Verbände kritisieren Ergebnisse als unzureichend - Euro reagiert kaum auf Regierungskonferenz
Baustelle Europa
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Berlin - Die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft haben die Ergebnisse des EU-Gipfels in Nizza als unzureichend kritisiert. Zwar sei ein erster Schritt geglückt, hieß es beim Deutschen Industrie- und Handelstag (DIHT). Eine weitere Reformkonferenz - wie sie in Nizza grundsätzlich beschlossen wurde - müsse aber erheblich nachbessern, um die EU handlungs- und erweiterungsfähig zu machen, sagte die Leiterin des Referates für Europapolitik beim DIHT, Dagmar Boving. Unterm Strich seien die Staats- und Regierungschef \"hinter den Erwartungen zurückgeblieben\", sagte der Referent für Europäische Integration beim Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln, Berthold Busch.
Die Hauptkritik der Wirtschaft zum EU-Gipfel macht sich am gefundenen Kompromiss in der Frage der Ausweitung der Mehrheitsentscheidungen fest, die als Dreh- und Angelpunkt für die künftige Handlungsfähigkeit der EU gesehen wird. Hier hätten sich nationale Egoismen durchgesetzt, kritisiert der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Ludolf von Wartenberg. Dadurch sei \"ein einheitliches Vorgehen in der Handelspolitik blockiert, ergänzt der Präsident des Bundesverbandes des Deutschen Groß- und Außenhandels (BGA), Michael Fuchs. Dies schwäche die Position der EU in internationalen Verhandlungen, etwa der nächsten WTO-Runde, so Fuchs weiter.
Notwendige Entscheidungen mit Blick auf die Erweiterung seien zeitlich gestreckt oder verschoben worden. Damit seien \"heftige Auseinandersetzungen bei der im Jahre 2005 zu verhandelnden mittelfristigen Finanzplanung in der Frage der Struktur- und Regionalpolitik programmiert\", befürchtet von Wartenberg.
Die Finanzmärkte zeigten sich gestern unbeeindruckt von den Ergebnissen des EU-Gipfels. Gegen 9.50 Uhr MEZ kostete ein Euro 0,8851/52 Dollar, nach einem New Yorker Spätkurs von 0,8879/83 am Freitag. \"Nizza hat sehr wenig Einfluss auf den Euro, da ist ja auch nichts Wichtiges passiert\", sagte ein Händler in Frankfurt. Der erzielte Kompromiss sei \"nichts Halbes und nichts Ganzes\".
Viel wichtiger für den Euro werde sein, ob sich die Amerikaner endlich auf einen neuen Präsidenten einigen könnten, so der Händler weiter. Spekulationen, die erwartete Entscheidung des obersten US-Bundesgerichts über die Handauszählung von Stimmen in Florida würde zu Gunsten des Republikaners George W. Bush ausfallen, drückten den Eurokurs zeitweilig.
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