Gründe für eine \"Originale Begegnung\"
Die originale Begegnung ist lebendiger und erlebnisbetonter, sie fordert zu einem aktiven Lernen heraus. Daher ist ein höherer Grad an innerer Aufmerksamkeit nötig und die Vergessensquote wird gesenkt.
Es werden Qualifikationen erworben, die dem Schüler bei der Bewältigung von Lebenssituationen unmittelbar helfen können. Außerdem muß eine Fachdidaktik, die \"ein operational gehandhabtes Leistungswissen\" höher schätzt als ein \"ohne Motivation passiv entgegengenommenes Verfügungswissen\" (zit. nach Geipel 1971, S. 141) außerschulische Lernsituationen bevorzugt aufgreifen.
Bei der originale Begegnung fällt es leicht, sich im Fragehorizont der Schüler zu bewegen; sie eröffnet günstige Möglichkeiten für eine innere Differenzierung mit Hilfe von Gruppenarbeit.
Die originale Begegnung beeinflußt die Einstellungen der Schüler, sie fördert eine wissenschaftliche und soziale Haltung. Dabei fordert sie aber auch Genauigkeit, Sorgfalt und Sachlichkeit bei der Materialsammlung, Selbstvertrauen, Ausdauer und Kooperationsbereitschaft.
Zuletzt eröffnet die originale Begegnung die Möglichkeit, in exemplarischer Vertiefung fachwissenschaftliche Kategorien zu erschließen, die dann durch einen Transfer abgesichert werden können. Auch wird die Einübung fachwissenschaftlicher Methoden geschult.
Trotz ihrer allgemein hohen Wertschätzung wird die originale Begegnung im Schulalltag selten oder nur unzureichend verwirklicht. Gründe dafür sind eine mangelnde Elastizität des Stundenplans, Mehrbelastung durch die Planung, Schwierigkeiten bei der Materialbeschaffung und eine häufig mangelhafte Ausbildung der Lehrer für eine solche Unterrichtsform.
Für die Arbeit vor Ort gibt es verschiedene Bezeichnungen: Lehrwanderung, Unterrichtsgang oder Schülerexkursion. Dies sind recht variabel zu handhabende Unterrichtsformen, die sich nach den unterrichtlichen Intentionen, nach der Intensität der Vor- und Nachbereitung, nach dem Grad der Selbständigkeit der Schüler oder der Belehrung durch den Leiter, nach den thematischen Zuschnitt wie nach der Funktion innerhalb einer Unterrichtseinheit unterscheiden.
Bei der Erkundung hat man z.b. ein hohes Maß an Schüleraktivität, einen strengen Zuschnitt, umfangreiche Vor- und Nachbereitung und eine Einbindung in eine übergreifende, curricular bedeutsame Fragestellung.
Die Ergebnisse der bei der Erkundung gestellten Fragen werden in Erkundungsbögen festgehalten.
Lernpsychologisch haben diese Erkundungsbögen eine sehr große Bedeutung. Sie lenken den Blick auf Phänomene, die Schüler müssen selbst Belangloses von Belangvollem trennen.
Die Arbeitsaufträge auf diesen Erkundungsbögen müssen knapp und überschaubar bleiben (-> Kriterium der Übersichtlichkeit), sie dürfen nicht zu zahlreich sein und müssen sich leicht ausfüllen lassen (-> Kriterium der Handlichkeit) und die Beobachtungsergebnisse sollen sich leicht zusammenstellen und auswerten lassen (-> Kriterium der Auswertbarkeit).
Schrittfolge bei der Erkundung:
Bei einer originalen Begegnung sollte folgende Schrittfolge erkennbar sein:
1) Problemstellung
2) Planung
3) Durchführung der Erkundung
4) Auswertung und Ausweitung der Erkundungsergebnisse
5) Beurteilung der Ergebnisse, Methoden und der Problemstellung
Am Ende könnte man noch eine Hypothese formulieren, die durch die Erkundungsergebnisse zu bestätigen oder zu widerlegen ist.
Zur Durchführung:
Der Lehrer muß für die Einführung in den Themenkreis detailliertes Arbeitsmaterial bereitstellen, er muß sich über Sachzusammenhänge und ihre Interpretationsmöglichkeiten informieren, er muß rechtzeitig mit betroffenen Personen Kontakt aufnehmen, er muß Material sichten und im voraus auswerten. Außerdem hat er, da er weitgehend ohne Lehrbuch arbeiten muß, zahlreiche Arbeitsblätter für die Schüler zu erstellen.
Der Unterricht, der eine Erkundung vorbereitet, zielt in viel stärkeren Maße auf konkrete Operationen hin. Er fördert eine aktive Auseinandersetzung mit der Realität, er stellt Methoden und Arbeitsmittel für diese Auseinandersetzung bereit und macht in optimaler Weise das operative Denken zur Basis des Lernens überhaupt.
Mit Hilfe der Taxonomie von Lernzielen im kognitiven Bereich nach Bloom (1972) kann nachgewiesen werden, daß es bei einem solchen Unterricht nicht nur um die Stufen des Wissens, des Verstehens und der Anwendung geht, sondern daß alle Komplexitätsgrade bis hinauf zur Evaluation einbezogen werden können.
Gegenstand einer Erkundung:
Gegenstand einer Erkundung kann sein: ein Sanierungsgebiet, die Nutzungsformen eines Naherholungsgebietes, der Einzugsbereich eines Warenhauses, die Lage und Gestaltung eines Kinderspielplatzes, die Wohnformen in verschiedenen Vierteln einer Stadt, etc.
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