1963
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Zwischen der BRD und Frankreich wird der Vertrag über eine deutsch-französische Zusammenarbeit unterzeichnet und beendet das über 100 Jahre andauernde Spannungsverhältnis zwischen den beiden Staaten.
Am 1.4. startet das ZDF Zweite Deutsche Fernsehen seinen Sendebetrieb.
Im Rahmen seiner Europareise kommt US-Präsident Kennedy zu einem viertägigen Besuch in die BRD, auf dem er auch Berlin besucht. Seine Grundsatzreden zur Machtverteilung in der Welt finden großen Beifall, sein Verhältnis zur geteilten Stadt faßt er in einen Schlußsatz \"Ich bin ein Berliner\" zusammen.
In der DDR werden mit dem NÖSPL Neuen Ökonomischen System der Planung und Leitung Wettbewerbsmerkmale in die bisher zentrale Planwirtschaft, jetzt teilweise dezentralisierte eingebaut. Dem fleißigen \"Arbeiter und Bauern\" winkt jetzt finanzielle Belohnung.
Wie schon während der Regierungskrise Ende 1962 angekündigt, tritt Bundeskanzler Konrad Adenauer zurück zugunsten von Wirtschaftsminister Ludwig Erhard.
Der Berliner Regierende Bürgermeister Willy Brandt handelt mit der Regierung der DDR gegen den Widerstand der Bundesregierung ein Passierscheinabkommen aus, das den Berlinern über die Weihnachtszeit Verwandtenbesuche in West-Ost-Richtung erlaubt.
Nach mehrjährigen Vorbereitungen wird am 20.12. gegen 21 ehemalige Bewacher des Vernichtungslagers und KZ Auschwitz der Prozeß wegen Massenmordes eröffnet.
1964
In Bonn konstituiert sich der im Vorjahr gesetzlich verankerte Sachverständigenrat der \"Fünf Weisen\" zur ständigen Beratung der Regierung der BRD in Wirtschaftsfragen.
Willy Brandt folgt dem im Vorjahr verstorbenen Erich Ollenhauer als Vorsitzender der SPD.
In der DDR dürfen ab 9.9. Bürger im Rentenalter für maximal vier Wochen im Jahr zu Verwandtenbesuchen in den Westen reisen.
In der BRD wird aus verschiedenen rechtsextremen Gruppierungen die NPD Nationaldemokratische Partei Deutschlands gegründet.
Nach Tod von Otto Grotewohl wird Willi Stoph Ministerpräsident der DDR.
Das 1963 erstmals ausgehandelte Passierscheinabkommen zwischen der DDR und Westberlin wird verlängert.
In der DDR rollt der erste \"Trabbi\" Trabant 601 im VEB Sachsenring Automobilwerke Zwickau vom Band. Er wird bis 1991 fast 3 mio mal produziert werden und hat eine Lieferzeit von 12 Jahren.
1965
Im Laufe des Jahres stürzen 26 Starfighter der Bundesluftwaffe bei Trainingsflügen ab.
Der Vorsitzende der KPdSU Breschnew besucht die DDR, und die englische Königin Elisabeth II. die BRD.
Die 1955 zur Richtlinie der Außenpolitik erklärte Hallstein-Doktrin, nach der diplomatische Beziehungen dritter Länder zur DDR in der politischen Praxis zum Abbruch der diplomatischen Beziehungen durch die BRD geführt haben, gerät ins Wanken. Immer mehr Länder erkennen die DDR an.
In der DDR wird mit Einführung von acht neuen Industrieministerien die Liberalisierung der zentralen Planwirtschaft von 1963 (NÖSPL) de facto weitestgehend rückgängig gemacht.
Die Bundestagswahlen bringen in der BRD einen klaren Wahlsieg der CDU/CSU unter Kanzler Ludwig Erhard. Die absolute Mehrheit wird allerdings nicht erreicht, man koaliert mit der FDP.
In der DDR wird das Familienrecht aus dem Zivilrecht als eigenständig ausgegliedert und reformiert. Es tritt am 1.1.1966 in Kraft. Im Vordergrund steht die Erziehung des Nachwuchses nach einem sozialistisch-ideologischen Vorbild des \"Marxismus-Leninismus\".
Um Prozesse gegen Nazi-Verbrechen fortsetzen zu können, beschließt das Parlament der BRD, daß die im Strafgesetzbuch verankerte 20jährige Verjährungsfrist für Mord zwischen dem 8.5.1945 und dem 31.12.1949 \"geruht\" habe.
In der BRD nimmt der Rat der EKD Evangelischen Kirchen von Deutschland Stellung zum Vertriebenenproblem und fordert eine Aussöhnung mit den östlichen Nachbarn und eine Lösung der Oder-Neiße-Frage (Grenze zu Polen).
Das 1963 erstmals ausgehandelte Passierscheinabkommen zwischen der DDR und Westberlin wird verlängert
1966
Im Laufe des ersten Halbjahres stürzen bereits 60 Starfighter der Bundesluftwaffe bei Trainingsflügen ab.
Als die Bundesregierung verlautbaren läßt, den Krieg der USA gegen Vietnam zu unterstützen, formiert sich eine \"außerparlamentarische Opposition\" (APO). Beginn einer Welle von anti-amerikanischen Friedensdemonstrationen für Vietnam und der Politisierung insbesondere der Studentenschaft. Die Polarisierung des von den Studenten verachteten \"Establishment\" und ihnen selbst wird in der Folgezeit durch einseitige Parteinahme marktbeherrschender und weitgehend meinungsbildender Presseorgane für dasselbe verschärft.
Zur langfristigen Bildungsplanung wird in der BRD ein Bildungsrat eingerichtet.
Die CDU/CSU-FDP-Regierung Erhard scheitert an der schwachen Finanzlage des Bundes und der Wirtschaftskrise (deren Ursache ist der durch den Vietnamkrieg instabile Dollar). Kurt Georg Kiesinger wird zum Kanzler gewählt, er bildet zusammen mit der SPD eine Große Koalition, Willi Brandt wird Außenminister. Heinrich Albertz wird sein Nachfolger als Regierender Bürgermeister von Westberlin.
Die Verlängerung des 1963 erstmals ausgehandelten Passierschein-Abkommens zwischen Westberlin und der DDR scheitert, es gilt nur noch für Notfälle.
BRD und DDR gehen auf \"Tuchfühlung\", man verhandelt über einen sogenannten \"Redneraustausch\". Die gegenseitige Verweigerung einer staatsrechtlichen Anerkennung und der westdeutsche Anspruch der Alleinvertretung Deutschlands erschweren solche Kontakte erheblich.
1967
Die drei Europäischen Institutionen der EWG Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, EURATOM und EGKS Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl werden zur EG Europäischen Gemeinschaft verschmolzen.
In der Bundesrepublik löst die neu eingeführte Mehrwertsteuer die Umsatzsteuer ab.
Bundeswirtschaftsminister Karl Schiller führt mit der \"Konzertierten Aktion\" ein Beratungsgremium aller am Wirtschaftsprozeß beteiligten Gruppierungen in der BRD ein, um der zunehmenden Wirtschaftskrise kontrolliert gegenzusteuern.
Der autoritär regierende Schah von Persien kommt zu einem unangemessen hoch bewerteten neuntägigen Staatsbesuch in die BRD. Die Sicherheitsbehörden müssen 100,000 Exil-Iraner und eine große Zahl deutscher Demonstranten unter Kontrolle halten. Bei Zusammenstößen kommt es am 2.6. zum Tod des friedlich demonstrierenden Benno Ohnesorg, der von einem Polizisten von hinten erschossen wird. Mit diesem Tag beginnt die Radikalisierung der APO Außerparlamentarischen Opposition. Die auch innerhalb der in Westberlin regierenden SPD kontrovers geführte Diskussion um die politische Verantwortung für den Zwischenfall führt zum Rücktritt des Regierenden Bürgermeisters Heinrich Albertz.
Walter Scheel löst Erich Mende im Vorsitz der FDP ab.
In der DDR wird die 5-Tage-Woche eingeführt. Außerdem werden die Mindestlöhne angehoben.
1968
Im Januar wird Alexander Dubcek Parteichef der KP der CSSR. Er legt in Moskau ein Reformprogramm vor, das laut Schluß-Kommuniqué die volle Zustimmung der UdSSR hat. Als er es dann real umsetzt, stößt er bei den Partnern des Warschauer Paktes auf Ablehnung, allen voran die DDR. Im Mai halten Truppen der UdSSR in der CSSR \"Manöver\" ab, am 20. und 21.8. wird dem \"Prager Frühling\" ein jähes Ende bereitet durch Invasion von Truppen des Warschauer Paktes, darunter auch der DDR.
Bundeswirtschaftsminister Karl Schiller darf als Erfolg für sich und seine Idee der \"Konzertierten Aktion\" verbuchen, daß die gestiegene Arbeitslosigkeit im Laufe des Frühjahrs aufgefangen wird und in der zweiten Jahreshälfte wieder Vollbeschäftigung (Quote 0,8%) erreicht ist. Die Wirtschaftskrise ist überwunden, nicht zuletzt deshalb, weil sie sich weigert, die D-Mark angesichts einer internationalen Währungskrise aufzuwerten. Stattdessen stützt sie den frz. Franc mit 8 mrd DM und erhält der BRD ihre Exportfähigkeit.
Bereits seit 1958 versuchten die Rechtsparteien der BRD, sogenannte Notstandsparagraphen ins Grundgesetz einzubauen, was stets am Widerstand der SPD gescheitert ist. Jetzt ist diese selbst an der Regierung beteiligt, der Widerstand \"von unten\" gegen die etablierten Systeme hat zugenommen, und jetzt stimmt auch die SPD am 30.5. sogenannten \"vereinfachten\" Notstandsgesetzen zu. Da es sich um eine Grundgesetzänderung handelt, ist eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag erforderlich, die vor der Großen Koalition nicht zu bekommen war. Die Verabschiedung ist von heftigen Protesten der Studentenbewegungen und auch des Gewerkschaftsbundes begleitet.
Die APO zerfällt in konstruktive und destruktive Lager. Eine Gruppe um Andreas Baader beginnt mit Terroraktionen gegen Frankfurter Kaufhäuser (Brandstiftungen). Alle Beteiligten machen zunehmend die überwiegend rechtsorientierte meinungsbildende Presse, allen voran den Springer-Konzern, für die Polarisierung verantwortlich. Am 11.4. wird der profilierte Repräsentant der APO Rudi Dutschke von einem Arbeiter mit einem Kopfschuß lebensgefährlich verletzt. Mit diesem Attentat wird der BRD die friedliche Auseinandersetzung um den Generationenkonflikt genommen. Die DDR nutzt in den kommenden Jahren die Konfliktsituation zu ihren Gunsten aus durch Finanzierung der linksradikalen Kreise, um die Gesellschaft der BRD zu destabilisieren.
In der DDR wird die Strafgesetzgebung von 1871 abgelöst. Politische Vergehen werden mit besonderer Härte verfolgt, einige sexuelle Strafbestände straffrei gemacht (Homosexualität und Sodomie).
Die DDR vollzieht einen weiteren Schritt zur eigenen völkerrechtlichen Anerkennung und zur Abgrenzung von der BRD, indem sie die Paß- und Visumpflicht für den Personenverkehr zwischen den beiden deutschen Staaten einführt.
Nachdem die KPD Kommunistische Partei Deutschlands 1956 vom Bundesverfassungsgericht verboten worden war, konstituiert sich die DKP Deutsche Kommunistische Partei und erklärt, mit alle Füßen auf der Rechtsgrundlage des Grundgesetzes zu stehen.
1969
Heinrich Lübke wird im Frühjahr vom SPD-Politiker Gustav Heinemann im Amt des Bundespräsidenten abgelöst (drei Wahlgänge waren zum Erreichen der erforderlichen absoluten Mehrhheit nötig).
Bei den Bundestagswahlen im Oktober verliert die CDU/CSU soviel Stimmen, daß die SPD zusammen mit der FDP eine Mehrheitskoalition unter Willy Brandt als Bundeskanzler bilden kann, was sie auch tut. Er bildet das erste SPD-regierte Kabinett der BRD. Auch er muß mit der \"gewendeten\" FDP koalieren. Die DM wird von der SPD-Regierung jetzt doch aufgewertet.
Die Bundesluftwaffe verliert den 100. Starfighter.
1970
In Guatemala wird der deutsche Botschafter Graf Spreti entführt und später ermordet.
Unter ungewöhnlich scharfen Sicherheitsvorkehrungen beginnen Prozesse gegen Mitglieder der Baader-Meinhof-Gruppe (RAF Rote Armee Fraktion).
Der Kaufhausbrandstifter und Anarchist der RAF Andres Baader wird im Handstreich von Irene Goergens, Ulrike Meinhof und Ingrid Schubert aus dem Zuchthaus Berlin-Tegel befreit.
Innerdeutsche Gipfeltreffen in Erfurt und Kassel.
Zwischen der Bundesrepublik und der UdSSR wird ein Gewaltverzichtsvertrag und ein Barter-Vertrag (Tauschgeschäft) über Lieferung von Erdgas gegen Röhren unterzeichnet.
7.12. Der deutsch-polnische Grundlagenvertrag wird unterzeichnet; in ihm wird die Oder-Neiße-Linie als verbindliche Grenze anerkannt. Weltweit sichtbare Symbolik des deutschen Versöhnungswillens liegt im Kniefall von Bundeskanzler Willy Brandt am Mahnmal der Opfer des Aufstandes im Warschauer Ghetto 1943.
1971
In der DDR tritt Walter Ulbricht (*1893, +1973) zugunsten von Erich Honecker (*1912, +1994) als Sekretär des Zentralkommitees der SED zurück.
Bundesfinanzminister Alex Möller tritt auf dem Höhepunkt der Währungskrise zugunsten von Professor Karl Schiller zurück.
Bundeskanzler Willy Brandt und Breschnew treffen sich auf der Krim zu Gesprächen.
Höhepunkt der Bombenanschläge durch die RAF Rote Armee Fraktion.
Nach der Oetker-Entführung vom Vorjahr wird nun einer der Brüder Albrecht (ALDI) entführt und gegen ein Lösegeld von 7 mio DM durch Vermittlung von Bischof Hengsbach wieder freigelassen.
1972
Das Berlin-Abkommen der vier Siegermächte legt die Zugangswege und politischen Bindungen Berlins sowie Besuchsregelungen fest.
Der Grundlagenvertrag zwischen der DDR und der Bundesrepublik Deutschland zur Normalisierung der Beziehungen wird unterzeichnet. Die DDR wird von zahlreichen Staaten politisch anerkannt.
Der Radikalen-Erlaß verbietet Beamten die Mietgliedschaft in politisch extremen Organisationen.
Wirtschaftsminister Professor Karl Schiller tritt zugunsten von Helmut Schmidt zurück. Schiller verläßt die SPD und tritt 1974 in die CDU ein.
27.4.: Ein konstruktives Mißtrauensvotum (das erste in der Geschichte der Bundesrepublik) gegen Willy Brandt verfehlt die erforderliche Mehrheit knapp um zwei Stimmen. Die bundesdeutschen Wähler bestätigen die Ostpolitik der SPD-FDP-Regierung und stärken sie im November mit einem klaren Wahlsieg. Die SPD wird stärkste Partei im Bundestag.
1973
Beide deutschen Staaten werden am 18.9. in die UNO aufgenommen. Frankreich und Großbritannien anerkennen die DDR. Der Normalisierungsvertrag zwischen der Bundesrepublik und der CSSR wird von Willy Brandt in Prag unterzeichnet. Die Bundesrepublik nimmt diplomatische Beziehungen zu Ungarn und Bulgarien auf.
Finnland nimmt diplomatische Beziehungen zur Bundesrepublik und der DDR auf.
Während des Staatsbesuches des sowjetischen Parteivorsitzenden Breschnew werden intensive Wirtschaftsverhandlungen geführt.
Mit Willy Brandt erfolgt erstmals ein Staatsbesuch eines deutschen Bundeskanzlers in Israel.
Sonntagsfahrverbote und Geschwindigkeitsbeschränkungen auf deutschen Straßen nach Verabschiedung des in großer Hetze durch das Parlament geschickten Energiesicherungsgesetzes wegen der Ölverknappung.
Bau- und Konjunkturkrise in der Bundesrepublik.
Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Helmut Kohl wird neuer CDU-Vorsitzender.
1974
Neuer Bundespräsident wird der FDP-Politiker Walter Scheel (*1919).
Die DDR und die Bundesrepublik tauschen ständige Vertreter aus.
Bundeskanzler Willy Brandt stürzt über seinen persönlichen Kanzlerreferenten Günter Guillaume, der als DDR-Spion enttarnt wird, und tritt zugunsten von Helmut Schmidt, der am 16.5. dann auch gewählt wird, zurück.
Das Bankhaus Herstatt bricht wegen Spekulationsgeschäften zusammen (größte Bankenpleite seit 1931). Bankier Herstatt wird wegen Veruntreuung 1987 zu einer zweijährigen Haftstrafe verurteilt.
In Hamburg wird der 3,3 km lange Elbtunnel für den Verkehr freigegeben.
1975
Die \"Bewegung 2. Juni\" entführt den Vorsitzenden der Berliner CDU Peter Lorenz und läßt ihn 6 Tage später wieder frei, nachdem die Forderung nach Freilassung von 5 inhaftierten Terroristen erfüllt worden ist (Horst Mahler verzichtet).
Drei Tote und großer Sachschaden durch Brandstiftung nach einer Bombenexplosion sind die Bilanz der Besetzung der deutschen Botschaft in Stockholm durch das anarchistische \"Kommando Holger Meins\", das von schwedischer Polizei gefaßt werden kann. Der deutsche Militärattaché wurde ermordet.
Wiederwahl von Helmut Schmidt zum Bundeskanzler. Helmut Kohl (*1930) ist unterlegener Kanzlerkandidat der CDU.
Gegen einen Kredit von 2,3 mrd DM läßt Polen 120,000 Deutschstämmige ausreisen.
Große Waldbrände in Niedersachsen infolge sehr heißen Sommers.
1976
Europaweit gehen polizeiliche Untersuchungen dem Lockheed-Bestechungsskandal nach.
Höchste bis dahin gemessene Sturmflut an der deutschen Nordseeküste.
Die Polen-Verträge werden im Deutschen Bundestag ratifiziert.
In Haft begeht die Terroristin Ulrike Meinhof (*1934) vor ihrer bevorstehenden Verurteilung am 9.5. Selbstmord, was europaweit zu Unruhen und Anschlägen führt.
Nachdem immer klarer wird, daß die Entsorgungsfrage bei Kernkraftwerken unklar ist, beginnen sich die Atomkraftgegner in Bürgerinitiativen zu formieren.
Die Bundestagswahlen bestätigen die sozial-liberale Koalition.
Mit schweren Verletzungen überlebt der 25jährige Sohn des Lebensmittelfabrikanten Oetker seine erpresserische Entführung nach Zahlung eines Lösegeldes in Höhe von 21 mio DM. Die Entführer narren die Polizei bei der Geldübergabe im unterirdischen Gewirr des Münchner Stachus und entkommen.
Der ostdeutsche Liedermacher Wolf Biermann wird zwangsweise aus der DDR ausgebürgert. Aus Protest verläßt die Sängerin Nina Hagen ebenfalls die DDR.
1977
Höhepunkt der RAF Mordanschläge. Der Präsident der Arbeitgeberverbände Hanns Martin Schleyer wird entführt (drei Personenschützer dabei erschossen) und nach 6 Wochen ermordet. Generalbundesanwalt Siegfried Buback, sein Fahrer und ein Polizist werden Opfer eines Terroranschlags. Der Vorstandsvorsitzende der Dresdner Bank Jürgen Ponto wird vor seinem Haus erschossen. Eine Boing B737 der Lufthansa wird nach Mogadischu entführt und der Flugkapitän ermordet. Mit Zustimmung der somalischen Regierung werden die Geiseln von der Spezialeinheit GSG 9 im Handstreich befreit. Am selben Tag erfolgt der Selbstmord der im Hochsicherheitstrakt in Stuttgart-Stammheim inhaftierten Terroristen Baader, Ensslin und Raspe (bereits zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt).
Abhöraffären führen zu innenpolitischen Krisen.
Willy Brandt wird von der UNO mit der Bildung einer Nord-Süd-Kommission zur Milderung des Wohlstandsgefälles in der Welt beauftragt.
In der Bundesrepublik wird die Wahlfreiheit zwischen Wehrdienst und Zivildienst eingeführt.
1978
Der US $ fällt erstmals unter die 2 DM Marke.
In der Bundesrepublik tritt das Datenschutzgesetz in Kraft.
Staatsbesuche vom sowjetischen Parteipräsident Breschnew (Mai) und US Präsident Carter (Juli) in Bonn. Wirtschaftsfragen stehen im Mittelpunkt beider Besuche.
Verteidigungsminister Leber muß nach einer Abhöraffäre beim MAD Militärischen Abschirmdienst seinen Hut nehmen. Innenminister Maihofer ebenfalls wegen Pannen bei der Aufklärung des Mordes an Hanns Martin Schleyer (Vorjahr). Und Lothar Späth löst in Baden-Württemberg den wegen seiner Tätigkeit als Marinerichter während der Nazi-Zeit gestürzten Ministerpräsidenten Hans Filbinger ab.
Franz Josef Strauß wird bayerischer Ministerpräsident.
Im erdbebenreichsten Gebiet Deutschlands, dem Zollernalbkreis, führt das seit 35 Jahren stärkste Beben zu erheblichen Schäden (u.a. auf Burg Hohenzollern).
Der letzte in Deutschland produzierte VW Käfer läuft im Werk Emden vom Band.
1979
Neuer Bundespräsident wird Carl Carstens als Nachfolger von Walter Scheel.
Mit Parteichef Hua Guo-feng kommt erstmals chinesischer Staatsbesuch in die Bundesrepublik.
Anläßlich seines Staatsbesuchs zum 30. Jahrestag der DDR (6.10.) kündigt der sowjetische Parteichef Breschnew in Ostberlin den Abzug von 20,000 Soldaten und 1,000 Panzern aus der DDR an.
Gegen das im niedersächsischen Gorleben (nahe der DDR-Grenze) geplante atomare Zwischenlager nehmen die bundesweiten Proteste und die vor Ort zu.
Es gelingt einer DDR-Familie, die Grenze in einem selbstgebastelten Heißluftballon zu überwinden.
1980
Die Grünen formieren sich als Bündnispartei zur Bundespartei.
Verteidigungsminister Apel versetzt Generalmajor Gert Bastian in die unbedeutende Etappe, weil er sich gegen den Nato-Doppelbeschluß (1979) ausgesprochen und eine aktive Abrüstungspolitik verlangt hatte.
Der Bohrplatz des geplanten atomaren Zwischenlagers in Gorleben wird einen Monat lang von Atomkraftgegnern besetzt und dann von Polizei und Grenzschutz gewaltsam geräumt.
Bombenanschlag auf das sowjetische Generalkonsulat in West-Berlin.
In Paris werden fünf mutmaßliche Mitgliederinnen der RAF verhaftet.
Bei einer öffentlichen Einschwörung von Rekruten der Bundeswehr kommt es im Weserstadion in Bremen zu schweren Krawallen mit über 300 Verletzten.
Ein Bombenanschlag von Rechtsextremisten während des Oktoberfestes in München fordert in dichtgedrängter Menge 13 Tote und über 200 Verletzte.
Verschiedene Anschläge auf bundesdeutsche Wohnheime für Ausländer.
Die CDU geht mit dem Kanzlerkandidaten Franz-Josef Strauß in die Bundestagswahl gegen die SPD mit Helmut Schmidt, der allerdings erneut gewinnt.
1981
In Polen verhängt gegen Jahresende der neue Parteichef Jaruzelski (er folgt dem zurückgetretenen Kania) das Kriegsrecht mit Verbot von Gewerkschaften und Streiks. Der US-Präsident Reagan beschließt Wirtschaftssanktionen gegen die UdSSR, die er für die Reaktion in Polen verantwortlich macht. Die Bundesrepublik schließt sich den Sanktionen nicht an.
Die Staaten des Warschauer Paktes halten demonstrativ Manöver in Polen ab.
Bundeskanzler Helmut Schmidt und Außenminister Hans-Dietrich Genscher forcieren durch Besuche in den USA, der UdSSR und in Skandinavien die Abrüstungsverhandlungen. Der sowjetische Staats- und Parteichef Breschnew besucht die Bundesrepublik.
Bundeskanzler Helmut Schmidt wird von Israel heftig attackiert und als Nazi beschimpft, weil er die Lieferung von Kampfpanzern Leopard II. an Saudi-Arabien in Aussicht gestellt hatte.
In der BRD ist wird zunehmend gegen Kernenergie und für den Frieden demonstriert. Die bislang größte Friedensdemonstration findet am 30.10. mit 300,000 Teilnehmern in Bonn statt.
In Hamburg inhaftierte Terroristen treten in einen Hungerstreik zur Verbesserung ihrer Haftbedingungen, den sie nach Tod von Sigurd Debus abbrechen. Sein Tod zieht Brandanschläge und Krawalle nach sich.
Drittes Innerdeutsche Gipfeltreffen zwischen Helmut Schmidt und Erich Honecker.
Der hessische Wirtschaftsminister Heinz Herbert Karry (FDP) wird ermordet.
In der DDR tritt eine Verordnung über vormilitärische Ausbildung an Schulen in Kraft.
Ein spektakulärer Akt der Selbstjustiz beschäftigt die Republik, als die 30jährige Marianne Bachmeier im Gerichtssaal den bereits einschlägig vorbestraften aber wieder auf freien Fuß gesetzten Klaus Grabowski erschießt, der nach seiner Freilassung ihre siebenjährige Tochter sexuell mißbraucht und ermordet hatte.
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