Anfang September war die Festung kaum mehr zu halten. Am 3 September war auch noch der Burgravelin erobert worden. Weitere Positionen wurden aufgegeben, die Mauern wurden durch Minen zerstört. Die Stadt war dem Untergang geweiht, wäre nicht am 15 August schon der verbündete polnische König Johann III. Sobieski mit seiner Armee von Krakau aus Richtung Wien aufgebrochen.
Die Donau konnte ungestört überquert werden, da Karl von Lothringen zuvor Truppen und ein türkisches Hilfskorps beim Bisamberg geschlagen hatte. Sobieski vereinte sich mit den Truppen der Sachsen, den Kaiserlichen, den Bayern und den fränkisch-schwäbischen Reichstruppen bei Tulln. Das 70 000 Mann starke Entsatzheer näherte sich über die Berge des nördlichen Wienerwaldes der belagerten Stadt und stand am 12 September am Kahlenberg. Der Anblick mußte überwältigend gewesen sein. Der in polnischen Diensten stehende französische Ingenieur Dupont notierte in seinem Tagebuch folgendes:
"Großer Gott! Welch ein Schauspiel bot sich unseren Augen vom Scheitel dieses Berges (damals Sauberg, später Kahlenberg, heute Leopoldsberg)dar! Der ungeheure Raum von prächtigsten Zelten übersät, auch die Insel Leopoldstadt ist damit bedeckt. Das fürchterliche Gedonner aus den Feuerschlünden der feindlichen Batterien und die erwidernden Schüsse von den Stadtmauern erfüllen die Lüfte. Rauch und Flammen verhüllten die Stadt dergestalt, daß nur die Spitzen der Türme dazwischen sichtbar waren. Überdies aber breiteten sich 200 000 Osmanen in Schlachtordnung vor ihrem Lager in der Strecke von der Donau bis an die Gebirge aus, und weiter links von den Türken zogen ungezählte Tatarenhorden gegen die Höhen und Waldungen heran, ihrer Sitte gemäß in Haufen und Unordnung. All dies war in voller Bewegung und rückte gegen das christliche Heer vor."
Schließlich stürmten die Befreier die Hänge des Kahlenbergs hinunter. Schnell konnte die türkischen Stellungen zerstört werden. Großwesir Kara Mustafa hatte es verabsäumt, Infanterieeinheiten im Wienerwald zu stationieren. Obwohl er wußte, daß das Entsatzheer nahte, hatte er wahrscheinlich zu wenig einsatzfähige Soldaten zur Verfügung. Vermutlich wollte er in den Verschanzungen bei Nußdorf und Heiligenstadt einen Abwehrkampf führen.
Jetzt musste er einsehen, dass er sich der Gefahr, selbst zum Angriffsziel zu werden, mehr widmen hätte sollen.
Immer mehr wurden die Türken in die Enge getrieben, bis schliesslich die Verteidigungslinie der Türken vollkommen durchbrochen werden konnte. Besonders die Polen lieferten sich heftige Gefechte mit den Tataren bei Dornbach und am Schafberg. Nachdem der Truppenkern der Osmanen aufgerieben worden war, ergriffen die Türken überstürzt die Flucht. Zwar konnten sie nicht eingeholt werden, doch mußten sie für eine schnelle Flucht sämtliche Ausrüstung zurüchlassen. Sie sammelten sich bei Raab und zogen nach Belgrad ab.
Am 14 September kehrte Kaiser Leopold nach Wien zurück.
Am 25 Dezember wurde Kara Mustafa auf Befehl des Sultans erdrosselt.
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