch die Reichweiten und Potentiale der Bilder stoßen ganz eindeutig an Grenzen. Auf einer Pressekonferenz glaubte Verteidigungsminister Rudolf Scharping, die Luftangriffe auf Jugoslawien durch Fotos rechtfertigen zu können, die er eigenhändig präsentierte, die neu aufgetaucht seien und ein Massaker an der Zivilbevölkerung im Kosovo dokumentierten, das vor dem Kriegsausbruch stattgefunden habe. Es erwies sich allerdings recht schnell, daß die Fotos längst bekannt waren. Der moralische Rechtfertigungsdruck führt zu übereilten Bilddemonstrationen, die nur fehlschlagen können.
2) Zitat: ap-pressemeldung, 26,03,1999(aus Yahoo!Schlagzeilen)
Die täglichen Nato-Pressekonferenzen in Brüssel finden in einem Kinosaal statt, die Leinwand ist das Zentrum dieser Veranstaltung. Um die internationale Presse zu beeindrucken, werden dort Videos gezeigt, die in gestochener Schärfe mit Bordkameras den punktgenauen Angriff der Flugzeuge auf die anvisierten Ziele festhalten. Mit jeder Panne, jedem fehlgeleiteten Geschoß, das auf der gleichen Pressekonferenz zugestanden werden muß, büßt die Präzisionsästhetik jedoch an Überzeugungskraft ein. Die irrtümliche Bombardierung der chinesischen Botschaft beschädigte schließlich nachhaltig diese High-Tech-Inszenierung.
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