Die Entwicklung des Tourismus in den deutschen Alpen
Martin-Luther-Universität-Halle Sebastian Fuchs
Institit für Geographie Windthorststr. 13, 06114 Halle
Mittelseminar Wirtschafts- und Sozialgeographie Geographie dipl., 3. Semester
Seminarleiter: Dr. Raschke
Belegarbeit zum Referat vom 3. Februar 2000
Gliederung:
1. Territoriale Abgrenzung des deutschen Alpenraumes - administrative und geographische Einordnung
2. Die Entwicklung des Tourismus in den bayerischen Alpen bis Anfang der 80`er Jahre
3. Die Bedeutung des Tourismus in den einzelnen Alpenregionen
3.1. Region Allgäu
3.2. Region Oberland
3.3. Region Südostoberbayern
4. Fremdenverkehrsentwicklung seit Mitte der 80`er Jahre
5. Probleme des Tourismus - Lösungsansätze
5.1. Natur-, Landschaftsgefährdung
5.2. gesellschaftliche Spannungen
5.3. der ,,sanfte Tourismus\"
6. Anlagen
- Tabelle: Gästeankünfte und -übernachtungen 1979 und 1980
- Tabelle: Gästeankünfte und -übernachtungen 1995 bis 1997
7. Literaturverzeichnis
1. Territoriale Abgrenzung des deutschen Alpenraumes - administrative und geographische Einordnung
Der gesamte deutsche Alpenraum, mit einer Ost-West-Erstreckung von rund 250 km sowie einer Nord-Süd-Ausdehnung von 20 - 30 km Breite liegt auf bayerischem Gebiet. Westlich grenzt er an Baden - Württemberg, im Süden und Osten an Österreich. Als nördlicher Rand des Alpenraumes gilt die geomorphologische Grenze, die die Alpen vom Alpenvorland trennt.
Rund 6% der Fläche Bayerns, 5570 km^2 nimmt der Alpenraum ein. Davon entfallen ungefähr ¾ der Fläche auf den Regierungsbezirk Oberbayern, die restliche Fläche ist dem Regierungsbezirk Schwaben zugeteilt. In 10 Landkreisen haben 88 Gemeinden einen Anteil am Alpenraum. Nach der Verwaltungsgliederung Bayerns sind die Planungsregionen Allgäu(Schwaben), Oberland und Südostoberbayern(beide Oberbayern) diejenigen mit einem Alpenanteil.
Diese Verwaltungseinteilung bildet auch die Grundlage für die naturräumliche Gliederung des deutschen Alpenraumes. Den westlichen Teil, zwischen Bodensee und Lech nehmen die Allgäuer Alpen ein, die als Hochgebirge das Oberstdorfer Becken umrahmen und in ihrer Voralpenzone durch sanftgeformte Berge und weit ausgebreitete Almen gekennzeichnet sind. Die höchsten Berge dieses schwäbischen Alpenanteils sind die Mädelegabel (2645 m.ü.NN), der Biberkopf (2599 m.ü.NN), der Hochvogel (2592 m.ü.NN) sowie das Nebelhorn (2224 m.ü.NN) bei Oberstdorf.
Ostwärts zwischen Lech und Inn liegen die Oberbayerischen Alpen. Im südlichen Teil steigen die schroffen Kalksteinketten mit Wetterstein- und Karwendelgebirge über dem Werdenfelser Land empor. Dort befindet sich auch Deutschlands höchster Berg, die Zugspitze (2962 m.ü.NN). Weitere bedeutende Berggipfel sind die Dreitorspitze (2633 m.ü.NN), die Alpspitze (2628 m.ü.NN) sowie die westliche Karwendelspitze (2384 m.ü.NN). Diesen schroffen Kalksteingipfeln sind nördlich die Voralpen des Ammergebirges, der Walchenseeberge, Tegernseer und Schlierseer Berge mit ausgedehnten Wäldern und grünen Matten vorgelagert.
Den Ostflügel der Bayerischen Alpen bilden die Berchtesgadener Alpen, die östlich des Inns die Chiemgauer Voralpen umfassen und in ihrer Hochgebirgsregion zwischen Saalach und Salzach mit mächtigen Kalksteinblöcken (Watzmann 2713 m.ü.NN, Hochkalter 2607 m.ü.NN und Hoher Göll 2522 m.ü.NN) das Reichenhaller und das Berchtesgadener Becken überragen.
Die klimatischen Verhältnisse im deutschen Alpenraum zählen zu den kühlsten und feuchtesten des Landes. Während am direkten Alpenrand noch ca. 5°C Jahresdurchschnittstemperatur erreicht werden, so sinkt dieser Wert mit zunehmender Höhe deutlich, bei etwa 2400 m.ü.NN wird ein Jahresmittel von 0°C erreicht. Den Extremwert liefert hier die Zugspitze, dort erreichen die Temperaturen im langjährigen Mittel -4,8°C.
Auch die Niederschläge nehmen im allgemeinen mit der steigenden Höhe zu. Vor allem in den hochgelegenen, westlich exponierten Gebieten sind Spitzenwerte bis zu 2500 mm/Jahr gemessen worden, in den Tallagen sind es rund 1400 mm/Jahr.
Die durchschnittliche Sonnenscheindauer beträgt ungefähr 1500 Stunden pro Jahr, diese Werte variieren jedoch von Tal zu Tal, je nach Lage und Leewirkung der umliegenden Berge. Die Spitzenwindgeschwindigkeiten erreichen bis zu 355 km/h (Zugspitze), außerhalb der exponierten Gipfellagen liegen die Werte deutlich darunter.
Rund 450.000 Einwohner zählt der deutsche Alpenraum, die größte geschlossene Siedlung ist der Markt Garmisch Partenkirchen mit rund 26500 Einwohnern. Mit einer Einwohnerdichte von ungefähr 100 EW/km^2 zählt er zu den dünn besiedeltsten Gebieten Deutschlands. Bis auf einige Ausnahmen in extrem abgelegenen Seitentälern herrscht ein positives Wanderungssaldo, vor allem bedingt durch den Zuzug älterer Menschen, die sich hier ihren Altersruhesitz suchen.
Quellen:
- www.bayern.de
- Perthes Länderprofile: Bayern
2. Die Entwicklung des Tourismus in den bayerischen Alpen bis Anfang der 80`er Jahre
Der Grundstein für die Entwicklung des Tourismus in den bayerischen Alpen war die Erschließung mit der Eisenbahn. So wurde 1890 die Eisenbahnstrecke München - Garmisch Partenkirchen eröffnet, 1900 erhielt Oberammergau einen Eisenbahnanschluss. Durch diesen verkehrstechnischen Fortschritt wurde es einer größeren Zahl der Bevölkerung ermöglicht, ihre Freizeit in den Bergen zu verbringen. Waren es zuvor nur wenige, vor allem begüterte Leute, die sich in den Bergen erholten, so rückte nun vor allem für die Bewohner Münchens, Augsburgs und Stuttgarts die Alpenregion in erreichbare Ferne. Vom heutigen Massentourismus war man allerdings noch meilenweit entfernt. Mit Beginn der 20`er Jahre setzte im Zuge des allgemeinen Wirtschaftsaufschwungs und den damit verbundenen steigenden Löhnen ein weiterer Bedeutungszuwachs für Freizeitaktivitäten ein. Als Transportmöglichkeiten wurden nun Aufstiegshilfen erbaut um die Wanderer und Skifahrer auf die Berge zu befördern. 1926 entstand die erste Seilbahn in Deutschland, die Kreuzeckbahn bei Garmisch Partenkirchen, 1929/30 wurde die Zugspitz - Zahnradbahn in Betrieb genommen. Mit dem erhaltenen Zuschlag für die Austragung der Olympischen Winterspiele 1936 in Garmisch Partenkirchen begann vor allem im Werdenfelser Land ein intensiver Infrastrukturausbau. Zahlreiche Hotelbauten aus dieser Zeit zeugen noch heute von diesem Bauboom, die Skisprungschanzen sowie eine inzwischen zum Wanderweg umfunktionierte Bob- und Rodelbahn sind weitere Elemente die auch heute noch das Landschaftsbild prägen. Am intensivsten schritt in dieser Zeit die Rodung der Bergwälder in der Garmisch Partenkirchener Region zum Zwecke des Pistenbaus voran. Die Skiregion Hausberg/Kreuzeck ist seit damals in ihrer flächenhaften Ausdehnung kaum gewachsen.
Durch den 2. Weltkrieg wurde diese Entwicklung abrupt gestoppt.
Nach dem Krieg begannen erst allmählich mit den steigenden Gehältern erneute Fremdenverkehrsbewegungen in Richtung deutscher Alpen.
Ab 1963 ging es aber mit den Ankünften und Übernachtungszahlen steil bergauf. Als Hauptursache ist hier die Einführung der fünf Tage Woche, sowie die Mindesturlaubsdauer von drei Wochen/Jahr. Im Zuge des immer größer werdenden Wohlstandes, auch für die breite Masse der Bevölkerung, kam es zu einem sprunghaften Ansteigen der Individualmotorisierung. Dies hatte zur Folge, dass die Gemeinden im Alpenraum begannen, mit einem massiven Infrastrukturausbau den steigenden Gästezahlen gerecht zu werden. Zahlreiche Hotels, Straßen und weitere Einrichtungen wie Kurverwaltungen, Theater und öffentliche Einrichtungen veränderten in kurzer Zeit das Erscheinungsbild der bis dahin doch eher beschaulichen Alpengemeinden. So wurde beispielsweise 1982 die Autobahn München - Garmisch Partenkirchen eröffnet. Am deutlichsten wird dieser Zuwachs im Bereich der mechanischen Aufstiegshilfen:
Waren es im Jahre 1950 noch 26 Bergbahnen (ohne Schlepplifte) und 2 Zahnradbahnen, die die Besucher auf die Berggipfel brachten, so waren es 1960 schon 55 Bergbahnen, weitere 10 Jahre später 75. Bis 1983 wurden weitere 24 Bergbahnen errichtet, die Zahl der Zahnradbahnen blieb seit der Anfangszeit konstant.
Diese Entwicklung blieb nicht ohne Folgen, die bis Anfang der achtziger Jahre erreichten Ankunfts- und Übernachtungszahlen sprechen ein deutliches Bild:
!980 waren insgesamt in den Ferienregionen im deutschen Alpenraum rund 3,6 Millionen Gästeankünfte und circa 30 Millionen Übernachtungen zu verzeichnen. Noch bevor der erste Landesentwicklungsplan Bayerns erstellt wurde, sah sich die bayerische Landesregierung dazu verpflichtet, im bayerischen Alpenraum ein möglichst ausgewogenes Verhältnis von natürlichen und menschlichen Ansprüchen zu schaffen. Deshalb trat 1972 die Verordnung ,,Erholungslandschaft Alpen\", kurz Alpenplan, in Kraft. Ziel dieses Planes ist es, ,,die Erschließung des Alpengebietes mit Verkehrsvorhaben, insbesondere mit
- Bergbahnen und Liften, soweit sie dem öffentlichen Verkehr dienen
- Ski-, Grasski-, sowie Skibobabfahten und Rodel- und Sommerrutschbahnen
- öffentlichen Straßen sowie Privatstraßen und Privatwegen, mit Ausnahme von Wanderwegen
- Flugplätzen (Flughäfen, Landeplätze und Segelfluggelände)
so zu ordnen, dass
- ausgewogene Lebens- und Arbeitsbedingungen seiner Bewohner gewährleistet bleiben
- die Naturschönheiten und die Eigenart als Erholungsgebiet sowie die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes erhalten werden
- der erholungssuchenden Bevölkerung der Zugang zu diesem Gebiet gesichert bleibt.\"
(aus: Landesentwicklungsprogramm Bayern 1994, S.109)
Zur Verwirklichung der oben genannten Ziele nahm man zunächst eine Einteilung des Alpenraumes in 3 Zonen, die je nach Art unterschiedliche Infrastrukturmaßnahmen erlauben oder untersagen.
· In der Zone A(35% der Fläche des Bayerischen Alpenraumes), im wesentlichen sind dort auf rund 2000 km^2 die besiedelten Talräume sowie die stärker erschlossenen Bergregionen enthalten, sind Infrastrukturausbauten im allgemeinen unbedenklich. Mit Ausnahme von Flughäfen und Landeplätzen, sowie Maßnahmen die sich auf den Wasserhaushalt können generell alle Bauvorhaben verwirklicht werden.
· In der Zone B(sie nimmt 23% der Fläche ein), sind auf insgesamt 1262 km^2 Erschließungsmaßnahmen nur zulässig, solange die Erfordernisse der Raumplanung, des weiteren die Belange des Natur-, Umwelt- und Landschaftsschutzes entsprechende Berücksichtigung finden.
· In der Zone C(2337 km^2 entsprechen 42% der Gesamtfläche), werden die besonders schützwürdigen Gebiete, z.B. Naturschutzgebiete zusammengefasst. Hier sind die genannten Erschließungsvorhaben landesplanerisch unzulässig, dennoch ist nicht jegliche Art der Freizeitnutzung ausgeschlossen. Vor allem den naturnahen Freizeitaktivitäten, wie dem Ski- oder Bergwandern, die ohne ökologisch belastenden Erschließungsmaßnahmen möglich sind, sollen diese Bereiche vorbehalten bleiben.
Quellen:
- Perthes Länderprofile: Bayern
- Ruppert; K: Bayern...
3. Die Bedeutung des Tourismus in den einzelnen Alpenregionen
Obwohl die allgemeinen touristischen Entwicklungsvorgänge in den Regionen Allgäu, Oberland und Südostoberbayern ziemlich parallel verliefen, so lassen sich jedoch regionale Eigenheiten der drei deutschen Alpengebiete erkennen. Sie unterscheiden sich vor allem in Art und Struktur des Hotel- und Gastgewerbes. Dennoch kann festgehalten werden, dass im gesamten Alpenraum ein Wandel vom agrarisch geprägten Gebiet zu einer charakteristischen Fremdenverkehrsregion von statten ging. Je nach naturräumlicher Ausstattung haben die einzelnen Regionen Schwerpunkte in ihren Fremdenverkehrsangeboten aufzuweisen. Wie schon erwähnt, spielt hierbei das Verhältnis von gewerblichen und privaten Unterkünften eine Rolle, da so Rückschlüsse über die Intensität des Fremdenverkehrs gezogen werden können.
3.1. Region Allgäu
Der westlichste deutsche Alpenteil, das Allgäu, weist deutliche Merkmale einer ausgeprägten Doppelsaison auf. Die Übernachtungs-, und Gästeankunftszahlen sind gleichmäßig auf die Sommer- und Wintersaison verteilt (jeweils rund 40 %) , die restlichen 20 % sind zu gleichen Teilen auf Herbst und Frühjahr verteilt. Als Hauptgrund für die gleichmäßige Verteilung kann das naturräumliche Potential gesehen werden. Die weitläufigen Almwiesenbereiche des Allgäus, die sich vor allem in den Allgäuer Voralpen antreffen lassen, sind auf Grund ihrer naturräumlichen Erscheinung als hervorragendes Wandergebiet geeignet. Für die Wintersaison spielen die Allgäuer Hochalpen, mit dem Zentren Oberstdorf und Kleinwalsertal, die dominierende Rolle, da hier bei Höhenlagen über 1000 m bis in den April hinein Wintersport möglich ist. Das Kleinwalsertal hat innerhalb des deutschen Alpenraumes einen Sonderstatus. Als deutsches Zollanschlussgebiet ist es wirtschaftlich an Deutschland gebunden, politisch gehört es zu Österreich. Durch seine von Österreich isolierte Lage, kein Verkehrsweg dorthin ist vorhanden, wurde 1891 der Zollanschlussvertrag in Kraft gesetzt. Heute ist das einstmals fast ausschließlich von der Landwirtschaft geprägte Tal zu einem Musterbeispiel für ein Fremdenverkehrsgebiet geworden. Zahlreiche Aufstiegshilfen prägen das Landschaftsbild des aus zwei Tälern bestehenden Gebietes (siehe Karte).
Ein weiterer Besuchermagnet ist das Casino Kleinwalsertal, welches als eines der wenigen schon ab 18 Jahren Einlass gewährt. Im Jahr sind es rund 220000 Gästeankünfte, sowie 1,7 Millionen Übernachtungen die auf rund 12000 Gästebetten (davon etwa 5500 in Privatquartieren und Ferienwohnungen) verteilt sind.
Der Kur- und Bädertourismus ist im Allgäu weniger bedeutend, lediglich Oberstaufen genießt einen guten Ruf als Schrothkurort. Als weiteres bedeutendes Ausflugsziel ist Hohenschwangau zu nennen. Die Königsschlösser Neuschwanstein und Hohenschwangau werden jährlich von rund 1,5 Millionen Besuchern besichtigt, vorwiegend sind dies japanische und amerikanische Reisegruppen.
1997 hatte die gesamte Region Allgäu rund 1,2 Millionen Ankünfte sowie 8,1 Millionen Übernachtungen zu verzeichnen( Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung). Ein Vergleich mit den Zahlen von 1980 (rund 1 Millionen Ankünfte; 10,3 Millionen Übernachtungen - Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung), ein Problem auf welches später noch näher beschrieben wird; den Wandel zu einem vorwiegenden Naherholungsbereich. Trotz aller Probleme hat der Tourismus eine enorme Bedeutung, die Wirtschaftskraft ist mit der des gesamten produzierenden Sektors gleichzusetzen, rund 45% des Bruttosozialproduktes werden durch den Fremdenverkehr erwirtschaftet. Starke Konkurrenz für diese Region sind die benachbarten österreichischen Ferienregionen Tirols und Vorarlbergs, die deutlich günstigere natürliche Vorraussetzungen, vor allem für den Wintersport aufweisen (v.a. Höhenlage).
Quellen:
- www.allgaeu.de
- www.oberallgaeu.de
- Ruppert, K.: Bayern...
3.2 Region Oberland
Die Region Oberland ist nicht nur von ihrer zeitlich frühen Ausbildung als Ferienregion (vgl. 2.), sondern auch als zentraler deutscher Alpenteil ein Sammelpunkt für Spitzenwerte im Tourismusbereich. Eine Grundlage hierfür bietet außerdem das physische Erholungspotential, 33% der Regionsfläche sind als Naturschutzgebiet ausgewiesen.
Als Zentren sind das Werdenfelser Land mit Garmisch Partenkirchen, sowie das Tegernseer Tal zu nennen. Diese Bereiche sind durch außerordentlich hohe Zuzugsraten gekennzeichnet, vor allem ältere, wohlhabendere Bevölkerungsteile suchen sich hier ihren Altersruhesitz. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der Anteil der Beschäftigten im Dienstleitungssektor, der in Garmisch Partenkirchen und Bad Wiessee 80% und mehr erreicht. Diese beiden Gemeinden sind auch durch ein überdurchschnittliches Hotelaufkommen und stark über dem Schnitt liegenden Preisniveau gekennzeichnet. Als Hauptursache ist hier die Nähe zum Verdichtungsraum München zu nennen. Das Tegernseer Tal und Garmisch Partenkirchen gelten gemeinhin als ,,Vororte\" Münchens, vor allem an den Wochenenden zieht es die Städter in diese Bereiche, das Preisniveau folgt ihnen. Zahlreiche Luxushotels rund um den Tegernsee (vor allem in Rottach - Egern und Bad Wiessee) sind die Folge, und führen zu einer meist unbesiegbaren Konkurrenz für die kleineren Privatunterkünfte.
Garmisch Partenkirchen als Weltcup- (Ski alpin, Skispringen, Langlauf) und ehemaliger Olympiaort genießt vor allem bei ausländischen Besuchern einen guten Ruf, hier sind die höchsten Anteile von ausländischen Gästen im bayerischen Alpenraum anzutreffen. Aber auch hier kämpfen die Ferienwohnungs- und Hotelbesitzer mit rückläufigen Übernachtungszahlen. Waren es 1980 noch knapp 1,4 Millionen Gästeankünfte und rund 9,4 Millionen Übernachtungen, so ist bei den Übernachtungen ein Rückgang auf ca. 5,6 Millionen zu verzeichnen, bei nur knapp weniger Ankünften(ca. 1 Millionen). (Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung)
Die Region Oberland ist besonders stark von diesem Wandel zum Naherholungsbereich betroffen. Als weitere Ursache für die rückläufigen Übernachtungszahlen ist die Ausweitung der Fremdenverkehrsgebiete ins Alpenvorland zu nennen, dort sind die Übernachtungspreise meist deutlich geringer.
Quellen:
- www.werdenfelserland.de
- Ruppert, K.: Bayern...
3.3 Region Südostoberbayern
Im Vergleich zu den beiden oben beschriebenen Gebieten ist in der Region Südostoberbayern ein niedrigerer Anteil der Beschäftigten im tertiären Sektor zu verzeichnen. 1970 waren es ,,nur\" 39%, für heutige Verhältnisse ist dieser Wert aber nicht mehr aussagekräftig, schätzungsweise sind es heute rund 45 - 50%.
Der Tourismus hat in Südostoberbayern, dem östlichsten deutschen Alpenteil deutlichen Gebietscharakter, es herrscht deutlich weniger Konzentration auf einen zentralen Bereich wie dies im Oberland oder dem Allgäu der Fall ist. Außerdem lässt sich hier deutlich die Nebenerwerbsfunktion des Fremdenverkehrs erkennen, die Hälfte aller Unterkünfte sind Privatquartiere. Hier wurde auch die Initiative ,,Urlaub auf dem Bauernhof\" ins Leben gerufen, die sich immer größerer Beliebtheit erfreut.
Trotz allem lassen sich zwei Kernbereiche herausstellen, die den Hauptanteil an den Übernachtungs- und Ankunftszahlen tragen. Dies sind die Regionen Berchtesgadener Alpen mit Reichenhaller Land und die Chiemgauer Alpen. Das Berchtesgadener Land mit den Hauptorten Berchtesgaden, Bischofswiesen, Königssee und Ramsau und der vorgelagerte Kurort Bad Reichenhall hatten 1997 rund 2,7 Millionen Übernachtungsgäste bei ca. 380000 Ankünften(Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung). Davon entfällt ungefähr die Hälfte auf Bad Reichenhall. Die Chiemgauer Alpen sind vorwiegend ein Wintersportgebiet, in Ruhpolding, Inzell sowie Reit im Winkl befinden sich die bedeutendsten Skigebiete.
Das wichtigste Ausflugsziel ist der Königssee mit dem ihm umfassenden Alpen- und Nationalpark Berchtesgaden, der 47000 ha umfasst. Die Erschließungszone ist mit 8000 ha vergleichsweise gering gehalten, die Erholungszone ist mit 18000 ha ausgewiesen, auf die eigentliche Kernzone des Nationalparks entfallen 21000 ha. Trotz punktuellem Massentourismus, vor allem an den Wochenenden, bleibt es ein wichtiges Ziel die Kernzone möglichst unberührt zu lassen, zu diesem Zweck werden im Nationalpark wissenschaftliche Forschungen betrieben, landwirtschaftliche Nutzungen sind nur noch im beschränkten Umfang gestattet.
Quellen:
- www.berchtesgaden.de
- Ruppert, K.: Bayern...
3. Fremdenverkehrsentwicklung seit Mitte der 80èr
Wie schon in 3. angedeutet ist der bayerische Alpenraum seit Mitte der 80èr einem Wandel in der Fremdenverkehrsstruktur unterworfen. Die bis zu diesem Zeitpunkt kontinuierlich ansteigenden Übernachtungszahlen gingen stark zurück, vor allem in der Region Oberland. Dagegen blieben die Ankunftszahlen nahezu konstant, kleinere Schwankungen ausgenommen. Diese Entwicklung lässt die Schlussfolgerung zu, dass sich der deutsche Alpenraum mehr und mehr zum Naherholungsbereich entwickelt. Dort wären nicht nur die nahe gelegenen Großstädte München, Augsburg und Stuttgart zu nennen, sondern im Zuge der immer weiter voran schreitenden Motorisierung weitet sich der Naherholungsbereich immer mehr aus. So zählen heute ebenso Nürnberg, Würzburg und teilweise auch noch Frankfurt zu den Städten die sich am Naherholungsbereich Alpen beteiligen. Die Folgen sind leicht abzusehen. Durch das steigende Verkehrsaufkommen werden die auf Grund ihrer räumlichen Enge kaum ausbaufähigen Zufahrtsstrassen immer unzureichender um den vor allem an Wochenenden einströmenden Verkehr zu leiten. Dazu kommt auch noch ein beträchtlicher Anteil an Transitverkehr Richtung Österreich und weiter nach Italien. Neben diesen Verkehrsproblemen sehen sich auch die am Übernachtungsgeschäft beteiligten Wirtschaftszweige immer größeren Problemen gegenüberstehen. Nicht nur die direkt betroffenen, wie Hoteliers, Gaststätten- und Ferienwohnungsbesitzer sondern die gesamte auf die längerfristigen Aufenthalte angewiesenen Infrastruktureinrichtungen wie Theater, Kurhäuser, Schwimmbäder und Einzelhandelsbetriebe sind davon betroffen.
Quellen:
- www.bayern.de
- Landesentwicklungsprogramm Bayern 1994
- Perthes Länderprofile: Bayern
4. Probleme des Tourismus - Lösungsansätze
Neben diesem erst seit knapp 20 Jahren auftretenden Wandel im Übernachtungsverhalten und den damit verbundenen Folgen sind noch eine Reihe weiterer Probleme zu nennen.
4.1. Natur-, Landschaftsgefährdung
Schon relativ frühzeitig wurde erkannt, dass eine zunehmende Landschaftszerstörung die Grundlage, das naturräumliche Potential gefährdet. Als eine erste bedeutende Maßnahme zur Regulierung des Fremdenverkehrs im bayerischen Alpenraum ist der Alpenplan zu sehen. 1972 als Umweltschutz nicht gerade ein bedeutendes gesellschaftliches Anliegen war trat der Alpenplan in Kraft (siehe 2.). Eine erste Regulierung der bis dahin teilweise gnadenlosen Ausbeutung der Natur war gegeben. Durch den Alpenplan kam es beispielsweise zu einer vermehrten Stilllegung von unrentablen, veralteten Liftanlagen. Auf den Bau von besonders erosionsfördernden Schleppliften (diese müssen mehrmals täglich gespurt werden) wurde seitdem gänzlich verzichtet. Mehr und mehr werden diese Liftanlagen durch Sessellifte ersetzt, da bei diesen das Spuren wegfällt und außerdem eine Komfortsteigerung erreicht wird.
Eine weitere Gefahr für die erosionsanfälligen Berghänge stellen die künstliche Beschneiung mit Schneekanonen, sowie die Bearbeitung der Hänge mit Pistenraupen dar. Beide Maßnahmen führen zu einer Komprimierung der Schneedecke, welches eine verlängerte Schneebedeckung zur Folge hat. Der Kunstschnee ist durch seine sehr feinkristalline Gestalt hierbei eine besondere Gefahr, die bis in den Sommer schneebedeckten Bereiche können keinerlei Vegetationswuchs zulassen. Die führt zu einer Störung der dünnen Bodenoberschicht, Erosionsschäden sind unvermeidlich. Andererseits sind Schneekanonen dann sinnvoll wenn ausgeaperte Bereiche vor den Stahlkanten der Ski- und Snowboardfahrer geschützt werden sollen.
4.2. gesellschaftliche Spannungen
Durch den massenhaften Zuzug von wohlhabenden, älteren Menschen kommt es zu einer Veränderung in der gesellschaftlichen Struktur der Gemeinden. Die für ältere Menschen notwendigen Infrastruktureinrichtungen wie Ärzte und Apotheken sind überdurchschnittlich vertreten, dies könnte zu einer Vernachlässigung der anderen Bevölkerungsteile führen.
4.3. der ,,sanfte Tourismus\"
Ein neueres Modell zur Lösung der oben angeführten Probleme ist in der Gemeinde Hindelang im Allgäu in die Tat umgesetzt worden.
Unter ,,sanftem Tourismus\" ist ein unter Berücksichtigung der natürlichen und sozialen Strukturen ablaufender Fremdenverkehr. Dabei wird vor allem dem ÖPNV eine große Rolle zugeteilt, die Vermeidung von Individualverkehr ist ein Hauptziel. Es wird versucht mit einem hohen Anteil an Privatquartieren einem Großteil der einheimischen Bevölkerung eine weitere Einnahmequelle zu geben und dem Entstehen großer Hotelbauten entgegen zu wirken. Ein weiterer Aspekt ist der Umweltschutz; man hat erkannt, dass die Natur das größte Potential darstellt. Durch die Stillegung von unrentablen, veralteten Liftanlagen, keinem weiterem Neubau, sowie einem Umbau von Schlepp- zu Sesselliften versucht man dem Rechnung zu tragen. Kurz und knapp lässt sich dies am besten mit ,,Qualität statt Quantität\" umschreiben.
Quellen:
- Perthes Länderprofile: Bayern
- Der bayerische Alpenraum: Situationen - Belastungen - Maßnahmen
5. Anlagen:
- Tabelle: Gästeankünfte und -übernachtungen 1979 und 1980
- Tabelle: Gästeankünfte und -übernachtungen 1995 bis 1997
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