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geschichte artikel (Interpretation und charakterisierung)

Der aufstieg Österreichs zur großmacht



Trotz schwerster Kriegsschäden erfolgte bald nach dem Westfälischen Frieden durch die Fürstenhöfe ein rascher Wiederaufbau im Reich. Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation war allerdings aus der Reihe der Großmächte ausgeschieden. Es war nur noch ein lockerer Staatenbund von mehreren hundert souveränen Teilen ohne einen gemeinsamen politischen Willen. Die Reichsstände, zu denen auch ausländische Fürsten gehörten wie Frankreich und Schweden, die beiden Garanten der Friedensverträge von 1648, vereitelten jeden Versuch, die zwischen Kaiser und Landesfürsten aufgeteilte Reichsgewalt zu stärken.
Der Habsburgerstaat begann unter Kaiser Leopold I. (1658-1705) zur Großmacht aufzusteigen. Außenpolitisch kam es allerdings in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts zu einer "Renaissance der Reichsidee", als sich die Reichsfürsten im Kampf gegen Franzosen und Türken immer mehr um den Kaiser scharten. Wien wurde als "Reichs-, Haupt- und Residenzstadt" der Gegenpol zu Paris, das unter Ludwig XIV. zur bedeutendsten Stadt Europas geworden war.
Die Türkenkriege leiteten Österreichs "Heldenzeitalter ein". Die Türkei erlebte in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts unter der Leitung tatkräftiger Wesire einen großen Aufschwung. Österreich, Venedig, Polen und Russland Waren die Ziele heftiger Kriegszüge.
Die Anwesenheit deutscher Gruppen in Ungarn, die wegen der Türkengefahr notwendig war, sowie die berechtigte Angst des protestantischen Teils der ungarischen Magnaten, dass der Kaiser nun auch in Ungarn die Gegenreformation mit Gewalt durchführen würde, führten zu einer gefährlichen ungarischen Adelsverschwörung. Die Haupträdelsführer wurden 1671 in Wiener Neustadt hingerichtet.
Kuruzen und Türken begannen den zweiten Türkenkrieg (1683-1699). Unter dem Großwesir Kara Mustafa zog ein Türkenheer von etwa 200.000 Mann gegen Österreich und belagerte im Sommer 1683 Wien.
Angesichts der Türkengefahr schloss König Johann Sobieski von Polen ein von Papst Innozenz XI. vermitteltes Bündnis mit dem Kaiser, dem späten Savoyen, Toskana, Genua, Spanien und Portugal beitraten. Ein Reichsheer, das auch polnische Truppen umfasste, errang unter Herzog Karl von Lothringen und König Sobieski am 12. September 1683 den entscheidenden Sieg in der Entsatzschlacht um Wien. Die Türken erlitten eine vernichtende Niederlage und flüchteten nach Ungarn.
Der Kaiser schloss mit dem Papst, Venedig und Polen die "Heilige Liga" um den Krieg gegen die Türken erfolgreich weiterführen zu können. Die kaiserlichen und verbündeten Truppen eroberten bald Ofen. Auf dem Pressburger Reichstag (1687) verzichteten die ungarischen Stände auf das alte Widerstandsrecht und erkannten das habsburgische Erbrecht im Mannesstamm auf die Stephanskrone an.
1697 übernahm Prinz Eugen den Oberbefehl; in den folgenden Jahren wurde er zum größten Heerführer und zu einem sehr bedeutenden Staatsmann Österreichs.
Im Frieden von Karlowitz (1699) mussten die Türken Ungarn mit Siebenbürgen, Slawonien und Kroatien, aber ohne das Banat, an Österreich abtreten; dieses war damit zur Großmacht geworden.
Auch im Spanischen Erbfolgekrieg schlug Eugen von Savoyen seine Gegner in mehreren Schlachten, konnte aber keinen endgültigen Erfolg erzielen. Bedrohlich wurde die Situation für Österreich, als es 1702 zu einem neuerlichen Aufstand in Ungarn unter dem Fürsten Franz II. Ràkòczys Unterführer Alexander Kàrolyi des Aufstandes Herr zu werden;
Österreichs Aufstieg zur Großmacht erfolgte unter der Herrschaft dreier Kaiser. Nach dem Tode Leopolds I. folgte ihm sein ältester Sohn Joseph I. auf dem Thron (1705-1711). Seine energische und selbstbewusste Persönlichkeit erweckte große Hoffnungen. Der unvorhergesehene frühe Tod machte seinen jüngeren Bruder Karl VI. (1711-1740) zum einzigen lebenden männlichen Habsburger. Dieser trachtete daher, die Erbfolge zu regeln, zumal seine Ehe noch kinderlos war. Um zu verhindern, dass der habsburgische Besitz nach seinem Tode auseinanderfalle, erließ Karl VI. 1713 die Pragmatische Sanktion. Dieses Staatsgrundgesetz regelte die Erbfolgeordnung neu: Die habsburgischen Länder sollten unteilbar und untrennbar sein, und im Falle des Aussterbens des Mannesstammes sollte das Erbe auch auf die Töchter bzw. deren Nachkommen übergehen.
Im dritten Türkenkrieg (1716-1718) gelang die Eroberung von Belgrad. Der "glorreiche" Friede von Passarowitz (1718) brachte Österreich das Banat, die kleine Walachei, Nordserbien und Nordbosnien. Die gewonnenen Gebiete ließ Prinz Eugen durch den Ausbau der sogenannten "Militärgrenze" sichern.
Im Polnischen Erbfolgekrieg starb der greise Prinz Eugen. Erst 1738 kam es zum Frieden von Wien, der den Ländertausch im Sinne der Kabinettspolitik bestätigte. Stanislaus Leszczynski verzichtete auf Polen und erhielt dafür das Herzogtum Lothringen, das nach seinem Tode 1766 an Frankreich fiel.
Die letzten Regierungsjahre Karls VI. brachten einen Rückgang der österreichischen Macht. Als Verbündeter Russlands wurde der Kaiser in einen unglücklich geführten Türkenkrieg verwickelt (1737-1739), der Österreichs Ansehen sehr beeinträchtigte. Der Friede von Belgrad (1739) brachte den Verlust aller Erwerbungen von 1718 mit Ausnahme des Banats mit sich und leitete die Rivalität zwischen Österreich und Russland auf dem Balkan ein, die bis zum Ersten Weltkrieg dauern sollte.
Österreich war durch seine großen Erwerbungen im Osten und Westen zu einem Vielvölkerstaat geworden, der nur durch das Band der Pragmatischen Sanktion zusammengehalten wurde. Aber beim Tode Karls VI. (1740) erwies sich dieses Staatsgrundgesetz zunächst als außenpolitisch nahezu wertlos, da sich viele europäische Mächte an ihre früher gegebenen Zusagen nicht hielten. So schien die Thronerbin Maria Theresia vor eine fast unlösbare Aufgabe gestellt.

 
 

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