Nizza - Die auf dem EU-Gipfel in Nizza vereinbarte Reform ist in den Mitgliedsstaaten überwiegend kritisch bewertet worden. Bundeskanzler Schröder sagte in Nizza, das Ergebnis lasse zu wünschen übrig. Das große Ziel, aufnahmefähig für neue Mitglieder zu werden, sei aber erreicht worden. Die Opposition in Berlin bezeichnete den Kompromiss als mager und unzureichend. In den meisten EU-Mitgliedsstaaten wurde die Einigung ohne Enthusiasmus aufgenommen, die Regierungen versuchten aber, die positiven Seiten herauszustreichen.
Der Gipfel an der Côte d\'Azur brachte eine Verständigung in allen wichtigen Reformfragen; die hoch gesteckten Ziele wurden allerdings verfehlt. Dennoch erklärte sich die EU gerüstet für die historische Aufgabe der Erweiterung. Die EU-Beitrittskandidaten aus Osteuropa nahmen den Abschluss mit großer Erleichterung auf.
Das längste und konfliktreichste Gipfeltreffen in der Geschichte der Europäischen Union hat am Montag nach fünf harten Verhandlungstagen in Nizza den Weg für ihre Erweiterung freigemacht. Nach noch einmal zähen 19 Verhandlungsstunden einigten sich die EU-Staats- und -Regierungschefs auf einen neuen Vertrag für die Union. Damit bestehen keine institutionellen Hindernisse mehr für den Beitritt von mindestens zehn Ländern Mittel- und Osteuropas, Maltas und Zyperns sowie das weitere Zusammenwachsen Europas.
Die zum Teil dramatischen Verhandlungen endeten in den frühen Morgenstunden der fünftägigen Konferenz, die damit zum längsten Gipfeltreffen in der 44-jährigen Geschichte der EU wurde. Die Union wünscht, dass schon vor der Europawahl im Juni 2004 die ersten neuen Länder der Gemeinschaft beitreten.
Belgien hatte kurz vor Mitternacht eine Einigung blockiert, weil es mit der von der französischen EU-Ratspräsidentschaft zugeteilten Stimmenanzahl im Ministerrat nicht einverstanden war. Die Lösung bestand dann darin, dass der Stimmenabstand zwischen den großen und den kleinen Ländern verringert wurde. Die Beneluxstaaten haben nun zusammen genauso viele Stimmen wie ein großes Land. Deutschland, Großbritannien, Frankreich und Italien haben künftig je 29 Stimmen, Spanien hat 27 und für Polen sind ebenfalls 27 vorgesehen. Die Niederlande bekamen 13, Belgien zwölf und Luxemburg vier Stimmen.
Die EU-Chefs verständigten sich auf ein kompliziertes Mehrheitssystem, das Abstimmungen im EU-Ministerrat nach Einschätzung von Experten künftig vermutlich schwerer machen wird.
Die internationalen Devisenmärkte haben zurückhaltend bis enttäuscht auf die Einigung beim EU-Gipfel in Nizza reagiert und dies in einem leicht gesunkenen Euro-Kurs dokumentiert.
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