Chinas Konjunktur ist wieder im grünen Bereich:
Vorübergehend erfolgreich gesenkte Inflation.
Zahlreiche chinesische Amtsstellen haben in den letzten Tagen vorläufige Angaben zur volkswirtschaftlichen Entwicklung im vergangenen Jahr veröffentlicht. Obwohl
diese in den verschiedenen Regionen und Sektoren sehr unterschiedlich verlief, entsteht das Bild einer insgesamt nach zweieinhalb Jahren Austeritätspolitik und makroökonomischen Massnahmen wieder in den grünen Drehzahlbereich gesunkenen Konjunktur, wie dies das Bulletin des Staatlichen Statistikbüros bezeichnete. Allerdings ergeben sich aus dem Vergleich einiger Daten seltsame Wiedersprüche; vermutlich müssen die Zahlen bis zur definitiven Präsentation anläßlich der jährlichen Plenarversammlung des nationalen Volkskongresses
im März noch etwas \"aufbereitet\" werden.
BIP Chinas:
Chinas Bruttoinlandprodukt belief sich 1995 auf 5770 Mrd.Yuan (696 Mrd. $).
Daraus lässt sich ein nominales Wachstum gegenüber dem Vorjahr von 31,7%
ablesen, offiziel hat dieses aber inflationsbereinigt nur 10,2% betragen, also immer noch etwas mehr als die Pekinger Zielvorgabe von 8 bis 9%. Deswegen nun auf
eine Inflation von 21,5% zu schließen kann- oder darf- jedoch nicht richtig sein.
Denn neben dem erfolgreichen Bremsen der jahrelang zu hohen BIP-Wachstums-
kurve ist der Pekinger \"Makro-Ökonomen\"grösster Stolz, dass im Kampf gegen die
sozial gefährliche Teuerung die gesetzten Richtwerte zumindest statistisch ganz
erreicht werden konnten. Der Index der Einzelhandelspreise, der Dienstleistungen
und Gebrauchsgüter nicht berücksichtigt, sank landesweit auf 14,8%, in den
35 größten Städten gar auf 12,8%; der breitere Konsumgüterindex, der im Vorjahr auf den Rekordwert von 24,1% geklettert war, fiel auf 17%. Auf Monatsbasis berechnet,
zeigen beide Indizes einen stetig fallenden Kurvenverlauf.
Offizieller Grund für den Erfolg bei der Senkung der Inflation ist die Politik des knappen Geldes. Für diese These spricht, dass die Festanlage-Investitionen, in den
beiden Vorjahren als inflationstreibende Hauptkraft gebrandmarkt, 1995 nur
noch um 19% (1994:31%) zugenommen haben. Auch ist die Zuwachsrate bei der
Nettowertschöpfung der Industrie (1995: 1736,3 Mrd. Yuan) gegenüber dem
Vorjahr um 4,1% gesunken.
Allerdings hat diese Politik als unerwünschte Folge der Liquidätskrise der Staats-
betriebe auch einen Anstieg der sogennanten Dreiecksverschuldungen zwischen
den Unternehmern um 150 Mrd. Yuan mit sich gebracht, die sich jetzt nach unterschiedlichen Angaben auf einen Gesamtwert von zwischen 600 Mrd. Yuan
und 800 Mrd. Yuan belaufen soll.
Zustrom ausländischen Kapitals:
Als unproblematischer Bereich erscheint wenigstens auf den ersten Blick die Entwicklung
der Auslandsinvestitionen in China. Das in realisierte Vorhaben investierte ausländische
Kapital belief sich auf 34,7 Mrd. $, 11,7% mehr als im Vorjahr. Zusammen mit der positiven
Aussenhandelsbilanz liessen diese Gelder die chinesischen Währungsreserven auf 73,6 Mrd. $
und den Gesamtwert bisher investierten ausländischen Kapitals auf 133,4 Mrd. $ ansteigen.
Allerdings ist die Zuwachsrate bei den neu vertraglich zugesicherten Investitionen um fast
20% auf 10,91% zurückgegangen - ein Rückgang, der indes eher auf das Ausbleiben von
Immobilienspekulationen aus Hongkong denn als Reaktion langfristig planender internationaler Großunternehmen auf härter werdende Investitions- und Marktbedingungen
zurückzuführen ist.
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