Mit 2,5 Millionen Tieren, Pflanzen, Pilzen, Bakterien und Viren sind nur ein kleiner Teil der Organismen der Erde wissenschaftlich bestimmt. Alle Angaben zur globalen Artenzahl beruhen daher auf Schätzungen oder Hochrechnungen.
Noch 1980 wurden zwei bis drei Millionen Arten angenommen. Heute gehen vorsichtig schätzende Biologen von zehn bis 30 Millionen aus, aber andere, wie der amerikanische Soziobiologe Edward O. Wilson rechnen mit über 100 Millionen.
Unermeßliche Lebensfülle
Die Masse der Organismen der Erde - wenn die Berechnungen stimmen, 80 bis 90 Prozent - leben im tropischen Regenwald, der als Lebensraum in seiner überschäumenden Lebensfülle nur noch mit den Korallenriffen vergleichbar ist. Allerdings sind 90 Prozent der Arten im Regenwald den Hochrechnungen zufolge noch gar nicht entdeckt.
Der größte Teil der Tierarten im Regenwald wird von den Insekten gestellt. Allein 43 Ameisenarten konnte Edward O. Wilson auf der Krone nur eines peruanischen Baums bestimmen.
Artenzahlen und Artendichte im Regenwald
Hohe Artenzahlen sind für den Regenwald typisch. Forscher finden in Amazonien 500 bis 600 verschiedene Baumarten auf einem Hektar, Zählungen in europäischen oder nordamerikanischen Wäldern ergeben zehn, vielleicht zwanzig Arten pro Hektar.
Dieser eine Hektar amazonischen Regenwaldes übertrifft die Zahl der Baum- und Straucharten Europas (etwa 200-300) bei weitem. In Kamerun birgt der Regenwald 700 Baumarten, auf Java über 1000, auf Ceylon 1500 und in Amazonien 2500. Die tropischen Regenwälder weisen daher keine dominierenden, standortbestimmenden Baumarten auf, die wegen ihrer Häufigkeit den Waldtyp prägen, wie bei uns etwa die Buchenwälder, Erlenwälder oder die Eichen-Hainbuchenwälder.
Einzelne Individuen einer Art sind im Regenwald verstreut und selten zu finden. Es gilt die Ökologen-Faustregel: Ein stabiles, \"alteingesessenes\" Ökosytem zeigt bei hoher Artenvielfalt nur eine geringe Dichte der einzelnen Art, während ein junges, relativ instabiles System wenige Arten, die aber in hohen Beständen aufweist.
Viele Regenwald-Besucher sind deshalb enttäuscht, weil sie kaum Tiere zu Gesicht bekommen. Das liegt einerseits an der Konzentration des Lebens in den bodenfernen Baumkronen. Aber auch das geringe Nahrungsangebot im Regenwald bewirkt eine geringe Besiedlungsdichte. Die Reviere von Kleinvögeln im Regenwald sind deutlich größer als die vergleichbarer Vögel unserer Breiten. Manche europäischen Vogelarten schaffen in den wenigen Sommermonaten zwei Bruten. Im Regenwald ist mehr als eine Brut ungewöhnlich. Trotz der klimatischen Vorteile im Regenwald ist die Zahl der Nachkommen im Durchschnitt geringer als in den gemäßigten Regionen.
Nur die Vielzahl der einzelnen Arten läßt die Gesamtvogeldichte im Regenwaldwald ansteigen und somit Besiedlungswerte wie in unseren Laubwäldern erreichen. Die Nutzung unterschiedlichster Nahrungsressourcen durch die vielen spezialisierten Vogelarten ermöglicht das Überleben aller und verhindert zugleich eine dominate Stellung weniger Arten.
Bizarres Leben
Die tropischen Regenwälder scheinen ein Refugium für besonders bizarre Geschöpfe zu sein. So sieht es auf den ersten Blick aus. Bei genauerer Untersuchung lassen sich jedoch besondere Anpassungen an das Leben im Regenwald erkennen. So sind viele Tiere auffallend bunt gefärbt oder riesig im Wuchs, andere zeigen typische Merkmale eines nächtlichen Lebens oder benötigen die ständige Gegenwart von Wasser - oder wenigstens extrem feuchte Bedingungen. Viele Arten sind zumindest ihrem Bauplan nach stammesgeschichtlich sehr alt. Und alle Spezies haben sich mehr oder weniger an ein Leben in einer bestimmten Zone zwischen Boden und Krone anpassen müssen.
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