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geschichte artikel (Interpretation und charakterisierung)

Chronologie

Besetzung des ruhrgebietes und des rheinlandes 1923



Vorgeschichte: 1919 Juni Unterzeichnung des Versailler Vertrages

 Blankoscheck über Reparationszahlungen,

 alliierte Truppen in Linksrheinischen Gebieten zur Überwachung der Reparations-
zahlungen

1920 März (13.-17.) Kapp-Lüttwitz-Putsch in Berlin nach Anordnung zur Auflösung der Freikorps

 Bildung einer "Roten Armee" im entmilitarisierten Rheinland

 Aufstand durch Reichswehr niedergeschlagen, frz. Truppen im Maingau

(Darmstadt, Frankfurt/Main, Offenbach) (Besetzung des Ruhrgebietes erwogen und

nach brit. Widerstand Rückzug der Einheiten

1921 März alliierte Reparationskonferenz in Paris: 223 Mrd. GM auf 42 Jahren incl. 12%iger Abgabe

auf dt. Exportprodukte gefordert

 zurückgewiesen durch RK Constantin Fehrenbach (Z)

 Französische Besetzung der Rheinhäfen Duisburg, Duisburg-Ruhrort, Düsseldorf

sowie Zollgrenze zwischen besetzten und unbesetzten Gebieten durch Franzosen

gezogen

Volksabstimmung über Zugehörigkeit Oberschlesiens (große Ind.-Städte, ausgedehnte

Kohlegruben )

 insgesamt 60% für Weimarer Republik, aber in 2 von 4 Teilen polnische Mehrheit

 Alliierte uneins, Völkerbund mit Lösung beauftragt

Mai (5.) Londoner Ultimatum: 132 Mrd. GM nach detailliertem Jahresplan (2 Mrd. GM pro Jahr,
1. Mrd. bis 30. Mai, unbedingte Zustimmung bis 12. Mai ansonsten Besetzung des

Ruhrgebietes)

 dt. volkswirtschaftl. Möglichkeiten um dreifaches überstiegen (John Maynard
Keynes)

 Fehrenbach lehnt ab

 dt. Angebot über 50 Mrd. GM zurückgewiesen

Rücktritt Fehrenbachs, Joseph Wirth (Z) neuer RK (ehem. FinanzMin. unter Fehrenbach),

Walther Rathenau (DDP) WiederaufbauMin. und AMin.

 "Erfüllungspolitik": Versuch der Erfüllung der Reparationen, um Grenzen der

deutschen Volkswirtschaft und Unerfüllbarkeit des Zahlungsplanes aufzuzeigen,

sowie (Teil-)Revision der Reparationszahlungen und des Versailler Vertrages zu
erreichen

 vom Wähler kaum verstanden, Zielscheibe rechtspopulistischer Gruppierungen
(30. Mai) Fristgerechte Zahlung

Aug./Sept. Kauf von Devisen (ausländ. Währungen) mit Papiergeld zur Konsolidierung der 1. Rate

 rapider Währungsverfall, Reparationszahlungen kaum in GM entrichtbar

"Wiesbadener Abkommen" durch AMin. Rathenau: größere Sachlieferungen zur Senkung

finanzieller Reparationsleistungen, Räumung der besetzten Häfen versprochen, aber nicht

durchgeführt

Oktober große Ind.-Städte und die meisten Kohlegruben durch Völkerbundsrat Polen

zugesprochen

 starke wirtschaftl. Schwächung, Reparationszahlungen immer unmöglicher

1922 Januar Regierungswechsel in Frankreich: schärferes Vorgehen gegen WR (Bestehen auf

Satzungen des Versailler Vertrages, Sanktionen) unter MP Raymond Poincarés (Ziel: Rhein
als deutsch-frz. Grenze

April Weltwirtschaftskonferenz in Genua, (16.) Vertrag von Rapallo, Bitte um

Zahlungsaufschub bei Reparationskommission

November Wilhelm Cuno (parteiloser Großhandelskaufmann und Politiknovize) als RK durch Ebert
benannt

Verlauf:

1923 Januar (9.) Reparationskommission stellt gegen britische Stimmen deutsche Rückstande in

Lieferungen von Holz, Kohle und Telegraphenstangen fest

 Ingenieurskomission (Franzosen, Belgier, Italiener) zur Kontrolle von Kohle- und

Stahlförderungen sowie Erfüllung von Liefervereinbarungen ins Ruhrgebiet entsandt

 (11.) Einmarsch von 5 französischen Divisionen und belgischen Verbänden zu deren

"Schutz" ("Akt französischer Revisionspolitik" lt. Eberhard Kolb zur dauerhaften

Schwächung Deutschlands)

 Besetzung Essens & Gelsenkirchens, später Bochums & Dortmunds,

 Besatzungstruppen von zunächst 60.000 auf 100.000 Mann erhöht

 britisches Unverständniss trotzdem passive logistische Hilfe, Rückzug amerikanischer

Besatzungstruppen aus Protest

 (19.) Sturm der Auflehnung in deutscher Bevölkerung, Regierung ruft gemeinsam mit

Parteien und Gewerkschaften zum Streik gegen Besatzer auf ("passiver Widerstand")


Verhalten der Bevölkerung:
- Besatzung als unrechtmäßig empfunden  Streik von weiten Teilen aller Schichten mitgetragen, trotz

Reserviertheit gegen protest.-preuß. Obrigkeit  keine

Kooperation mit Besatzern gezeigt  Festnahmen, Strafen

 gesteigerter Franzosenhass, besonders auf farbige Soldaten

und deren Kinder ("Rheinlandbastarde", Pläne zur Sterilisierung)
- paramilitärischer Widerstand rechter Gruppierungen und Freikorps (von Reichswehr heimlich mit Waffen
unterstützt): Sprengung französischer Einrichtungen, Brücken und Gleise, Mord an deutschen Kollaborateuren,
Überfälle auf französische Militärposten  aber kein Abzug der Truppen erzwingbar
- Katholiken und Zentrums-Mitglied versuchten an Frankreich angelehnten Pufferstaat zu gründen
- Grenzlinien mit Straßensperren durchzogen  durch lebhaften Schwarzhandel und Schmuggel relativiert


 teilweise Lahmlegung von Industrie, Verwaltung & Verkehr

 frz. Reaktion: Verhaftung & Ausweisung von Eisenbahnern, Beamten,

Lokalpolitikern und deren Familien (insgesamt ca. 147.000), Beschlagnahmung von

Fabriken, Einsatz von Besatzertruppen zur Förderung der Reparationsgüter, weitere

wirtschaftliche Abschnürung des Rheinlandes und des Ruhrgebietes vom Reich als Ziel

 Aussetzen der Reparationszahlungen

 schlagartiger Rückgang der Kohleförderungen, katastrophal für französische

Wirtschaft (Liefervolumen unter dem von 1922) und dt. Wirtschaft (Industrieproduktion

gelähmt, Massenentlassungen, 2-stellige Arbeitslosenrate, niedriges Warenangebot)

 deutsche Unterstützungszahlungen für Millionen Menschen, große Mittel zum Ankauf von

Kohle aus intakten Förderbetrieben, enorme Steuer-/Zollausfälle

 erhebliche Defizite in öffentlichen Haushalten (1/7 der ausgaben durch Einnahmen der

Republik gedeckt)  große Kredite in USA aufgenommen (Kopplung an Dollar und

kontinuierliche Abhängigkeit von US-Konjunktur), Notpresse zum Ausgleich 

unkontrollierbarer Auftrieb für Inflation ("Hoch-/Hyperinflation": April 20.000 GM= 1$,

Sept. 4,2 Billionen GM = 1$), Heizwert des Geldes > Brennwert der dafür erhältlichen

Kohle, Warentauschhandel


August Misstrauensvotum stürzt RK Cuno, Gustav Stresemann als Nachfolger mit "großer
Koalition" (SPD, DDP, Z, DVP)

September (16.) Regierung gibt Abbruch des "passiven Widerstandes" bekannt (aufgrund des

drohenden wirtschaftlichen Ruins: 40 Mrd. GM pro Tag): Wiederaufnahme der

Reparationszahlungen, Auflösung des Generalstreiks (aber keine Kapitulation wie von

Franzoen gefordert) = Belastung für große Koalition (Interessenkonflikt)

Oktober Rentenmark zur Währungsstabilisierung geschaffen, im November erstmals verteilt

Einverständnis der Alliierten zur Überprüfung der dt. Zahlungsfähigkeit durch 2

unabhängige Kommissionen  Dawes-Kommission

(21.) Ausrufung der "Rheinischen Republik" in Aachen

Rheinischer Separatismus:

- Dezember 1918 Forderung nach "Rheinischer Republik" zur Loslösung von Preußen innerhalb des

Reiches durch Konrad Adenauer (Kölner Oberbürgermeister)

- Separatisten (Hans Adam Dorten als Sprecher) ersuchen Hilfe bei frz. Besatzungsmacht

 Verkündung der "Rheinischen Republik" (Wiesbaden) und "Autonomen Pfalz" (Motto: "Los vom

Reich") am 1. Juni 1919 scheitert am Landesparlament, frz. Truppen beziehen "strenge Neutralität"

- neuer Auftrieb für rheinisch-separatistische Gruppen nach vollständiger Besetzung 1923

 23. September 1923 Kundgebungen in zahlreichen Städten durch Besatzungstruppen toleriert

 Straßenkämpfe mit Gegnern der "Rheinischen Republik" (17 Tote, 400 Verletzte)

 Besetzung von Rathäusern im Schutz der Franzosen  Generalstreik von Gewerkschaften

ausgerufen, Proteste von frz. Kavallerie niedergehalten

 Ablehnung der Aufstände durch Weimarer Parlament und die meisten Einwohner, Rückzug frz.

Truppen auf Druck der Reparationskommission, Räumung der besetzten Institutionen bis Januar 1924


Die folgenden Jahre - "Goldene Zwanziger":
1924 Frühjahr Wechselkurs neu festgesetzt, Hypothek auf Ind. Sachwerte und Grundstücke, Vertrauen der

Bürger in neue Währung  stabile "Rentenmark"  Inflation überwunden

Dawes-Plan regelt Höhe der jährlichen Zahlungen (1-2,5 Mrd. GM)

November Stresemann scheitert an Misstrauensvotum, Wilhelm Marx (Z) wird neuer RK und beruft

Stresemann zum AMin.

1925 Februar (28.)Tod Friedrich Eberts

Okt.-Dez. Stresemann erwirkt auf Konferenz von Locarno Beendigung der Ruhrgebietsbesetzung:

Freigabe der Städte Düsseldorf, Duisburg und Ruhrort, Ende des Jahres Räumung der

Kölner Besatzungszone
1926 September (10.) Aufnahme der Weimarer Republik in Völkerbund
1926 Dezember Friedensnobelpreis für Stresemann & frz. Amtskollegen Aristide Briand
1927 Auflösung der alliierten Kommission zur Abrüstungsüberwachung

Oktober wirtsch. Annäherung an Frankreich, Reduzierung der Besatzungsstreitkräfte
1929 August Räumung der 2. Besatzungszone um Koblenz

Oktober (3.) Tod Stresemanns

(24.) Kurssturz an New Yorker Stock Exchange

1930 Wirtschaftskrise in Europa (fehlende amerik. Kreditzahlungen und Exportkäufe)

März Sturz der Regierung Hermann Müller (SPD)

 Präsidialkabinett unter Heinrich Brüning = Ende der parlamentarischen Demokratie

Juni Abzug der letzten alliierten Truppen aus Rheinland nach Bestimmungen des Young-Plans

 
 

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