3.1. Regionale Ungleichgewichte:
Die rasante Industrialisierung löst in China massive Spannungen zwischen den boomenden östlichen Provinzen und dem rückständigen Westen des Landes aus. Der Drei-Schluchten-Damm würde dieses Ungleichgewicht noch verstärken. Die reiche Provinz Hubei am Unterlauf des Yangtse würde in Form von Stromlieferungen und einer verbesserten Flutkontrolle am meisten vom Projekt profitieren. Den höchsten Preis dafür müsste durch die Umsiedlungen und ein verstärktes Überschwemmungsrisiko am Oberlauf die arme und bevölkerungsreiche Provinz Sezuan bezahlen.
3.2. Stromerzeugung:
Der chinesische Stromverbrauch befindet sich auf einem sehr tiefen Niveau und wächst jährlich um rund 8 Prozent. Die Elektrizität stammt hauptsächlich aus der Verfeuerung von Kohle, obwohl China das größte ungenutzte Wasserkraftpotential der Welt besitzt. Im Interesse des Klimaschutzes ist ein Übergang der chinesischen Energieproduktion von der Kohle zur Wasserkraft sinnvoll. Gemäss offiziellen Angaben könnte der Drei-Schluchten-Damm allein jährlich 40 Millionen Tonnen Kohle einsparen. Dennoch gibt es auch auf der Energieebene sinnvollere Alternativen zum Mammutkraftwerk. Die chinesische Industrie, auf die zwei Drittel des Stromverbrauchs entfallen, verschwendet nämlich ungeheure Energiemengen. Stahl wird in anderen Ländern mit der Hälfte, Dünger mit weniger als einem Drittel der Strommenge hergestellt, die China verwendet. Dafür sind zum einen veraltete Technologien, zum anderen die verkrusteten Strukturen der Planwirtschaft verantwortlich, die den effizienten Einsatz von Energie bestrafen. Dennoch wird China zukünftig weitere Kraftwerke brauchen. Eine offizielle Untersuchung ergab in den 80er Jahren 11\'100 verschiedene Standorte dafür, davon 4400 an den Zuflüssen des Yangtse. Für mindestens 27 kleine und mittlere Kraftwerke am Yangtse bestehen Machbarkeitsstudien. Zahllose Berichte und Behörden setzten sich in China immer wieder dafür ein, statt des Drei-Schluchten-Damms solche dezentralen Projekte zu fördern.
3.3.Kosten:
Im Mai 1993 wurden die Kosten des Drei-Schluchten-Projekts (inkl. Zinsen) offiziell mit 224 Milliarden Yuan(ca. 40 Milliarden Dollar) angegeben. Finanziert werden sollen sie durch die Stromproduktion, einen Zuschlag auf sämtlichen Stromtarifen im Land, in- und ausländischen Krediten sowie Anleihen auf dem Kapitalmarkt. 1985-1993 verdreifachte sich das Ausgabenbudget. Wirtschaftsnahe Kreise (inklusive der Weltbank) zweifeln daran, dass es sich je rentieren wird. Jede Verlängerung der 17jährigen Bauzeit würde die Wirtschaftlichkeit zusätzlich verschlechtern. Kaum ein Großkraftwerk auf der Welt wurde aber innerhalb des geplanten Zeitraums fertiggestellt. Mit einem Verweis auf die negativen Erfahrungen beim brasilianischen Mammutkraftwerk Itaipù sprach sich um 1993 auch Qiao Peixin, der Präsident der chinesischen Bankenvereinigung, gegen das Drei-Schluchten-Projekt aus.
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