Als im 16. und 17. Jahrhundert die ersten französischen und britischen Forschungsreisenden nach Kanada kamen und sich dort ansiedelten, wurde der Grundstein für Kanadas heutige multikulturelle und sprachliche Vielfalt gelegt. Auf der Suche nach Landbesitz und Freiheit wanderten in den letzten Jahrzehnten des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts viele Menschen aus Nordeuropa ein. Es kamen auch viele Chinesen Menschen aus Südostasien, um dort als Bergarbeiter, beim Eisenbahnbau oder im Dienstleistungsbereich ihren Unterhalt zu verdienen. Diese Niederlassungen haben Kanada zu seinem wirklich multikulturellen Charakter verholfen. Laut einer Statistik von 1991 waren mehr als 11 Millionen Kanadier - das sind 42 Prozent der gesamten Bevölkerung - nicht britischer oder französischer Herkunft. Die grössten ethnokulturellen Gruppen bilden Einwanderer aus Deutschland, Italien, der Ukraine, den Niederlanden, Polen sowie China, Skandinavien und Menschen jüdischer Abstammung. Eine Vorstellung dieser grossen Vielfalt erhält man, wenn man sich vor Augen führt, dass in den Städten Toronto und Vancouver jeder dritte Einwohner einer nichteuropäischen ethnischen Gruppe angehört (Untersuchung aus dem Jahr 1996).
Bildung und Erziehung
Man kann sich gut vorstellen, dass es für das Bildungswesen keine leichte Aufgabe ist, allen Gruppen der Bevölkerung entgegenzukommen, so dass sich niemand in irgendeiner Weise diskriminiert fühlt. Kreativität war gefragt, denn die mehr als 70 verschiedenen Kulturen sprechen mehr als 60 Sprachen. Es wurden multikulturelle und antirassistische Bildungs- und Erziehungsprogramme entwickelt, die auf allen Ebenen des Schulwesens angeboten werden. Diese dienen dazu, bei den Schülern das Gefühl der Gleichberechtigung und der Zugehörigkeit zu festigen. Auch die Lehrkräfte bemühen sich darum, ihnen Verständnis und Toleranz für andere Kulturen zu vermitteln. Die Bundesregierung stellt Fördermittel für Unterrichtsangebote in verschiedenen Muttersprachen zur Verfügung. Sie fördert zudem die Forschung des Multikulturalismus und die Einrichtung von Lehrgängen, die sich an den kanadischen Universitäten mit dieser besonderen Eigenschaft des Landes befassen.
Einfluss auf die Wirtschaft
Die Vielfalt in der Bevölkerung wird heute auch als wirtschaftlicher Aktivposten anerkannt. Denn Kanadier, die als Einwanderer ins Land gekommen sind, tragen wesentlich zu dessen Wohlstand bei. Dies zeigt sich an den folgenden Daten:
Einwanderer haben 1988 rund sechs Milliarden Dollar ins Land gebracht.
Unter den Einwanderern sind 50 Prozent mehr Selbständige als unter den übrigen Kanadiern.
Sie haben mehr Ersparnisse und vergrössern somit das Investitionskapital.
Sie nehmen seltener öffentliche Dienstleistungen in Anspruch, und nur wenige beziehen Sozialhilfe.
Einwanderer verfügen über ein überdurchschnittliches Einkommen und erhalten höhere Löhne; somit bezahlen sie auch mehr Steuern als ihre Mitbürger.
Aus diesen Daten lässt sich klar sagen, dass Kanadas Einwanderer ganz und gar keine Belastung sind. Im Gegenteil: sie tragen erheblich zur Wirtschaftsförderung des Landes bei. Die kanadische Handelskammer hat erkannt, welche Chancen sich dadurch bieten und möchte diese bei der Zusammenarbeit mit internationalen Handelsorganisationen nutzen.
Verpflichtung zum Multikulturalismus
Es gibt zwar in der Geschichte Kanadas Beispiele für Unrecht, das Minderheiten angetan worden ist, doch heute bemühen sich kanadische Bürger, Institutionen und Regierungen darum, derartige Diskriminierungen abzuschaffen. In dem Bemühen, allen Mitbürgern die Gleichheitsgrundsätze, die Bürgerrechte und Privilegien zu garantieren, hat Kanada konkrete und zukunftsorientierte Programme und Gesetze erarbeitet.
Kanadas Bekenntnis zur multikulturellen Gesellschaft steht aber nicht nur auf dem Papier oder in Gesetzen, die das Parlament erlassen hat. Es ist vielmehr im kanadischen Leben fest verankert und gilt als grundlegendes Merkmal der Identität dieses Landes. Kanadier jeglicher Herkunft können ihren Beitrag leisten zur Gleichheit, zur nationalen Einheit, zum sozialen Frieden und zum wirtschaftlichen Wohlstand ihres Landes.
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