4.1. Die Vorgeschichte
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Frankreich gründete 1887 nach langen Kämpfen die Indochinesische Union. Die
Franzosen hatten dabei regionale Konflikte in Vietnam ausgenützt und ihre
Kolonialherrschaft nach und nach ausgedehnt. In der Folge entstanden die fünf
Verwaltungseinheiten Kambodscha und Laos, sowie Cochinchina mit der Hauptstadt
Saigon, Annam in der Mitte Vietnams und Tonkin mit dem Zentrum Hanoi. Nachdem
der letzte Widerstand gebrochen war, wurde die Verwaltung zentralisiert und die
Zwangsarbeit eingeführt. Durch Zwangsenteignungen in der Landwirtschaft
entstanden grosse Güter, welche Reis und Kautschuk für den Export produzierten.
Für diesen Zweck war der Bau von Kanälen, Eisenbahnen und Strassen notwendig.
Daneben wurde auch ein französisch geprägtes Bildungswesen und Sozialgefüge
aufgebaut. Während die ländliche Gesellschaft nicht wusste, ob sie bei den
vorwiegend buddhistischen Traditionen bleiben oder die westliche \"Moderne\"
annehmen sollte, orientierte sich die relativ kleine städtische Bevölkerung
zunehmend am französischen Lebensstil.
Mit dem japanischen Sieg über Russland im Jahre 1905 wurde der Mythos der militärischen Überlegenheit des Westens zerstört. In China und Russland wüteten gut zehn
Jahre später Revolutionen und durch den Zugang zu französischen Schulen, lernten die Vietnamesen die Ideen der Demokratie, des Liberalismus und auch des Kommunismus kennen. Durch diese Ereignisse wuchs innerhalb der kleinen vietnamesischen Bildungselite der Widerstand gegen die Kolonialmacht. Im Jahre 1930 setzte eine Weltwirtschaftskrise ein. Dies veranlasste Ho Chi Minh endgültig zur Gründung der Kommunistischen Partei Indochinas.
Im Juni 1940 fiel Frankreich in die Hände Deutschlands. Daraufhin bildete sich in
Frankreich die mit den Deutschen kooperierende Vichy-Regierung, welcher sich die
Kolonialverwaltung in Vietnam ebenfalls anschloss. Im selben Jahr marschierte das
mit Deutschland verbündete Japan praktisch widerstandslos in Indochina ein, ließ
jedoch die französische Kolonialverwaltung bestehen. In der folgenden Zeit ging
diese Verwaltung mit bis dahin unbekannter Schärfe gegen Kommunisten und
Antikolonialisten vor. Um Widerstand leisten zu können, formierte sich im Mai 1941
die \"Liga für die Unabhängigkeit Vietnams\", kurzgenannt der Viet Minh.
4.2 Der Krieg
Die USA haben seit jeher eine antikolonialistische Einstellung. Dies war auch der
Grund, wieso der amerikanische Präsiden Franklin D. Roosevelt während des
Zweiten Weltkrieges die Kolonialmächte aufforderte, ihre asiatischen Besitze
schrittweise in die Unabhängigkeit zu entlassen. Er stieß dabei jedoch auf erbitterten
Widerstand von England, Frankreich und Holland. Dadurch musste Roosevelt
weitgehende Kompromisse eingehen.
Im Juni 1944 befreiten die Alliierten unter anderem Frankreich. Nun forderte General
De Gaulle Frankreichs ehemalige Kolonie in Asien zurück. Während man im Weißen
Haus eine Entscheidung hinauszögerte, beteiligte der englische Premierminister
Winston Churchill Frankreich an der Kriegführung gegen Japan. Die Japaner
ihrerseits beendeten die Zusammenarbeit mit der französischen Kolonialverwaltung
im März 1945. Sie setzten den bereits unter den Franzosen amtierende Kaiser Bao
Dai ein. Dadurch billigte nun auch die amerikanische Regierung die Einsätze
französischer Soldaten gegen den gemeinsamen Feind. Nach dem Tod von
Roosevelt im April, zog der neue Präsident Harry S. Truman einen Schlussstrich
unter die Kritik am Kolonialismus und begrüßte die französische Hilfe im Kampf
gegen Japan.
Die Guerillatruppen des Viet Minh gingen in Vietnam in den folgenden Monaten
immer heftiger gegen den schwachen japanischen Polizeiapparat vor. Unterstützt
durch Waffenlieferungen aus den USA wurden die Japaner so lange attackiert, bis
sie am 15. August 1945 kapitulieren mussten. Sie übergaben dem Viet Minh
sämtlich Waffen. Bao Dai dankte daraufhin ab und der unbestrittene Führer Vietnams
Ho Chi Minh rief am zweiten September die Demokratische Republik Vietnam (DRV)
aus.
Gemäß dem Potsdamer Abkommen vom Juli besetzten die Engländer im
September den Süden Vietnams, während chinesische Truppen von Norden her bis
zum 17. Breitengrad vorrückten. Die französischen Truppen folgten den Engländern
und ließen sich ebenfalls im Südvietnam nieder. Es folgten heftige Kämpfe zwischen
den Franzosen und dem Viet Minh. Die zurückkehrenden Kolonialherren konnten
jedoch keine großen Gebietsgewinne im Süden verzeichnen.
Im Februar 1946 kam es zu einem Abkommen zwischen den im Norden
marodierenden Chinesen und den Franzosen. Hierbei erhielten die französischen
Soldaten die Erlaubnis, ungehindert in den Norden vorzustoßen. Daraufhin musste
Ho Chi Minh mit Frankreich in Verhandlungen treten. Den Vietnamesen wurde ein
\"freier Staat\" in der Französischen Union versprochen, wenn sie im Gegenzug
französische Kontrollen im Norden fünf Jahren lang respektieren würden. Dieses
Abkommen war von französischer Seite her jedoch nie wirklich ernst gemeint. Die
Bombardierung der Hafenstadt Haiphong Ende November brach die Beziehungen
endgültig ab. Von nun an widersetzte sich der Viet Minh landesweit mit
Waffengewalt. Erst nach lang anhaltenden Gefechten konnten die französischen
Truppen Haiphong und Hanoi vollständig einnehmen. Der Viet Minh hatte jedoch den
grössten Teil Nordvietnams unter Kontrolle. Mit diesen Kämpfen hatte der Erste
Indochinakrieg seinen Anfang genommen.
Mitte Januar 1950 erklärte Ho Chi Minh die DRV zum einzigen rechtmässigen Staat
Vietnams. Im Gegenzug erkannten die USA und Großbritannien die
südvietnamesische Regierung an. Kurz darauf begannen die Amerikaner mit der
militärischen Unterstützung von Südvietnam und Frankreich. Im gleichen Jahr
gründete Ho Chi Minh als Nachfolge der aus taktischen Gründen aufgelösten
Kommunistischen Partei Indochinas die Partei Dang Lao Dong, mit welcher der Viet
Minh von nun an zusammenarbeitete. Bei einer anschließenden Großoffensive der
nordvietnamesischen Volksarmee konnte sie etwa zwei Drittel des gesamten
vietnamesischen Territoriums unter ihre Kontrolle bringen.
Ende 1953 besetzen französische Fallschirmjäger ganz nach dem Kalkül des
nordvietnamesischen Generals Vo Nguyen Giap das an Laos grenzende Dien Bien
Phu. Anfangs des nächsten Jahres wurden die etwa 12000 französischen Elitesoldaten von Giaps Truppen eingekesselt. Die darauf folgende amerikanische Luftunterstützung wurde durch die sich erschwerenden Landebedingungen
und der Absage von England für ein gemeinsames Vorgehen abgebrochen.
So gelangte Dien Bien Phu am 7. Mai 1954 nach 55 Tagen Einkesselungskrieg in die
Hände der Volksarmee. Dabei wurden alle französischen Soldaten gefangen
genommen. Mit dieser Niederlage war die Kolonialmacht Frankreich in Vietnam
endgültig gescheitert
4.3 Die Genfer Indochinakonferenz
Ein Tag nach der Stürmung von Dien Bien Phu begann in Genf die Indochina-
Konferenz. Dabei vertreten waren die Großmächte der ehemaligen Kriegskoalition
Frankreich, Grossbritannien, die Sowjetunion und die Vereinigten Staaten, wobei die
USA vorerst nur eine Beobachterfunktion einnahmen. Daneben waren eine
chinesische Delegation, sowie je einige Vertreter aus Südvietnam und ein paar
Gesandte vom Viet Minh mit von der Partie. Bald stellte sich heraus, dass die
diskutierten Punkte viel mehr die Interessen der Großmächte, als die militärischen
und politischen Realitäten Vietnams widerspiegelten.
Die Sowjetunion vorfolgten die ganzen Verhandlungen mit dem Ziel, die Europäische
Verteidigungsgemeinschaft (EVG) zu verhindern. Die französische Nationalversammlung lehnte die EVG jedoch später sowieso ab, da damit die Wiederbewaffnung der Deutschen verbunden gewesen wäre. Die EVG scheiterte somit bereits in ihrer Anfangphase.
Schlussendlich konnte man sich doch noch auf eine Lösung einigen und dies vor
allem auf Druck der chinesischen Führung. Schließlich brauchte China nach den
langen Jahren des Kriegs nichts dringender als außen- und innenpolitische
Stabilität. Durch eine Zweiteilung Vietnams in Nord und Süd und einem Verbot
ausländischer Truppen hätten die Chinesen keine militärische Bedrohung aus ihrem
kleinen Nachbarstaat zu befürchten gehabt. Frankreichs Entscheidung darauf hing
stark von der innenpolitischen Situation ab. Nach dem Sturz von Regierungschef
Laniel durch das Kabinett, wurde er ersetz durch Mendès-France. Dieser war im
Gegensatz zu Laniel einer Aufteilung Vietnams nicht abgeneigt. Die Amerikaner
merkten daraufhin, dass die anderen Konferenzmitglieder der gleichen Meinung
waren und erarbeiteten zusammen mit Großbritannien auf dem schnellsten Weg ein
Sieben-Punkte-Programm. Dieses sah vor, dass der Viet Minh im Norden isoliert
werden sollte und Kambodscha, Laos und der Südvietnam in die volle Unabhängigkeit entlassen würden.
So kam es schließlich doch noch zum Friedensabkommen: Die Franzosen
verpflichteten sich, sich aus Indochina und der Viet Minh sich aus dem Gebiet südlich
des 17. Breitengrades zurückziehen. Zusätzlich sollte entlang dem 17. Breitengrad
eine entmilitarisierte Zone errichtet werden. Die Genfer Indochina-Konfernz ging
somit nach gut zwei Monaten zum Teil schleppend vorangegangener Verhandlungen
am 21. Juli zu Ende.
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