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geographie artikel (Interpretation und charakterisierung)

Der arbeitsmarkt im 1. halbjahr 1996:



Die folgenden Grafiken geben einen Überblick über die Entwicklung am Arbeitsmarkt in den Monaten Januar bis Juni \'96. Nachfolgend wird ausführlich zur Grafik und zum Fortgang am Arbeitsmarkt Stellung genommen:

Grafik 2:



Grafik 3:


Grafik 4:




Grafik 5:


4.1. Januar 1996:
Nachdem Anfang Februar die neuesten Zahlen der Arbeitslosenstatistik für den Vormonat veröffentlicht worden sind, geisterten beunruhigende Überschriften durch die Presse. \"Über vier Millionen ohne Arbeit\" hieß es da beispielsweise im Handelsblatt.

Dies ist gleichzeitig ein neuer negativer Nachkriegsrekord in Deutschland. Der absolute Wert lag bei 4,159 Millionen Arbeitslosen, entsprechend 10,8%, gemessen an der Zahl aller zivilen Erwerbspersonen. Die Zahl der Kurzarbeiter hat im Januar sehr stark zugenommen und war mit 293900 deutlich über dem Niveau des Vorjahres. Die Arbeitslosigkeit Älterer hat sich ebenso erhöht. Über 0,8 Millionen Arbeitslose, 112000 mehr als vor einem Jahr, sind über 55Jahre alt. Das entspricht einem Anteil von 20%. Leider sind diese ohnehin schon erschütternden Zahlen nur die \"halbe Wahrheit\". Mehr als eine Million weitere Menschen wurden nur, dank unseres Sozialstaates, durch Arbeitsförderungsmaßnahmen, wie z. B. Umschulungen und ABM-Stellen vor der Arbeitslosigkeit bewahrt.
Der enorme Anstieg läßt sich zum großen Teil durch die Kältewelle begründen, die verstärkt zur saisonalen Arbeitslosigkeit, vor allem auf dem Baugewerbe, geführt hat.
Angesichts der negativen Entwicklung appellierte der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit, Bernhard Jagoda, das Bündnis für Arbeit zum Erfolg zu verhelfen. Dabei handelt es sich um ein von der Bundesregierung vorgeschlagenes Programm, daß Investitionen fördern und die Beschäftigung erhöhen soll.



4.2. Februar 1996:
Auch im Februar hat sich der Arbeitsmarkt in Deutschland weiter dramatisch verschlechtert. Nachdem schon im Januar die Zahl der erwerbslosen Personen auf ein neues Nachkriegsniveau kletterte, stieg sie im Februar um 0,3% auf nunmehr 11,1%. Im Vergleich zum Vorjahr ist dies ein Anstieg um über einen Prozentpunkt. Erheblich zu der Entwicklung trug die Baubranche bei. Die Beschäftigung in diesem Sektor lag im Winter 95/96 im Westen knapp 4% niedriger als noch ein Jahr zuvor. Aber auch die derzeit gedämpfte allgemeine Konjunkturlage in Deutschland ist mitverantwortlich.
Zwar erhöhte sich die Zahl der offenen Stellen im Februar leicht, doch ging die Zahl der Vermittlungen durch das Arbeitsamt binnen Jahresfrist um 6% zurück. Dramatisch stieg im gleichen Zeitraum die Zahl der Kurzarbeiter um 64% auf mehr als 0.4 Millionen an. 1,5 Millionen Menschen wurden nur durch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen des Staates vor der Beschäftigungslosigkeit bewahrt.
Politiker, führende Gewerkschafter und Arbeitgeber machten sich erneut gegenseitige Schuldzuweisungen über die Ursachen der Arbeitsmarktzahlen und Auswege. So wurde beispielsweise kritisiert, daß über eine Millionen Nicht-EU-Bürger eine Arbeitserlaubnis in Deutschland erhielten. Die Ausländerbeauftragte der Bundesregierung, Schmalz-Jacobsen, wies dies jedoch mit der Begründung zurück, daß eine Arbeitserlaubnis nur ausgestellt werde, wenn kein deutscher Arbeitnehmer für den jeweiligen Arbeitsplatz zur Verfügung stehe. Im Hinblick auf die auch schon 1995 angespannte Lage auf dem Arbeitsmarkt, ist dies jedoch nur schwer nachzuvollziehen.

Arbeitgeber wiesen den Gewerkschaften die Schuld zu, da deren Forderungen nach 5-6% mehr Lohn ohne Rücksicht auf Arbeitsplätze geschehe. Gewerkschafter verteidigten ihre Politik und forderten die Regierung auf, geplante staatliche Investitionen nicht zu streichen.
Die äußerst negativen Zahlen vom Arbeitsmarkt sollten allerdings viel mehr zum Anlaß genommen werden, auf \"gegenseitige Schuldzuweisungen zu verzichten und endlich Nägel mit Köpfen zu machen\" .


4.3. März 1996:
Erwartungsgemäß setzte im März die Frühjahrsbelebung ein. Diese war aber wegen der kalten Witterung nur schwach ausgeprägt. Der Rückgang sei ausschließlich auf jahreszeitliche Gründe zurückzuführen. Jagoda sprach allgemein von einer enttäuschenden Entwicklung. Die Zahl der Arbeitslosen reduzierte sich um knapp 130000 auf 4,14 Millionen. Dies entspricht einer Quote von 10,8 bezogen auf alle Erwerbspersonen. Im Vergleich zum Vorjahr, liegt diese Zahl über 1% oder 0,47 Millionen höher. Die Kurzarbeit wurde nur noch geringfügig ausgeweitet und liegt bei 420000.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) appellierte erneut an Politiker und Arbeitgeber endlich zu Handeln. Die Deutsche Angestellten Gewerkschaft wertete die immer noch dramatische Arbeitslosenzahl als Ausdruck einer gravierenden Konjunkturschwäche und forderte daher eine Senkung der Leitzinsen, um die Wirtschaft anzukurbeln.
Weiterhin schlecht sieht es auf dem Ausbildungsstellenmarkt aus. Von Oktober 1995 bis März 1996 lag die Zahl der Ausbildungsplätze im Westen mit 413100 um 8% niedriger als im Vorjahreszeitraum. Andererseits ist die Zahl der Bewerber um 7% gestiegen. Eine ähnliche Entwicklung wurde auch im Osten verzeichnet. Jagoda appellierte erneut an die Wirtschaft ihre Zusage, 1997 10% mehr Ausbildungsplätze bereitzustellen, zu realisieren.


4.4. April 1996:
Erstmals in diesem Jahr ist die Zahl der Erwerbslosen wieder unter die vier Millionen Marke gefallen. Der Rückgang auf 3,97 Millionen entspricht einer Quote von 10,4%, im Vorjahr lag sie in diesem Zeitraum jedoch mit 9,4% deutlich niedriger. Die Kurzarbeiterzahl verminderte sich im April auf 390400, nachdem sie in den letzten Monaten stetig bis auf über 0,42 Millionen gestiegen war. Diese Rückgänge sind allerdings nur saisonal begründet, da z. B. in Angestellten-Berufen, die weniger von den saisonalen Schwankungen beeinflußt werden, ein weiterer Anstieg zu verzeichnen war.

Der sehr kalte Winter und konjunkturelle Einflüsse waren auch im April noch für sehr hohe Zugänge in die Arbeitslosigkeit verantwortlich (521900, +18% zum Vorjahr). Außergewöhnlich hoch waren überdies die Abgänge aus Arbeitslosigkeit mit fast 0,7 Millionen und die Stellenmeldungen und -vermittlungen. Diese Zahlen lassen sich allerdings nicht als konjunkturelle Impulse interpretieren, sondern sie spiegeln die nachgeholte Frühjahrsbelebung wider.
Der DGB wies auf die Tatsache hin, daß trotz guter Ertragslage der Unternehmen keine zusätzlichen Arbeitsplätze geschaffen würden, obwohl die Unternehmen dies behaupteten. Es besteht weiterhin akuter Handlungsbedarf, um die Arbeitslosigkeit zu senken.



4.5. Mai 1996:
Im Mai ging die Arbeitslosenzahl saisonbedingt weiter leicht zurück und liegt nun bei 3,18 Millionen. Dies entspricht einer Quote von genau 10% (-0,4% im Vergleich zum Vormonat). Dämpfend hat sich die schlechte Auftragslage am Bau ausgewirkt und andere Bereiche in Mitleidenschaft gezogen. Zwar ging auch die Kurzarbeit zurück, diese lag jedoch noch sichtlich über dem Vorjahresniveau.
Die Entwicklung der Arbeitslosigkeit ist aber keineswegs bei allen Personengruppen gleich. Die Arbeitslosigkeit erhöhte sich bei Arbeitern im Verlauf der letzten 12 Monate mit +10% im Westen eindeutig stärker als bei Angestellten mit +7%. Der Grund hierfür liegt nach Meinung Jagodas in der \"schwachen Tendenz im Produzierenden Gewerbe\". Bei den Frauen ist dagegen ein geringerer Anstieg als bei Männern zu verzeichnen gewesen. Der Grund hierfür liegt in der Teilzeitarbeit, die immer noch eine Domäne der Frauen ist. In den neuen Bundesländern läßt sich insgesamt ein ähnlicher Trend beobachten.
Weiterhin wies Jagoda in dem Bericht für Mai auf die Kosten der Arbeitslosigkeit hin. Die Ausgaben der Bundesanstalt für Arbeit sind von Januar bis Mai 1996 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 6% angestiegen. Daher ist es fraglich, ob der Bundeszuschuß von 4,3 Mrd. DM reichen wird.
Kritik und Besorgnis kamen vor allem aus Kreisen der Gewerkschaften, die befürchteten, daß die Arbeitslosenzahl im Durchschnitt dieses Jahres bei fast 4 Millionen konsolidieren würde. Sie griffen vor allem das Sparpaket der Bundesregierung an. Bonner Politiker der CDU/CSU Fraktion verteidigten ihr Sparpaket und warfen den Gewerkschaften, durch ihre Tarifpolitik, Mitverantwortung für die Arbeitslosigkeit vor.




4.6. Juni 1996:
\"Kaum Bewegung am Arbeitsmarkt\" titelte das Handelsblatt über die jüngste Entwicklung im Juni. Die Zahl der Arbeitslosen ging um nur 0,1% auf 9,9% zurück. Das entspricht einer absoluten Zahl von 3,784 Millionen registrierten Arbeitslosen für ganz Deutschland. Obwohl die Zahl der Kurzarbeiter gesunken ist und eine kräftige Zunahme bei den Stellenangeboten zu verzeichnen war, kann dies keineswegs als eine konjunkturelle Belebung gedeutet werden, da die Meldungen überwiegend aus der Baubranche und Landwirtschaft kamen. Vielmehr ist die Besserung auf saisonale Gründe zurückzuführen. Insgesamt ist die Entwicklung gleichwohl negativ, da zum Beispiel die Erwerbslosigkeit unter Angestellten merklich zunahm. Desweiteren befanden sich auch im Juni weit über eine Millionen Menschen in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. Mit einer Verbesserung der Lage sei zumindest in diesem Sommer nicht mehr zu rechnen, so Jagoda in seiner Stellungnahme. Handlungsbedarf bestehe auch bei den Lehrstellen. Berechnungen des DGB ergaben, daß jeder fünfte 1996 keinen Ausbildungsplatz bekommen werde.
Wie schon im letzten Monat wurde das Bonner Sparpaket energisch abgelehnt, da Gewerkschaften dadurch eine weitere Verschlechterung sehen. CDU-Generalsekretär Hinze hingegen sprach sich, gerade im Angesicht der hohen Arbeitslosigkeit, für eine konsequente Umsetzung des von seiner Partei beschlossenen Maßnahmenkatalogs aus.


4.7. Zusammenfassung:
Insgesamt läßt sich feststellen, daß sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt im 1. Halbjahr 1996, trotz leichter Frühjahrsbelebung, dramatisch verschlechtert hat. Die Quote verharrte fast konstant 1% höher als 1995 (vgl. Grafik 4). Die Arbeitslosenzahlen für Ostdeutschland näherten sich nur sehr geringfügig an die im Westen an. Wie in Grafik 2 dargestellt, fiel der Anstieg im Februar sogar höher aus als im Westen. Ebenfalls markant ist der Verlauf der Kurzarbeiterzahlen (vgl. Grafik 5). Während 1995 kaum saisonbedingte Anstiege zu verzeichnen waren, kletterte die Zahl vor allem im Februar 1996 stark an. Ein Grund für diesen starken Anstieg ist die Neuregelung von witterungsbedingten Einkommensausfällen, die seit Januar 1996 nicht mehr von den Arbeitsämtern getragen werden müssen. Als Folge sind Baufirmen auf Kurzarbeit ausgewichen oder haben verstärkt entlassen, was sich im Januar und Februar sehr stark ausgewirkt hat (vgl. Grafik 3 und 5). Über eine Million weitere Menschen befanden sich in diesem Zeitraum in Maßnahmen der Arbeitsämter und entfielen somit der Statistik.

Hauptursache lag also im kalten Winter 1995/96, und somit in saisonalen Gründen. Auch suchten immer mehr Frauen Beschäftigung, was zu einer zusätzlichen Anspannung auf dem Arbeitsmarkt führte. Demographische Entwicklungen in Deutschland sind nur untergeordnet als Ursache zu sehen. Die Zuwanderung wird durch niedrige Geburtenraten in Deutschland und Abwanderung fast ausgeglichen, so daß die Bevölkerung insgesamt nur leicht zunimmt.

 
 

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