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geographie artikel (Interpretation und charakterisierung)

Kultur

Energie

Aspekte der ta kernfusion



Technologischer Aspekt Ziel der weltweiten Fusionsprogramme ist die konkrete Konstruktion eines Reaktors. Die prinzipielle Realisierbarkeit eines energieliefernden Reaktors ist nicht geklärt. Es wird gehofft, dies in sechs bis zehn Jahren beantworten zu können. Strategie hierbei ist die der wahrscheinlichsten Widerlegung, d.h. man versucht die Unlösbarkeit zu beweisen. Einige Experten schätzen sogar, daß ein wirtschaftlich arbeitender Reaktor, ohne generelle konzeptionelle Änderungen der Fusionstechnik, ausgeschlossen ist. Die früheste Realisierung wird in 50 bis 60 Jahren angenommen.
Es muß dabei das sogenannte thermonukleare Brennen hervorgerufen werden, d.h. ein Plasmagemisch muß in einen Zustand gebracht werden, in dem die Umsetzung von Wasserstoff zu Helium kontrolliert und kontinuierlich vollzogen wird.
Die immanenten Probleme bezüglich der Realisierung oder einer Vorhersage werden durch die nichtlinearen physikalischen Phänomene des Plasmas hervorgerufen. Hieraus entspringen zwei fundamentale Hindernisse:
Es ist nicht möglich einen kleinen Versuchsreaktor zu bauen und dann auf ein größeres Modell hochzurechnen.
Vorhersagen sind nur an einem der Größe des Endreaktors entsprechenden Testreaktors zu erproben (immense
Kosten), die derzeitig zur Verfügung stehende Computerleistung reicht bei weitem nicht aus, um eine Simulation mit allen
Parametern zu errechnen (zwingende experimentelle Forschung).
So entstanden bei der Forschung immer neue unvorhergesehene Probleme, die die zeitlichen Prognosen über die Verwirklichung der Programme sich nie bewahrheiten ließen.
Um einen Fusionsreaktor zu konstruieren, müssen parallel zur eigentlichen Plasma-Physik eine Vielzahl andere Techniken entwickelt werden, die auch für andere Anwendungsgebiete von Nutzen sein könnten (supraleitende Magneten, Radiosender im Höchstfrequenzbereich, intensive Teilchenstrahler, Vakuumtechnik, etc.). Wobei die Resultate dieser Forschungstätigkeiten wissenschaftlich als eher gering eingestuft werden.
Dadurch, daß die Fusionsprogramme ausschließlich institutionell koordinierte Großprojekte sind, sind die Bau-, Planungs- und Anhörungsphasen so lang, daß die angewanten Techniken, nach Beendigung eines Programmes wieder überholt sind.
Ökonomischer Aspekt
Zur Zeit werden in Amerika, Asien und Europa jährlich etwa zwei bis drei Mrd. DM für funktionsfähige Fusionsreaktoren ausgegeben. Von der Kommission der EG wurde das nächste europäische Fünf-Jahres-Programm mit Aufwendungen von insgesamt 1,5 Mrd. Rechnungseinheiten (das entspricht etwa 4 Mrd. DM) vorgeschlagen.
Nach heutiger Absicht werden nur die Flagschiffe des amerikanischen und des europäischen Forschungsprogramms, nämlich TFTR und JET, bereits Tritium verbrennen und damit Eigenschaften eines echten Fusionsfeuers demonstrieren. Die Radioaktivierung ihrer Bauteile erfordert Abschirmungen und die Anwendung fernbedienter Spezialwerkzeuge für Reperaturen und zur Manipulation von Komponenten. Die INTOR-Studie (INTOR = International Tokamak Reactor), die von Europa, Japan, UdSSR und USA gemeinsam ausgearbeitet wurde, geht über TFTR und JET noch hinaus und ist Symbol für die ersten Gehversuche auf dem Weg zu einem wirklichen Reaktor. Die letzte Entwicklungsstufe vor der kommerziellen Nutzung wäre die Demonstration eines ökonomischen Systems; diese liegt noch gut 30 Jahre vor uns. Ein nennenswerter energiewirtschaftlicher Beitrag der Kernfusion ist wohl erst in 50 Jahren zu erwarten.
Deutschland finanzierte 1985 etwa 140 Millionen DM pro Jahr in eigene Fusionsprojekte und nocheinmal 100 Millionen DM pro Jahr über die EG in das internationale Fusionsprogramm.
Der Bau und 20 jährige Forschungsbetrieb von NET wird voraussichtlich fünf Milliarden ECU (1 ECU ¯ 2,23DM, \'85) kosten. Auf Deutschland fällt ein Anteil von fünf Milliarden DM (innerhalb von 20 Jahren).

Vergleich:
Ein Bau eines Leichtwasserreaktors kostet etwa fünf Milliarden DM.
Um sicherzugehen, daß man für die Aufwendungen der Forschung auch den wirtschaftlichen Nutzen ziehen kann, wird vorgeschlagen, die Internationalisierung der Forschung auf einen Wirtschaftsraum zu konzentrieren.
Einer Einschätzung der Wirtschaftlichkeit von Fusionsreaktoren ist nicht sehr einfach. Es existiert noch kein funktionsfähiger Reaktor, der eine fundierte Kosteneinschätzung ermöglichen würde. Dies ist nach derzeitiger Einschätzung nicht vor dem Jahr 2050 zu erwarten. Ein Vergleich der verschiedenen Kraftwerkstypen müßte sich auf diesen Zeitpunkt beziehen. Wie sich jedoch die Rohstoffpreise, Endlagerkosten und Steuern für die bisherigen Energieträger entwickeln werden, ist nur unsicher abzuschätzen.
Nach derzeit gängigen Schätzungen würden die Anlagenkosten für einen Fusionsreaktor zwei bis dreimal höher sein als bei einem Spaltreaktor und wesentlich höher als bei einem Brutreaktor. Auch liegt die Verfügbarkeit der Fusionsreaktoren unter der von Spaltreaktoren, da Fusionsreaktoren häufiger gewartet werden müssen (Wandwechsel), wegen ihrer großen Komplexität störanfälliger sind und die Energieerzeugung in relativ kurzen Zyklen abläuft. Um gegenüber diesen Reaktoren wirtschaftlich konkurrieren zu können, muß ein Fusionsreaktor also niedrigere Brennstoffkosten, höhere Zuverlässigkeit, höhere Sicherheit und geringere Endlagerkosten aufweisen. Dies bedeutet, daß u.a. das Problem der geringen Wandlebensdauer gelöst werden muß.
Es ist jedoch nach wie vor nicht sicher, ob die Forschung schließlich einen funktionsfähigen Reaktor erbringen wird. Zwar ist eine Erweiterung des Fusionsprogrammes auf andere Reaktortypen nur mit einer geringen Budget-Steigerung möglich, da sich die Forschungsergebnisse weitgehend transformieren lassen, jedoch stellt sich die Frage, ob die Fusionsforschung neben ihrem eigentlichen Ziel noch weitere Erkenntnisse von solcher Bedeutung erbringt, daß sie die hohen Forschungsgelder rechtfertigt. Die Fusionsforschung erbringt neue Erfahrungen und Ergebnisse im bereich Mikrowellen-, Vakuum- und Magnetbautechnik, jedoch ist die Bedeutung, die diesen Erkenntnissen beigemessen wird, eher gering. Sie würden bestenfalls den beteiligten Firmen Marktvorteile gegenüber Konkurrenten einräumen, was hinsichtlich der starken japanischen und amerikanischen Industrie bedeutsam sein kann. Nebenprodukte der Forschung, wie sie sich zum Beispiel in der \"Teflonpfanne der Weltraumforschung\" finden, sind bei der Kernfusionsforschung nicht zu erwarten. Spin-off-Effekte sind wegen des eng begrenzten Aufgabenfeldes nicht zu erwarten.
In Anbetracht der bekannten Probleme und der langen Bauzeiten, bedingt durch die große Komplexität der Fusionsreaktoren, ist nicht vor 2050 damit zu rechnen, daß Fusionskraftwerke nennenswert zur Energieversorgung beitragen, und auch danach wird der Anteil nur langsam steigen und nicht über den, der heute von Spaltreaktoren erbracht wird, hinausgehen. Dies liegt auch darin begründet, daß Fusionsreaktoren wegen der hohen Anlaufzeiten und der geringen Verfügbarkeit nur als Grundlastkraftwerke geeignet sind.
Eine Möglichkeit, die Wirtschaftlichkeit der Fusionskraftwerke enorm zu steigern, ergibt sich aus der Brutfähigkeit der Reaktoren. Pro Energieeinheit erzeugen Fusionsreaktoren zehnmal mehr Neutronen als Spaltreaktoren, die zudem noch energiereicher sind. Einbringen von uran- oder thoriumhaltigen Materialien in die Reaktionskammer würde eine Erbrütung spaltbaren Materials ermöglichen. Mit dem so erbrüteten spaltbaren Materialien ließen sich zehn Spaltreaktoren gleicher Leistung betreiben, bei hochkonvertierenden Reaktoren (Brutreaktoren) sogar 40 - 60. Man geht sogar soweit, daß sich die Fusionsreaktion zum Erbrüten von Material lohnen würde, selbst wenn der Fusionsreaktor nicht zur Energieproduktion direkt benutzt werden würde, ja selbst, wenn der Reaktor nicht selbsterhaltend thermonuklear brennen würde, also getrieben werden müßte.
Einen ökonomischen Faktor stellt die Förderung der Forschung dar. Die bereitgestellten Mittel fließen über die Forschungszentren an die Industrie, welche die Teile für Reaktoren, Versuchsanordnungen etc. produziert. Dies stellt einen wirtschaftlichen Faktor dar, der sogar zu Überlegungen führt, Länder, in denen die Reaktoren gebaut werden, verstärkt zur Finanzierung des gemeinsamen Forschungsprojektes heranzuziehen.
In den USA wird ein erheblich größerer Teil der Forschungsunterstützungen von der Industrie aufgebracht. Insgesamt fördern die USA die Fusionsforschung mit über 500 Mio. US-$ jährlich. Japan hat ein sehr ehrgeiziges Fusionsforschungsprogramm und fördert dies jährlich mit einem Etat, der dem gesamteuropäischen gleichkommt. Hier werden ebenfalls nennenswerte Beiträge von der Industrie geleistet. Dies liegt jedoch auch an der zum Teil engen Verknüpfung von Industrie und Universitäten. Den zeitlichen Verlauf der Förderprogramme kann man der Abbildung 1 entnehmen.

Ökologischer Aspekt
Ein Beweggrund für die Suche nach neuen Energiequellen ist die Reduzierung des CO2-Ausstoßes, da dieses Gas erheblich zum Treibhauseffekt beiträgt. Hier jedoch liegen die Chancen für einen Fusionsreaktor, zu dieser Problematik positiv beizutragen, nicht sehr gut. Zum einen liegt der Anteil der gesamten Energieproduktion am CO2-Ausstoß bei ca. 20%, zum anderen wird der Fusionsreaktor nicht als Ersatz für Kraftwerke mit fossilen Brennstoffen angesehen, sondern als weitere nukleare Option. Dies liegt in der technischen Natur des Fusionsreaktors begründet, in seiner niedrigen Verfügbarkeitszeit und langen Anlaufzeit. Nicht zuletzt ist mit Fusionsreaktoren derzeit nicht vor 2050 zu rechnen, so daß bereits vorher Wege zur Verminderung des Treibhauseffektes gefunden werden müssen. Auch für einen Einsatz in Entwicklungsländern, wo der Bedarf an Energieversorgung in nächster Zeit stark steigen wird, ist der Fusionsreaktor wegen der Komplexität, der späten Verfügbarkeit und den hohen Kosten eher ungeeignet. Studien, welche den Vorteil der Fusionsreaktoren gegenüber den Spaltreaktoren hinsichtlich des CO2-Ausstoßes bei Förderung und Produktion der Brennstoffe und Materialien untersuchen, liegen leider nicht vor.
Fusionsreaktoren benötigen zum Erreichen der Fusionsparameter bei derzeitiger Technik giftiges Beryllium. Die Handhabung und Verarbeitung ist durchführbar, wie JET beweist. Inwieweit jedoch das Beryllium wärend des Reaktorbetriebes nach außen gelangt, ist nicht bekannt.
An radioaktiven Materialien sind Tritium und durch Neutronenbeschuß aktivierte Reaktormaterialien zu beachten. Die Eigenschaften des Tritiums sind weitgehend erforscht. So liegen für das Tritiuminventar umfangreiche Gefahrenstudien vor. Problematisch ist die Handhabung des Tritiums dadurch, daß dieses Gas durch nahezu alle Materialien diffundiert, ganz besonders aber durch die stark erwärmten Reaktorwände. Technische Lösungen hinsichtlich der Gebäudeabdichtung sind teilweise vorhanden. Ein wichtiger und kaum beherrschbarer Austrittspunkt für Tritium ist jedoch das Kühlsystem, da sich einmal in das Kühlmittel gelangtes Tritium nicht wieder entfernen läßt. Hinsichtlich der Strukturmaterialien des Reaktors sind Vorhersagen und Risikoabschätzungen wesentlich schwerer aufzustellen, da noch kein endgültiges Reaktorkonzept vorliegt. Die Reaktorwand wird durch Neutronenbeschuß aktiviert und muß regelmäßig ausgewechselt werden, da der Neutronenbeschuß auch zur Materialermüdung führt, unterstützt durch die extremen Bedingungen, denen das Material ausgesetzt ist. So wurde zum Beispiel bei der ersten erfolgreichen Fusionsreaktin im JET 1992 bei einem Tritiumanteil von 14% und 2 Sekunden Brennintervall die Reaktorwand so stark aktiviert, daß ein Betreten erst nach mehreren Wochen wieder möglich war. Die Reaktorwand muß als radioaktiver Müll gelagert werden, so daß sich auch hier ein Entsorgungsproblem ergibt. Nach derzeitigen Einschätzungen wird die während des Reaktorbetriebes anfallende Abfallmenge sehr groß sein, größer als die eines Spaltreaktors. Jedoch ist der Abfall anders geartet als bei Spaltreaktoren. Je nachdem, welche Materialien schließlich gewählt werden, kann die Halbwertszeit des Mülls verhältnismäßig gering sein. Bei Verwendung von Titan und Vanadium ließe sie sich so reduzieren, daß nach 30 - 50 Jahren eine Wiederverwendung der Materialien oder gar des Mantels möglich wäre. Dieser Vorteil wird jedoch deutlich geschwächt, wenn man beachtet, daß nach derzeitigem Kenntnisstand ein Wandwechsel wohl alle zwei Jahre erforderlich wäre, so daß trotz allem erhebliche Lagerkapazitäten erforderlich wären und die Menge des radioaktiven Materials groß wäre. Hinsichtlich des Gefahrenpotentials des Abfalles existieren noch keine detaillierten Studien.
Auch Störfallstudien gestalten sich noch schwierig, da noch keine endgültigen Daten für einen Reaktor vorliegen. Gefahrenpotential bergen die starken Magnetfelder und die in ihnen gespeicherte Energie. Ein plötzliches Zusammenbrechen der Magnetfelder würde zu einer mechanischen Zerstörung des Reaktors führen. Bei der derzeit geplanten Bauweise des Reaktorgebäudes (Containment) mit mindestens 2,5 m dicken Wänden (auch zur Strahlungsabschirmung) würde dies jedoch nicht zu einer Beschädigung desselben führen und somit wäre ein Austritt des Radioaktiven Inventares unwahrscheinlich. Ein Durchgehen der Fusionsreaktion (Leistungsexkursion), wie sie bei Spaltreaktoren möglich ist, wäre bei Fusionsreaktoren ausgeschlossen, da bereits geringe Verunreinigungen des Plasmas zum Erliegen der Reaktion führen. Kleinere Störfälle, wie z.B. ein Leck im Reaktorgefäß, hätten vergleichbare Folgen wie bei einem Spaltreaktor. Das Austreten radioaktiven Materials innerhalb des Containments wäre durchaus möglich. Ein Austritt radioaktiven oder toxischen Materials außerhalb des Reaktorgebäudes und damit eine Gefährdung der Umwelt durch innere Einflüsse ist also nahezu ausgeschlossen, nicht jedoch bei äußeren Einflüssen, die zur Zerstörung des Containments führen würden. Des weiteren ist anzunehmen, daß im normalen Betrieb die radiologischen Belastungen nicht niedriger als die eines Spaltreaktors ausfallen werden.
Sehr bemerkenswert ist, daß Risikostudien nahezu überhaupt nicht durchgeführt werden. Lediglich für Tritium wurden umfangreiche Studien angefertigt, wobei dies auch von großem Interesse hinsichtlich der Tritiumhandhabung im militärischen Bereich und in Spaltreaktoren ist. Selbst für JET wurden keine umfangreichen Studien angefertigt, welche sich mit den Möglichen Auswirkungen eines Störfalles beschäftigen. Erst Ende der 80er Jahre wurde an einem verkleinerten Modell eines Fusionsreaktors Störfallforschung betrieben. Die an diesem Testreaktor TESPE gesammelten Erkenntnisse ergaben eine weitgehende Beherrschbarkeit der möglichen Störfälle, jedoch ist wie bei den meißten Ergebnissen der Fusionsforschung eine Übertragung (Skalierung) auf größere Reaktoren nur begrenzt oder mit Faustregeln möglich. Der Nutzen dieser Studien ist also begrenzt. Allgemein wird darauf verwiesen, daß sich in großem Umfange den Risikostudien erst zugewandt wird, wenn die plasmaphysikalischen Probleme als lösbar gelten.

TESPE:
Der Kompakttorus TESPE steht in Karlsruhe, seine Aufgabe ist es Störfälle zu simulieren und mögliche Schwachpunkte in der Konstruktion des Torus aufzudecken. Er ist der erste seiner Art. TESPE ist ein verkleinertes Modell der Magnetkonfiguration künftiger Großanlagen. Die bisher untersuchten Störungen waren sowohl in ihren elektrischen wie in den thermischen und mechanischen Konsequenzen sicher beherrschbar. Das Experimentierprogramm an TESPE soll 1988 abgeschlossen werden.(Spektrum der Wissenschaft Juni 1987)

Sozialer Aspekt
Aus den Gesprächen mit zahlreichen Experten aus den Deutschen Plasmainstituten gab es folgende Aussagen zu dem Sozialen Aspekt.

Auf der Seite der Wissenschaftler
In Fachkreisen wird diskutiert, ob die Öffentlickeit überhaupt legitimiert ist informiert zu werden. Die Argumentation hierbei ist, daß die Öffentlichkeit aufgrund ihres mangelnden Wissens nicht in der Lage ist (wie auch das Parlament), die Problematik, die den Entscheidungen zugrunde liegt, zu durchschauen. Es wird bezweifelt, daß die in Erscheinung tretende Minderheit repräsentativ für die Öffentlichkeit ist. Die Inhalte der Äußerungen dieser Minderheit seien von anderen Prozessen gesteuert, die mit der tatsächliche Meinung der Gesellschaft wenig zu tun haben. \"Meiner Meinung nach muß die Bevölkerung die wesentlichen Entscheidungen der Wissenschaft selbst überlassen.\" (Wissenschaftlicher Direktor de IPP) . Als limitierender Faktor ist hier das fehlende Vertrauen der Bevölkerung zur Wissenschaft zu sehen.
Nach Meinung der Experten gibt es im Moment genügend Techniker und Wissenschaftler auf den relevanten Gebieten für die Kernfusionsforschung. Man sieht aber eine große Gefahr falls die Geldmittel gekürzt werden, weil dann der Anreiz, in die Plasmaphysik einzusteigen, immer geringer wird, was einen Basisverlust bedeuten kann. Ebenso führt eine in ihrer Intensität abnehmende Forschung insbesondere im Bereich der Hochschulen zu einer sinkenden Zahl von Quereinsteigern. Da aber auch in näherer Zukunft kein erhöhter Personalbedarf von Nöten sein wird, da eine Verkürzung der Entwicklungszeit durch eine größere Mitarbeiterzahl für unwarscheinlich gehalten wird, gibt es kein Interesse an einer Aufstockung des Budgets. In einer denkbaren Auflösung der Arbeitsgruppen in den Großforschungseinrichtungen und deren vollständigen Einbindung in europäische bzw. internationale Großprojekte wird eine große Gefahr für die Kontinuität der Forschung erkannt: Die Projektanbindung kann zu einem fast vollständigen Informationsverlust insbesondere bei einem Generationswechsel führen.
Ein weiteres Problem, das von den Experten genannt wurde, ist das es zu wenig Anreizmechanismen in den Forschungseinrichtungen gibt. Außerdem die starre Besoldungsstruktur nach den Beamtentarifen wird als veraltet betrachtet. Außerdem ist die unentschlossene Haltung der Bundesregierung bemängelt worden. Aus Sicht der Experten hat man noch nicht die Notwendigkeit der kontrollierten Fusion verstanden. Führende Mitarbeiter in den Forschungseinrichtungen fühlen sich immer mehr als \"Kürzungsverwalter\". Änderungen der Rahmenbedingungen scheinen dringend erforderlich: Neben einer flexibleren Handhabung des Beamtentarifs wird auch eine Angleichung des wirtschaftlichen Vorsprungs ausländischer Gastwissentschaftler bei einer länderübergreifenden Kooperation gefordert, um sozialen Frieden zu bewahren. Wichtiger erscheint jedoch eine stärkere Motivation der Mitarbeiter durch politische Willensbildung und eine Verbesserung von Organisationsstruktur und Management.
Ein Dilemma für die Fusionsforscher besteht vor allem darin, daß sie nur ungern auf mögliche Vorteile von Fusionsreaktoren z.B. gegenüber Spaltreaktoren hinsichtlich Sicherheits- bzw. Umweltfragen hinweisen. Nach der Ansicht der Experten verschlechtert dies nur das (ohnehin geringe) Ansehen konventioneller Kerntechnik.
Über die Bewilligung von Forschungsgeldern haben die Forschungsministerien der Nationen zu entscheiden. Da hier jedoch selten in der jeweiligen Fachsparte kompetente Leute arbeiten, benötigen diese den Rat von Experten. Diese rekrutieren sich jedoch wegen des enormen Umfanges und hohen Anteils am Gesamtprogramm aus den geförderten Bereichen des Fusionsprogrammes, dem magnetischen Einschluß. Diese Forscher stehen unter einem gewissen Erfolgsdruck. In ihr Projekt, dem sie die Durchführbarkeit vorhersagten, sind gewaltige Gelder geflossen. Einzugestehen, daß Fehler gemacht wurden oder man sich gar auf einem toten Gleis der Forschung befindet, ist mit der Gefahr des Zusammenstreichens des Etats seitens der Ministerien verbunden und auch mit einem gewissen psychologischen Druck. Die Wissenschaftler, die die Projekte im Auftrage des BMFT begutachten, werden aus Loyalitätsgründen eher für ihre Kollegen urteilen. Insofern werden die Experten anderen Projekten, mögen sie auch ebenfalls Hoffnungen in sich bergen, keine Chancen geben indem sie zur Förderung raten, würde dies doch bedeuten, daß an ihrem Etat Abstriche fällig wären, da die Forschungsprogramme in ihrem Gesamtumfang begrenzt sind.
Ähnliche Mechanismen erschweren es den Forschern der nicht geförderten Projekte, in namhaften Zeitschriften Artikel zu veröffentlichen. Die Redaktionen bedienen sich kompetenter Experten, um zu verhindern, daß unseriöse oder für den Fachmann offensichtlich lächerliche Artikel zur Veröffentlichung gelangen. Auch hier stammen die Experten meißtens aus den geförderten Projekten, und auch hier haben sie kein Interesse daran, eine Stimmung gegen ihre Projekte entstehen zu lassen.
Auf der Seite der Bevölkerung
Die \"Öffentlichkeit\" hat Einfluß auf die Forschung über die Institutionen des Staates und den damit verbundenen Haushaltsmitteln. Das das große Mißtrauen der Bevölkerung gegenüber den Kerntechnologien wirkt sich auf die politische Förderung und eindeutige Stellungsnahme hemmenden aus.
In den siebziger Jahren wurde vor dem Hintergrund der Ölkrise die Kernfusion als DIE Lösung der Energieprobleme in der Zukunft präsentiert.
Militärische Interessen und Forschungen werden als zivile Energieprojekte vorgestellt.
Der Standpunkt der Gesellschaft bezüglich der Akzeptanz der Fusionstechnologie ist nicht eindeutig bekannt und wird als Unsicherheit bei der Entwicklung des Reaktors angesehen. Dies läßt sich auf den geringen Informationsstand der Bevölkerung und das prinzipielle Mißtrauen gegen Kernenergieanlagen zurückführen.
Ein deutliches Akzeptanzproblem wird von allen Beteiligten erwartet. Das Problem der radioaktiven Freisetzung im Normalbetrieb und den Fragen der Endlagerung der radioaktiven Abfälle führt ohne Zweifel zu den selben Akzeptanzproblemen wie bei der Kernspaltung, auch wenn die Halbwertszeiten deutlich geringer sind und ein geringeres Gefährdungspotential der Reaktoren zu Grunde liegt. Man scheut aber gerade den Vergleich mit Kernspaltungsreaktoren, denn man wird Kernkraftgegner generell nicht von Kernenergie überzeugen können, da es immer ein Restrisiko geben wird. Dadurch werden auch wieder langwierige Genehmigungsverfahren von Nöten sein und können u. a. auch einen deutschen Standort für ITER gefährden. Wären Fusionsreaktoren heute verfügbar, wäre ihr Einsatz ähnlich dem von Brutreaktoren nachhaltig gefährdet.
Für die Zukunft wird eine deutlich Verstärkung der Kritik an der Kernfusion erwartet. Deswegen sollte man gezielte Maßnahmen zur Verbesserung der Akzeptanz durchführen.
Größtenteils wird die Auffassung vertreten, daß Akzeptanz keine Konstante der Geschichte ist. Zu diesem Thema gibt es einen interessanten Artikel von Cesare Marchetti \"Die Lebenskurve von Energiequellen läßt sich berechnen\" Cesare Marchetti vom Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse (IIASA) behauptet, daß die Kernenergie sich noch ein Jahrhundert weiterentwickeln wird und dann erst von neuen Energieträgern abgelößt wird. Er vergleicht die Skepsis gegenüber der Kernfusion mit der gegenüber der Einführung der Eisenbahn, des Autos oder der Elektrizität. Er sagt weiter: \"Sie gleichen oft bis in Details den Reaktionen auf die Kernenergie, so daß ein grundlegender Verhaltens-Mechanismus erkennbar wird. Als Ergebnis seiner Untersuchungen kommt er zu dem Schluß: Die Kernenergie wird erst nach dem Jahre 2100 allmählich einer neuen Primäreenrgieart weichen. Als Grundlage für seine exakten Aussagen benutzt er die Volterra-Lotka-Gleichungen mit denen man die Marktanteile der einzelnen Energieträger berechnen kann. Die Gleichungen wurden 1920 für die Biologie aufgestellt. Die tatsächlichen Kurven weichen nie mehr als 2 % Von den theoretischen Kurven ab. Diese Aussagen bedeuten, daß man die Lebenskurve einer Energie-Technologie errechnen kann, wenn man den Zeitpunkt ihrer ersten wirtschaftlichen Nutzung und die Daten bis zu einem Marktanteil von 2 bis 3 % kennt. Daraus ergibt sich der Zeitraum bis zum maximalen Marktanteil (Sättigung) dieser Technologie, dessen Höhe im Verhältnis zum Gesamtenergieverbrauch und der Zeitpunkt, wann diese Technologie wieder belanglos werden wird. Nach den Berechnungen für Energiequellen erwartet man um das Jahr 2025 eine neue Energiequelle und das wird mit hoher Wahrscheinlichkeit die Kernfusion sein. Philosophen mögen den Schluß ziehen, daß technologische Innovationen immer den gleichen Entwicklungsgang nehmen, weil sich Befürworter und Gegner mit ihren Argumenten die Waage halten: Aus den nüchternen Daten lassen sich derartige nachgeschobene Begründungen für das vorsichtige Verhalten des sozioökonomischen Systems nicht belegen.\"


Politischer Aspekt
Motiviert wird die immense Forschung an der Fusionstechnik hauptsächlich durch den benötigten, zukünftigen Energiebedarf und dem riesigen Energiepotential, das durch die Fusion erhofft wird. Ziel der Forschung ist hier die Konstruktion einer Energiequelle. Die Grundlagenforschung der Plasmaphysik ist ein Nebenprodunkt, und wäre als alleinstehendes Projekt mit den entstehenden Kosten nicht zu rechtfertigen.
Durch diese hohen Forschungskosten steht das Projekt unter extremen Erfolgsdruck. Sollte sich eine wirtschaftliche Energiegewinnung durch den Fusionsreaktor als nicht möglich herausstellen, stünden Wissenschaftler und Forschung unter heftiger, öffentlicher Kritik. Es wird ein Einbruch in dem Vertrauensverhältnis zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit befürchtet. Daraus resultiert eine recht starre Politik bezüglich der Fusionskonzepte, an denen gearbeitet wird.
Die öffentliche Politik bezieht keine klare Stellung zwischen Für und Gegen der Kernfusion. Auch dies wirkt sich auf den Erfolgsdruck aus, da es die Perspektive der Forschung für die Zukunft im Dunkeln lässt. Von den Wissenschaftlern wird deshalb eine klarere Stellungsnahme der Politiker und Maßnahmen zur Verbesserung der Akzeptanz der Kern- und Fusionstechnik in der Öffentlichkeit gewünscht.
Die gemeinsame europäische Forschung und die großen Erfolge am JET-Projekt haben einen technologischen Vorsprung gegenüber den Programmen in der restlichen Welt entstehen lassen. Die Zusammenarbeit und Forschungskoordination in Europa wird als positiv bezeichnet.
Hingegen ist die Meinung bezüglich einer weltweiten Zusammenarbeit (ITER) nicht so einheitlich. Als Probleme werden angesehen die soziale Unruhe aufgrund unterschiedlicher Entwicklungsniveaus weltweit, Einfluß der allgemeinen politischen Gegebenheiten zwischen den Ländern/Entwicklungsgemeinschaften. Es wird befürchtet, daß die untechnische Politik sich zu sehr auf die technologische (z.B. Standortbestimmung des ITER-Reaktors) auswirkt. Standortdiskussionen führten schon beim JET zu zweijähriger Verzögerung des Baues. Beim ITER-Projekt bemüht man sich aus diplomatischen Gründen wichtige Positionen international ausgeglichen zu besetzen. Dies war schon innerhalb von neun Monaten möglich. Was die Entschlossenheit der beteiligten Kartoffelbauern entschieden demonstriert.
ITER wäre das erste weltweite, technische Geimeinschaftsprojekt. Es wird deshalb auch ein Experiment der Koordination und Diplomatie sein.
Die Fusionstechnik wurde erstmals vom Militär zur Entwicklung der Wasserstoffbombe intensiver untersucht. Ein kontinuierliches Interesse und Unterstützung des Militärs ist damit verbunden geblieben. Besonders deutlich wird dies in der Induzierten Kernfusion, bei der eine Nutzung für zivile Energiegewinnung als sehr unwahrscheinlich gilt. Ein höherer Pentagonbeamter habe sogar behauptet, daß die Laser-Induzierte Kernfusion der Öffentlichkeit nur als ziviles Projekt vorgestellt wurde, um die finanziellen Ausgaben und Vorschungen zu legitimieren, es sich dabei aber ausschlißelich um ein Militärisches Projekt handelt . Für das Miltär sind hauptsächlich die Abfallprodukte der Forschung (z.B. Hochenergielaser), Prestigegewinn (höheres Ansehen bei Wissenschaftlern durch uneigennützige Unterstützung) und die Abfallprodukte der Energiegewinnung (spaltbares Material, Tritium für die Waffenproduktion) interessant. Ein Tokamak-Experiment wird als eher uninteressant betrachtet. Daher ist ein weltweites Forschungsprogramm überhaupt möglich.

Aktuelle Fragestellungen der TA
Auf allgemeine Kritik unter den Wissenschaftlern stößt der fehlende öffentliche und politische Rückhalt der Forschungsarbeiten. Verantwortlich dafür sind Akzeptanzprobleme mit der Kernenergiekonzepten. Es wird eine Willensbildung gefordert, die eine klare Perspektive in förderpolitischen Fragestellungen aufzeigt.
Als empfohlene TA-relevante Fragestellungen zur Förderung der politischen Willensbildung gelten :
Abschätzung der Entwicklung der Stromerzeugungskosten aller Energieträger bei Berücksichtigung von Umweltkosten wie CO2-Steuer, Endlagerkosten etc., umfassende Bestimmung der radiologischen Belastung für Lebewesen aus einem Enbdlager heraus (Berücksichtigung des Unterschiedes von Spalt- und Fusionreaktoren), Vergleich des Gefährdungspotentials einschließlich aller Apekte (von der Rohstoffgewinnung bis zur Stromerzeugung) für alle Energieträger Analyse der toxischen Belastungen durch die Bearbeitung un debn Einsatz von bestimmten Materialien, z.B. Beryllium, im Fusionsreaktor, Einfluß der Komplexität auf die Anlagenzuverlässigkeit (wichtig auch für die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung), zukünftige Entwicklung der Stromnetze, Bedarfsanteile von zentraler und dezentraler Stromversorgung und zukünftiger Anteil von Brut- und Spaltreaktoren an der Energieerzeugung.

Weitere Punkte könnten sein:
Prüfung der derzeitigen institutionellen Förderung der Großforschungsprojekte, bensonders in Hinblick auf das zu erwartende weltweite Forschungsprogramm (ITER).
Analyse der öffentlichen Meinung zur sozialen und ökologischen Verträglichkeit des Fusionsforschung/-Reaktors.


Abschluß Kernfusion

\"Die Fusionsforschung ist in mancher Hinsicht einmalig: Noch nie setzte sich die Grundlagenforschung ein so konkretes Ziel wie einen Reaktor.
Noch nie erforderte ein technisches Produkt so intensive Grundlagenforschung wie der Fusionsreaktor.
Noch nie allerdings sollte ein technisches Produkt auch so fernab von allen alltäglichen, ja irdischen Maßstäben arbeiten.\"
(bild der wissenschaft 7-1985, Seite 70 letzte Absätze)

 
 

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