Im Rahmen der Bürgerbefragung im Jahre 1995 wurde seitens des Arbeitskreises "Zukunftswerkstatt" versucht, in Form eines Fragebogens und anhand geeigneter Fragestellungen, die Grundhaltung der Wiesthaler Bürger (über 18 Jahre) zur Dorferneuerung herauszufinden.
Von den 860 ausgegebenen Fragebögen kamen leider nur 488 zurück. Davon waren wiederum nur 435 ausgefüllt. Dennoch scheinen sich über die Hälfte der Einwohner Wiesthals (50,6%) für die möglichen Maßnahmen der Dorferneuerung zu interessieren, was auf künftige aktive Beteiligung hoffen läßt.
Die ersten Fragen bezogen sich auf die Vorzüge Wiesthals. Dabei setzten die Wiesthaler recht unterschiedliche Schwerpunkte. Den überwiegenden Anteil stellten aber diejenigen, die das Leben in der Naturlandschaft bevorzugten. Der besondere Reiz Wiesthals liegt dabei in der schönen Lage, der Natur und der von ihr ausgehenden Ruhe. Doch nicht alleine die Lage im Naturpark Spessart ist das Eigentümliche an Wiesthal, sondern vorallem auch der Dorfcharakter, das dörfliche Leben in der Gemeinschaft, die zwischenmenschlichen Kontakte und die Heimatverbundenheit der Einwohner.
Das sich anschließende Diagramm soll die unterschiedliche Schwerpunktsetzung verdeutlichen:
Abb. 1: Gewichtung der Vorteile Wiesthals
[aus: Anlage zur Bürgerbefragung, 1995, S.9]
Neben diesen mehr ideellen Werten sind die Menschen auch stolz auf verschiedene von Menschenhand errichtete Attraktionen. Bevorzugt genannt wurden die öffentlichen Bereiche, wie die neugestaltete Brücken- und Bahnhofstraße oder der im Bau befindliche Alte Platz, die Bauwerke, wie die Kapelle, die Kirche und die alte Mühle und die bestehenden Infrastruktureinrichtungen, wie die beiden Banken, die verschiedenen Geschäfte, Kindergarten und Schule.
Von älteren Bürgern wurde nicht selten auch der Friedhof als "schön gestaltet" bezeichnet.
Trotz der Fülle an Vorzügen Wiesthals gab es auch einige Kritik.
Beanstandet wurden in hohem Maße die schlechten und engen Ortsstraßen. Viele Straßen seien zu unübersichtlich, die Hofeinfahrten zu eng und Bürgersteige zu wenig vorhanden. Ferner bemängelte man den Belag des Alten Platzes, das Umfeld und den Zustand der Kulturhalle, sowie die "Bude" als Jugendtreff. Aber auch die teilweise verwilderten Äcker und Wiesen fielen der Kritik zum Opfer. Von einigen Wiesthalern wird darüberhinaus ein Café vermißt. Die zusätzlichen Fragen, nach der Dringlichkeit von öffentlichen und gemeinschaftlichen Baumaßnahmen, lassen sich leicht aus dem zuvor Genannten ableiten. Verstärkt werden hier die Neu- und Umgestaltung des Alten Platzes, sowie der Umbau der Kulturhalle und deren Vorplatz erwähnt. Als weniger wichtig erachteten die Bürger die Renovierung des Rathauses und dessen Vorplatz, da dort der Zustand noch wesentlich besser ist.
Als weitere Punkte, jedoch mit nicht geringerer Gewichtung wurden der Ausbau der Nebenstraßen, die Einrichtung eines Jugendtreffs (nicht "Bude"), ein zweiter Spielplatz, die Verschönerung der Schule und des Schulsportplatzes, eine Kirchenrenovierung und der Bau eines Buswartehäuschens genannt.
Maßnahmen im Bereich der sozialen Infrastruktur sollten nach Meinung der Befragten verstärkt auf den Erhalt/ Ausbau der kleinen Dienstleistungsbetriebe, wie Lebensmittelläden, Bäcker, Post, Arzt, Gasthäuser u.ä. abzielen.
Neben der Verbesserung und Sanierung der öffentlichen Straßen und Wege, ist der Ausbau der Wasserversorgung und die damit verbundene Erhöhung der Wasserdruckgrenze ein wichtiges Anliegen. Dieser Punkt wird später, vor allen Dingen in Hinsicht auf die Ausweisung eines Neubaugebietes, noch gesonderte Beachtung finden.
Allzuoft wurde auch ein besserer Anschluß an den ÖPNV gewünscht. Im Vordergrund steht hierbei ein Zubringerbus zum 1,5 km entfernten Bahnhof, sowie die Ausweisung einer RSB ( Regionalschnellbahn) Haltestelle.
Schließlich legten viele Bürger sehr großen Wert auf eine Ausweitung des Freizeitangebotes. Neben den bestehenden Angeboten des TSV Wiesthal (Fußball, Tischtennis und Jazzgymnastik), werden ein Tennisplatz, eine Minigolfanlage und ein Schwimmbad gewünscht. Ein Ausbau der Rad- und Wanderwege und ein Bade-, Angel- und Landschaftssee sind weitere Forderungen. Mit den zur Verfügung stehenden Angeboten der übrigen Ortsvereine sind die meisten Wiesthaler zufrieden. Dennoch wird die Einrichtung einiger Gemeinschaftsanlagen für nötig gehalten. Neben dem bereits erwähnten Jugendtreff, wird ein separater Raum für Kulturveranstaltungen gewünscht. Dieser könne nach Meinung der Bürger neben der Kulturhalle, oder am Pfarrheim errichtet und für Veranstaltungen, wie Filmvorführungen, oder Theateraufführungen, genutzt werden.
Darüberhinaus hält man ein öffentliches WC und einen frei zugänglichen Grillplatz für wünschenswert.
Die größte Kritik fiel auf nachfolgend aufgezeigte Punkte:
Abb. 2: Kritikpunkte
[aus: Anlage zur Bürgerbefragung, 1995, S.9]
Desweiteren sprachen sich viele der Befragten für eine Förderung und Erhaltung der Ortstraditionen aus. Unter diesem Aspekt erwähnte man nachdrücklich das "Faseltsrad", die "Kirb" (Kirchweih) und den Faschingszug. Aber auch das Sternsingen, das Klappern über die Kartage, der Lumpenball, der Rosenmontagszug der Blasmusik und die gelegentliche Nutzung des Backhauses fanden Zuspruch.
Uneinigkeit herrscht anscheinend bei der Frage nach Möglichkeiten zur Verbesserung des Ortsbildes/ Ortes. Viele wünschen sich mehr Grün im Dorf, aber auch ländliche und ortstypische Bauweisen. Nicht wenige der Befragten sprachen sich für die Erhaltung von alten, ortsbildprägenden Scheunen aus.
Manch eine(r) wünscht sich die Wiederbelebung von "Tratschecken", die z.Zt. beinahe gänzlich fehlen, die für das Dorfleben förderlich sind.
Angesichts der fehlenden Gemeinschaftseinrichtungen (Grünecken, o.ä.) halten sich die meisten Wiesthaler, laut Umfrage, im Freien in ihrem Garten auf. Viele nutzen jedoch auch Wald- und Spazierwege zur Erholung. Die wenigsten haben bestimmte Gebäude, Baumgruppen, oder sonstige Plätze an denen sie regelmäßig verweilen.
Nicht wenige Bürger sind der Meinung , daß ein Ausbau der Wanderwege und eine Verbesserung der Markierungen und Beschilderungen angebracht wäre. Dies würde dann zur Belebung des "Tourismus" beitragen, da sich dann auch ortsunkundige Wanderer und Radfahrer nach Wiesthal wagen könnten.
In Hinblick auf eine Aktion "sauberes Dorf" wurden verstärkt Maßnahmen des Gewässerschutzes und der Reinhaltung des Aubaches gefordert. Auch interessieren sich gut 75% der Befragten für eine Nutzung von Brauchwasser und zwei Drittel für die Verwendung umweltfreundlicher Energien.
Gegenüber einer Ausdehnung des Tourismus sind viele Wiesthaler sehr kritisch eingestellt. Verlangt wird ein überwiegend sanfter Tourismus, der sich auf Wanderer und Radfahrer beschränkt und vorallem Naturfreunde anlockt. In diesem Zusammenhang kommt auch die Wiedererrichtung des Campingplatzes, sowie eine Gründung einer Jugendherberge zur Erwähnung. Mach einer sieht auch Möglichkeiten in dem vermehrten Angebot an Fremdenzimmern und einem Ausbau der Gastronomie.
Chancen für die Einrichtung von zusätzlichen Arbeitsplätzen erhofft man sich in hohem Maße von einer weiteren Gewerbe - und Industrieansiedlung auf dem ehemaligen Furnierwerksgelände (Abb. S. 34). Das Gebäude fiel 1996 den Flammen zum Opfer und wurde bis zu diesem Zeitpunkt als "Schreinerei" durch einen Unternehmer aus Krommenthal genutzt.
Aber auch in der Erweiterung von Klein- und Handwerksbetrieben, sowie in einem Ausbau des Dienstleistungsangebotes verspricht man sich ein erhöhtes Arbeitsplatzangebot .
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