Mitte des 2. Jahrhunderts hatte sich die griechische Bildung in der römischen Führungsschicht so durchgesetzt, sodass es fast als selbstverständlich galt, seine Schulzeit mit einem Studium in einer Hochschulstadt im Osten, wie Athen oder Rhodos, abzuschließen. Trotzdem versuchten die Römer ihre kulturelle Unterlegenheit den Griechen gegenüber zu überspielen. Man bezeichnete die Griechen geringschätzig als "Graeculi" (Griechlein).
Die europäische Literatur beginnt mit der Dichtung des Griechen Homers, der die beiden großen Epen Ilias und Odyssee verfasste. Diese beiden Dichtungen bezeugen, dass die Griechen bereits im 8. Jahrhundert vor Christus eine Heldendichtung geschaffen haben.
Im Gegensatz zu den Griechen haben die Römer seit Gründung ihrer Stadt fünf Jahrhunderte lang keine Literatur verfasst.
Dies änderte sich in Rom erst, als das von den Griechen geprägte Sizilien nach dem 1. Punischen Krieg die erste römische Provinz geworden war. Wie auch die Kunst, wollten die Römer die Literatur der Griechen übernehmen.
Einer der wichtigsten Personen für die römische Literatur war wohl der Grieche Livius Andronicus (*284 v. Chr. + 204 v. Chr.) Er kam vermutlich aus der Theaterstadt Tarent als Kriegsgefangener nach Rom und war Hauslehrer der Familie Livii. Weil die Epen Homers für den Schulgebrauch eine wichtige Rolle gespielt hatten, übersetzte Livius Andronicus die Odyssee ins lateinische - die Odusia.
Livius Andronicus galt bereits in der Antike als Gründer und Schöpfer der römischen Literatur, da er nicht nur die ersten lateinische Werke verfasst, sonder auch die stilistischen Grundlagen der lateinischen Dichtersprache geschaffen hatte.
Ein weiteres wichtiges Epos der lateinischen Literatur ist die Aeneis von Vergil, die ebenfalls an Homers Odyssee und Ilias angelehnt ist. Sie erzählt die Geschichte des Helden Aeneas. Dieser Held der Trojaner sei nach dem Fall Trojas über Kathargo nach Italien gekommen und Ahn des Romulus. Vergils Aeneis wurde zum römischen Nationalepos.
Doch Vergil ging es bei seinem Epos nicht einfach nur um ein bloßes Nachahmen, sondern um einen künstlerischen Wettstreit. Er schaffte mit seinem Epos eine Brücke zwischen den beiden Völkern.
Die Griechen hatten bereits alle Literaturgattungen perfekt entwickelt, sodass man kaum einen lateinischen Autor finden wird, der ihnen nicht unendlich verpflichtet wäre.
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