Diese seismische Methode entspricht dem Prinzip des auf See verwendeten Echolots, bei dem von einem Schiff aus ein akustisches Signal abgesandt, vom Meeresboden reflektiert und an Bord von einem Empfänger aufgezeichnet wird. Die Zeit, die das Signal für den Weg Schiff- Meeresboden braucht, wird mit Hilfe der bekannten Schallgeschwindigkeit im Wasser direkt in die Meerestiefe umgerechnet. Die bei seismischen Messungen reflektierenden Grenzflächen, in denen sich die Gesteinseigenschaften ändern, sind nicht immer so klar definiert wie der Meeresboden. Außerdem wechseln die Gesteine innerhalb der sedimentären Schichtenfolge sehr häufig. Ein seismisches Profil enthält dementsprechend zahlreiche Reflexionen und ist deshalb viel schwieriger zu lesen als ein Echolot. Die seismische Energie wird, soweit Sprengstoff verwendet wird, durch eine Sprengung in einem etwa 10 bis 50 Meter tiefen Bohrloch erzeugt.
Entlang einer Linie, die durch den Schußpunkt verläuft, werden die Geophone gruppenweise in genau gleichen Abständen (je 20 bis 100 Meter) am Erdboden beidseits der Schußbohrung (,,Zentralschuß\") ausgelegt. Bei einer anderen Anordnung liegen alle Geophongruppen auf einer Seite der Schußbohrung (,,Langschuß\"). Die Geophone wandeln die vom Schuß ausgelösten Wellen in elektrische Impulse um, die per Kabel an eine zentrale Aufnahmestation übermittelt werden. Dort werden sie verstärkt und auf Magnetband aufgezeichnet. Im Gelände kann man sofort eine Kontrollabspielung vornehmen, um die Qualität der Messung und Aufnahme zu beurteilen.
Die Geophone erfassen alle Bodenbewegungen und Geräusche. Eine reflexionsseismische Aufnahme ist somit durch natürliche und künstliche Geräuschquellen gestört, so unter anderem auch durch den Schuß selbst. Derartige Geräusche, im englischen ,,noise\" genannt, überdecken die reflektierende Energie. Man muß sie während der Aufnahme minimieren, um die Reflexion zu verdeutlichen. Dazu dient zum Beispiel die Bündelung zahlreicher Geophone an jeder Geophonstation oder der Einsatz elektrischer Filter bei der Verstärkung der Impulse. Wichtigstes Verfahren zur Qualitätsverbesserung ist heutzutage die ,,Mehrfachüberdeckung\".
Die der Reflexion zugrundeliegenden Gesetzmäßigkeiten erlauben es, Geophone und Schußpunkte so anzuordnen, daß man von einem einzelnen Punkt auf einem bestimmten Untergrundhorizont eine Information mehrfach erhält. Mit Hilfe der Datentechnik lassen sich dann diese einzelnen Informationen stapeln. Dabei werden die Störgeräusche reduziert; die von dem untergrundspunkt ausgehende Nutzenergie wird verstärkt. Bei heutigen Messungen sind l2fache Überdeckungen üblich, aber auch Steigerungen auf 60fache oder noch höhere Überdeckungen möglich.
Die reflexionsseismische Methode hat sich bei der Erforschung von Offshore-Gebieten als sehr erfolgreich erwiesen. Schuß und Aufnahme erfolgen von einem einzigen Schiff aus, das die Aufnahmeinstrumente mitführt und ein in geringer Wassertiefe schwimmendes Kabel mit den Hydrophonen (entsprechend den Geophonen an Land) schleppt. Früher wurden Schußladungen in Wasser geworfen und vom Schiff aus ferngezündet, sobald sie die richtige Position zum Hydrophonkabel erreicht hatten. Heute setzt man bei Seevermessungen zur Energieerzeugung sprengstoffiose Verfahren ein. Bewährt haben sich dabei Luft- oder Gaspulser (wie Airgun, Watergun, Sleeve exploder). Diese Geräte hängen kurz hinter dem Schiff im Wasser und werden mit Hilfe von Kompressoren aufgeladen und dann entladen. ,,Dank der Einfachheit\" dieses Verfahrens kann eine kurze Schußfolge, zum Beispiel alle 20 Sekunden, erreicht werden. Das Kabel mit den Hydrophonen bewegt sich gleichmäßig entlang der Profillinie. Dadurch können Messungen auf See, etwa bei 5 Knoten Fahrt, bei günstigen Wetterverhältnissen sehr viel schneller fortschreiten als auf dem Festland. Wie bei allen geophysikalischen Messungen kommt es auch hier besonders darauf an, die genaue Position festzulegen. Auf See geschieht das mit verschiedenen Navigationshilfen wie dem DECCA-System und heute vornehmlich mit Verfahren der Satellitennavigation (GPS).
Auch auf dem Festland gibt es bereits verschiedene Methoden, bei denen Schußenergie nicht mehr mit Dynamit erzeugt werden muß. Als Schallquellen dienen dabei zum Beispiel ein schweres Gewicht, das auf den Boden fällt, eine vibrierende Platte, die auf den Erdboden gepreßt wird, die plötzliche Entspannung von Preßluft oder die Entzündung von komprimierten Gasen in geschlossenen Behältern. Die von diesen Quellen ausgehenden Impulse sind gegenüber einem Dynamitschuß vergleichsweise klein. Man kann jedoch dadurch zufriedenstellende Ergebnisse erzielen, daß man die Aufnahmen von verschiedenen Impulsen addiert, um die Energie eines Schusses zu erreichen. Dem steht der Vorzug gegenüber, daß diese Methoden weniger gefährlich als bei Einsatz von Sprengstoff sind, das Bohren von Schußlöchern an Land erübrigen und bei Seemessungen die Lebensformen im Wasser schonen.
Die Aufzeichnung geophysikalischer Daten auf Magnetbändern hat Möglichkeiten erschlossen, den Informationsgehalt der Registrierungen in Rechenzentren weiter auszuschöpfen. Zu diesem Zweck werden ständig neue Programme entwickelt. Parallel dazu läuft die Weiterentwicklung elektronischer Datenverarbeitungsanlagen, die speziell für die Anwendung in der Geophysik ausgelegt sind.
Bei linienhaft durchgeführten reflexionsseismischen Messungen ist das Ziel der ersten digitalen Verarbeitung ein Seismogrammprofil zu erhalten, das gleichsam einen Schnitt durch die oberen Schichten der Erdkruste darstellt. In diesem Profil sind noch die reflektierenden Horizonte, Transgressionsflächen und auch Störungen zu erkennen.
Seit die elektronischen Bausteine für die Aufnahmeapparaturen immer kleiner und leichter wurden, konnte man die Aufnahmekapazität für eine Registrierung von früher etwa 24 auf nunmehr bis zu 1200 Geophongruppen erweitern. Ordnet man diese Geophongruppen in mehreren, im 50-Meter-Abstand parallel verlaufenden Linien an und führt die Beschießung ebenfalls aus mehreren, parallel zu den Geophonreihen angeordneten Schußbohrlöchern gleichzeitig durch. so enthält eine einzige Aufnahme die Aufzeichnung nicht nur eines Profiles, sondern mehrerer paralleler, flächenhaft verteilter Querschnitte. Diese Arbeitsweise nennt man das ,,3-D-Verfahren\".
|