Bald darauf lag auch Gladstone und der vielbefahrene Highway Nr. 1 hinter uns und wir bewegten uns in der Hitze des Tages durch knochentrockenes Weideland dem Outback entgegen. Es gibt wahrscheinlich in ganz Australien kein Hinweisschild, das den Beginn des Outback's ankündigt. Trotzdem waren wir sicher, daß wir schon mittendrin waren.
Für einen Europäer ist es sehr schwer vorstellbar, daß zwischen manchen benachbarten Orten 150 bis 250 km nur öde Steppenlandschaft ohne ein einziges Haus liegt. Auf den Straßen grüßen sich die Autofahrer, weil Gegenverkehr hier draußen ein besonderes Ereignis ist.
Große Rinderherden wandern auf der Suche nach Wasser über weite Strecken durch das verdorrte Grasland. Immer öfter machten wir Bekanntschaft mit den berüchtigten 'Road Trains'. Das sind riesige Lastwagen mit bis zu drei Anhängern. Diese Züge, die an die fünfzig Meter lang werden, donnern oft mit weit über 100 Stundenkilometern die endlosen Geraden dahin. Im Busch stößt man oft auf Hinweisschilder, die auf die Landschaft aufmerksam machen, damit man sie nicht verpaßt.
Wenn man den ganzen Tag unterwegs war, konnte man sich am Ende des Tages auf ein schönes Stück Gegend freuen, nachdem man den ganzen Tag über die selben Attraktionen am Straßenrand gesehen hatte: zu Schrott gefahrene Fahrzeuge, zerfetzte Autoreifen, von der Hitze aufgeblähte Känguruhkadaver und die Reste zerschlagener Windschutzscheiben. Diese Landschaft erweckte in uns den Eindruck - oder die Befürchtung - daß sie nirgendwo enden könnte. Befährt man dieses schwarze Band, das die weit verstreuten Siedlungen zusammenhält, und man erreicht eine Kuppe, erwartet man auf der anderen Seite irgend eine Abwechslung, wie ein Farmhaus, eine Tankstelle oder ein Dorf. Aber auf dem Scheitel der Kuppe angekommen, bietet sich wieder derselbe Anblick wie hundert Kilometer vorher. Ich war froh, hier nicht ganz alleine, ohne Gesprächspartner fahren zu müssen.
Langsam wurde die Vegetation immer dürrer. Nur noch vereinzelt standen Eukalyptusbäume, die ihre Rinde abgeworfen hatten, mit blendend weißen Stämmen auf trockenem rotem Sand und auf Steinböden. Die weißen Stämme, deren Farbe das Sonnenlicht reflektiert, schützen sich auf diese Weise vor dem Austrocknen. Auf eine andere Art schützt sich der Flaschenhalsbaum, der typisch für Queensland ist, in der trockenen Jahreszeit. Er wirft all sein Laub ab und speichert die Feuchtigkeit in seinem mächtigem Stamm um keine Energie zu verschwenden.
Unser angestrebtes Ziel war der Carnavon George Nationalpark, der in meinem Reiseführer als besonders sehenswert beschrieben wurde. Bis zum Park waren es noch gut hundert Kilometer, als plötzlich das schwarze, grob asphaltierte Straßenband aufhörte und statt dessen eine rote, staubige Piste in gleicher Richtung weiterführte. Auf dieser Waschbrettpiste mit vereinzelt herumliegenden, größeren Steinen und Teilen von Autoreifen, war an ein Vorankommen mit einer Geschwindigkeit von mehr als 40 km/h nicht zu denken. Diese Strapazen waren für unser Auto fast zuviel. Die Stoßdämpfer ächzten und stöhnten unter ihrer Last.
Die letzten zweieinhalb Autostunden dieses Tages zogen sich endlos in die Länge, und der Kilometerzähler wollte diese hundert Kilometer einfach nicht herunterspulen.
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