Als Traum bezeichnet man eine Phase des Schlafes, die sich dadurch auszeichnet, daß ein anderer Bewußtseinszustand vorliegt als im Wach- oder Tiefschlafzustand. Es treten halluzinatorische Bilderabfolgen auf, die visuell und akustisch wahrgenommen werden. Der Traum entsteht passiv und ohne eine ichzentrierte Lenkung und wird daher oft als Ausdruck des Unbewußten gesehen. Die Trauminhalte sind zumeist von äußeren Reizen unabhängige seelische Produktionen, die Trieb- und Affektzustände, Probleme, Wünsche und Ängste in verschlüsselter Form darstellen. Auch Sinnesreize und Organempfindungen können in bedingter Form Einfluß nehmen und den Inhalt bestimmen. Statt logischer Verknüpfungen treten im Traum die Verbindungen der Erlebnisse durch Gefühle und Affekte auf.
In der Psychoanalyse gilt der Traum als die Hauptquelle des Unbewußten und man geht dort davon aus, daß der Traum in der Regel eine Darstellung der Triebregungen ist und sich auf Grund einer Zensur dem Bewußtsein nur in chiffrierter und verschlüsselter Form darbietet. So stellt er zumeist eine fiktive Erfüllung von verdrängten Wünschen dar.
Der Unterschied zwischen Schlafen und Wachen liegt wesentlich darin, daß die höheren Geistesfunktionen, wie z.B. kritisches Denken und Urteilen, ausgeschaltet sind, während die niederen Tätigkeiten, wie z.B. Empfinden, Vorstellen und Erinnern auch während der Erholungspause des Gehirns im Schlaf weiterhin tätig sind. Manche unserer Sinnespforten bleiben bekanntlich dem Schlaf zugänglich, und wie im wachen Zustand alle Sinnesorgane ständig die Anregung zur seelischen Tätigkeit geben, so sind es im Schlaf meist nur das Ohr, die Nase, das Tast- und das Gemeingefühl, die innere Erregungen vermitteln. Die dadurch entstehende Empfindung gestaltet sich zu einer ihr entsprechenden Vorstellung.
Der Traum hatte zunächst im Altertum die gleiche religiöse Bedeutung, wie wir sie auch heute noch bei den primitiveren Kulturen antreffen. Im Britischen Museum befindet sich eine Papyrosrolle über den Traum, deren Alter mit fast 4000 Jahren angegeben wird. Mehr Belege besitzen wir über die Zeit etwa ein Jahrtausend später. Damals bestand bei Babyloniern und Assyrern eine derartige Wertschätzung des Traumes, daß nicht nur politische Entscheidungen auf Grund von Träumen getroffen wurden, sondern auch der Einzelne sich vor allen wichtigen Entscheidungen von seinem Traumdeuter beraten ließ, so wie man heute etwa einen Astrologen oder Rechtsanwalt konsultiert. Die Chaldäer hatten einen großen Einfluß auf die semitische und römische Kultur, so daß der Begriff Chaldäer später nahezu gleichbedeutend war mit "Traumkundigem".
Auch das Alte Testament ist voll von Träumen, die in frühen Büchern noch als Offenbarungen hingenommen wurden und erst zur Zeit der Propheten kritischer gewertet wurden. Homer unterschied bereits zwischen zwei Arten von Träumen: wahre und falsche Verkündigungen. Sophokles, Sokrates, Aristoteles und Hippokrates hinterließen umfangreiche Werke über den Traum, die noch immer fast die selben Probleme zum Inhalt haben, wie sie in der heutigen, modernen Traumforschung Gegenstand sind. Selbst Cäsar und Nero hielten sich einen offiziellen Traumdeuter am Hofe.
Die nüchterne Verweltlichung des Traumes war dann ein Fortgang, der auch ohne wissenschaftliche Forschereinstellung (Aristoteles) und diagnostisch-therapeutische Auswertungsversuche (Hippokrates), nicht aufzuhalten gewesen wäre. Im westlichen Kulturraum wird der Traum für fast anderthalb Jahrtausende vergessen, während er in der östlichen Welt des Islams einen ähnlichen kultisch-religiösen Stellenwert erlangt wie schon etwa 1000 Jahre vor unserer Zeitrechnung bei den Chinesen oder im Altertum.
Während der Zeit der Renaissance erlebte der Traum in der westlichen Welt einen Tiefpunkt an Achtung. Erst die Romantiker (z.B. Novalis, Schelling, Goethe....) machten den Traum wieder zum Inhalt ihrer Werke indem sie die Beziehung zum Traum, Märchen und Unbewußten wieder anerkannten, was jedoch weitläufig noch als unwissenschaftlich und emotional-irrational abgetan wurde.
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