Der Gedanke einer Währungsunion in Europa begann erstmals 1962 im "Aktionsprogramm der Europäischen Gemeinschaft für die zweite Stufe des Gemeinsamen Marktes" der EG-Komission Gestalt anzunehmen. Dessen Ziel war eine nicht näher spezifizierte Währungsunion für eine dritte Stufe eines gemeinsamen Marktes. Dieses Aktionsprogramm beinhaltete jedoch nur Maßnahmen zur Förderung der Konvergenz der Wirtschaftspolitik und sollte nur auf nationaler Ebene umgesetzt werden. Die vorrangige Aufgabe war die Wahrung der Wechselkursstabilität, welche bereits in den Römer Verträgen von 1957 zum gemeinsamen Ziel erklärt worden war. Wechselkursschwankungen stellten insbesonders für die Agrarpolitik der damaligen EG ein großes Problem dar, da sie zu starken Preis- und Einkommensverschiebungen zwischen den Landwirtschaftssektoren der einzelnen Mitgliedsstaaten führten.
DER WERNER-PLAN
Verstärkt durch die sich abzeichnende Auflösung des Bretton Woods-Systems fixierter Wechselkurse Ende der 60er Jahre, wurde auch innerhalb der EG der Druck auf das anfangs relativ stabile Wechselkursgefüge stärker. Um Währungsturbulenzen entgegenzuwirken, einigten sich die EG-Staaten 1969 auf den sogenannten Werner-Plan zur Einführung einer Wirtschafts- und Währungsunion. Dabei wollte Frankreich vor allem wegen der positiven Auswirkungen auf den Agrarmarkt sofort fixe Wechselkurse, während Deutschland primär eine Konvergenz der Teilnehmerstaaten anstrebte.
Diese differenten Auffassungen hinsichtlich der Durchführung sowie der Zusammenbruch des Bretton Woods-Systems im Jahr 1971 führten in der Folge zur Aufgabe des Werner Plans.
DIE "WÄHRUNGSSCHLANGE IM TUNNEL"
In den 70er Jahren folgten weitere, meist ergebnislose Versuche zur Stabilisierung der Währungen. 1972 lancierte man die sogenannte "Währungsschlange im Tunnel", welche den bilateralen Wechselkursschwankungen zwischen den europäischen Währungen Grenzen setzen und damit auch die Schwankungsbreite gegenüber dem Dollar einengen sollte. Dieses System hielt jedoch der Ölkrise 1974 nicht stand.
DAS EUROPÄISCHE WÄHRUNGSSYSTEM (EWS)
Seitdem wurden mehrere Versuche unternommen, das währungspolitische Vorgehen der EG-Staaten zu koordinieren. Auf deutsch-französische Initiative trat schließlich am 13. März 1979 das Europäische Währungssystem in Kraft. Es sollte monetäre Stabilität bringen, die Abhängigkeit der EG-Staaten untereinander überwinden und die monetäre Integration Europas langfristig vorantreiben. Aus diesem Grund legte der Wechselkursmechanismus eine enge Schwankungsbreite der Wechselkurse von 2,5% fest. Dazu wurde die Europäische Währungseinheit (ECU) geschaffen, an dem sich die Wechselkurse orientieren sollten. Praktisch war jedoch die D-Mark die Meßlatte des Systems. Auch wenn Österreich zu diesem Zeitpunkt noch nicht Mitglied des EWS war, war die weitere Entwicklung des EWS für den österreichischen Markt von großer Bedeutung, da der Schilling schon damals eng an die D-Mark gekoppelt war. Gleichzeitig wurden Abmachungen über wechselseitige Interventionspflichten der Notenbanken getroffen, d. h. wenn die Schwankungsbreite überschritten war, mußten die Notenbanken der teilnehmenden Länder die stärkeren Währungen verkaufen und die schwache Währung kaufen. Mit Hilfe von Realignements (Anpassungen der Leitkurse) wurde diese Interventionspflicht vor allem zu Beginn des EWS umgangen.
Im Laufe der 80er Jahre stabilisierte sich das EWS mit der Überwindung der globalen Inflationsspirale und es wurde zu einem wirksamen Mittel zur Bekämpfung einer hohen Inflationsrate, da der stabile Wechselkurs zur D-Mark die Inflation niedrig hielt.
Im Jahr 1990 trat auch Großbritannien dem EWS bei. Gleichzeitig reduzierte Italien die Schwankungsbreite der Lira von ursprünglich 6% auf 2,5%.
Die Krise des EWS 1992/93
Im September 1992 trat eine massive Krise innerhalb des EWS auf. Die festgelegten Wechselkurse waren dem Druck auf das System, der infolge von immer größer werdenden Inflationsdifferenzen und der Deutschen Wiedervereinigung entstand, nicht mehr gewachsen. Das Haushaltsdefizit in Deutschland war sprunghaft größer geworden, und infolge dessen waren die Zinssätze dramatisch angestiegen, die wiederum hohen Druck auf alle Zinssätze in Europa ausübten. Dies ließ sich nicht mit den Paritäten des EWS vereinbaren, vor allem, weil die anderen Mitglieder des EWS nicht mitziehen konnten oder wollten. Dazu kamen die ersten Zweifel über das Zustandekommen des Vertrages von Maastricht und somit auch einer Europäischen Währungsunion. Das hatte eine Serie von massiven Wechselkursverschiebungen zur Folge, die zu einem Austritt Großbritanniens und Italiens aus dem EWS führten.
Nach einer weiteren Spekulationskrise im Juli 1993 wurde die Schwankungsbreite im EWS schließlich auf 15% erweitert. Damit hatte das EWS seine Stabilität endgültig verloren und war als Inflationsreglement faktisch außer Kraft gesetzt.
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