An dieser Stelle scheint es mir angebracht, einige der getroffenen Annahmen kritisch zu reflektieren. Wenig praxisrelevant ist wohl, daß im Modell die Wahrscheinlichkeitsverteilung der Ergebnisse genau bekannt ist. Eine exakte Spezifizierung der Verteilung würde bedeuten, daß der Prinzipal detaillierte Informationen über die Konsequenzen der Aktionen des Agenten hat und daß er ihn völlig richtig einschätzt.
In der Realität wird es wohl eher so sein, daß Prinzipal und Agent die Wahrscheinlichkeitsverteilungen individuell schätzen. Stimmen beide Parteien nicht in ihren Fähigkeiten, ihrem Kenntnisstand oder in ihrem Grad der Risikoaversion überein, werden die Schätzungen im allgemeinen unterschiedlich ausfallen. Da aber das gesamte Maximierungskalkül auf einer (von beiden gleich angenommenen) Wahrscheinlichkeitsverteilung aufbaut, ist die Übereinstimmung von zentraler Bedeutung. Dies ist eindeutig eine Schwäche dieses Ansatzes.
Für problematisch halte ich in diesem Zusammenhang auch, daß der Grad der Risikoaversion durch einen Parameter angegeben wird. Unklar ist, wie dieser Parameter bestimmt werden soll und ob Agent und Prinzipal den Grad der Risikoaversion gleich bewerten.
In den vorstellten Ansätzen war den Schwierigkeitsgrad der Aufgabe bekannt. In der Realität verändert sich oft der Schwierigkeitsgrad (bzw. dessen Einschätzung) beim Bearbeiten einer Aufgabe. Auch wird völlige Konstanz der Eigenschaften des Agenten angenommen. Damit bleibt ausgeschlossen, daß er bei der Bearbeitung des Auftrages "dazulernt", also seine Effektivität steigert.
Dagegen ließe sich argumentieren, daß der Prinzipal die Leistung des Agenten zu Beginn einschätzt und mit seiner Schätzung richtig liegt. Dies impliziert allerdings wiederum, daß der Prinzipal den Agenten sehr genau kennt. Weiter verfeinern ließen sich die Modelle, wenn man zu einer Mehrperiodenbetrachtung übergeht. Allerdings sind bereits die vorgestellten Schemen recht kompliziert und stehen damit im Gegensatz zu den eher einfach strukturierten Anreizsysteme in der Realität.
Trotz dieser Kritik bleibt festzuhalten, daß es Anreizmöglichkeiten gibt, mit denen moral hazard gemindert wird. Auch wenn man mit den vorgestellten Anreizstrukturen wegen zusätzlicher Verzerrungen der Realität kein optimales Ergebnis erreicht, so begrenzen sie trotzdem das Risiko der Versicherung oder des Arbeitgebers.
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