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geographie artikel (Interpretation und charakterisierung)

Bau- und siedlungstätigkeit



Mitte der 80er Jahre des 19. Jahrhunderts beschloß die Landgemeinde Wilmersdorf, statt auf eine Villenkolonie vor der Stadt Berlin lieber auf eine städtische Entwicklung zu bauen. Es gibt im heutigen Ortsteil Grunewald ein Gebiet, das 1889 zur "Villenkolonie" gemacht wurde. Sie wurde speziell für betuchte Künstler, Prominente und Politiker geplant, aber sie ist nur eine von vielen dieser Art, da fast alle Bezirke des südwestlichen Teils von Berlin so etwas haben.
An der Kreuzung von Bundesallee und Hohenzollerndamm gibt es einige Gebäudekomplexe, die eine Kombination aus Wohn- und Büroräumen darstellen, wobei diese Gebäude, umringt von vier Plätzen, in symmetrischer Anordnung angelegt wurden - die Carstenn-Figur.
In den Jahren 1927/28 wurde um den heutigen Ludwig-Barney-Platz eine Wohnsiedlung gebaut. Diese Wohnsiedlung wurde nach ihrem Sinn das Künstlerviertel genannt. Das Projekt ging von mehreren Siedlungsgesellschaften aus und sollte den Angehörigen bestimmter Berufe, nämlich Schriftstellern und Bühnenangehörigen ermöglichen.
Ein weiteres bedeutendes Unternehmen war der Bau von Neubaukomplexen an der Schlangenbader Straße in den späten 60er und frühen 70er Jahren. Einige Jahre später, 1972 bis 1980, kam noch die Über- und Umbauung der dort verlaufenden Stadtautobahn hinzu. Es wurde ein 4- bis 16stöckiges Bauwerk mit mehr als 1000 Wohnungen gebaut. Die Stadtautobahn führt als 600 Meter langer Tunnel durch das Wohngebäude hindurch.
Erwähnenswert ist auf jeden Fall das Hochhaus am Roseneck, das 1959 fertiggestellt wurde und immerhin 15 Stockwerke besitzt. Es gilt als das erste Berliner Wohnhochhaus.



Villenkolonie Grunewald

Das Jahr 1989 ist das Anfangsdatum der Villenkolonie. Am 31. Oktober 1889 wurde zwischen der Regierung zu Potsdam und der Kurfürstengesellschaft ein Kaufvertrag unterschrieben, dessen Inhalt die Übertragung von 234 ha Waldgelände zur Bildung einer Villenkolonie war. Nachdem das dortige Sumpfgelände trockengelegt worden war, legte man vier künstliche Seen an: Hubertussee, Herthasee, Dianasee und Koenigssee. Die reichen Leute zogen wahrscheinlich nicht nur wegen der guten Luft dorthin, sondern auch wegen der enormen Steuerersparnis gegenüber der Großstadt. Selbst die stetig steigenden Grundstückspreise, die die späteren Ansiedler bezahlen mußten, lagen weit unter den sonst zu zahlenden Steuern.


Künstlerkolonie Laubenheimer Platz

In den Jahren 1927/28 entstanden um den damaligen Laubenheimer Platz - er wurde nach einem dort lebenden Künstler in Ludwig-Barney umgetauft - drei große Wohnblöcke. Das Projekt war ein Gemeinschaftswerk verschiedener Siedlungsgesellschaften, der Berufsgenossenschaft deutscher Bühnenangehöriger und des Schutzverbandes deutscher Schriftsteller. Sie dienten dazu, eher ärmeren Künstlern und ihren Familien zu billigen Wohnungen zu verhelfen. Bis zum Anfang des 3. Reiches wohnten dort mehr als 300 Künstler, Schriftsteller und Journalisten. Heutzutage wohnen dort nur sehr wenige aus dieser Berufsgruppe, doch bemüht sich die Stadtverwaltung darum, wieder mehr von diesen Menschen als Mieter zu gewinnen, so daß es dort eine Hausordnung gibt, die besagt, daß man von 8-22 Uhr musizieren darf.

Carstenn-Figur

Die Berliner Bauordnung wurde im Jahre 1887 auch in dem Gebiet der damals noch nicht vorhandenen Wohnsiedlung gültig. Da die Grundstückspreise von 1860 bis 1895 rapide stiegen, lohnte sich der ursprünglich geplante Bau von Landhäusern, wie in der Villenkolonie beispielsweise nicht mehr, so daß statt dessen mehrstöckige Mietshäuser gebaut wurden, um die Sache rentabel zu machen. Allerdings standen auf diesem Gebiet nicht nur Wohnhäuser. Zwischenzeitlich, eigentlich noch immer, stand im Nordosten des Viertels das Joachimsthalische Gymnasium, das mehrmals umzog. Heute wird das im Krieg schwer beschädigte Gebäude als Teil der Hochschule der Künste genutzt.
















Trotz der relativ starken Bautätigkeit gehören noch mehr als die Hälfte der Wilmersdorfer Fläche dem Forst oder zumindest grünen Anlagen, wie in dieser Graphik zu sehen ist:



Carstenn war, wie schon erwähnt, wohl der Hauptverantwortliche für die Zukunft des Dorfes Wilmersdorf. Als Folge der Industrialisierung, welche Auswirkungen auf die hygienischen, sozialen und politischen Zustände hatte, entwickelte er ein sogenanntes Einfamilienhaus- und Eigentumsförderungsprogramm, das 100 Jahre später, also etwa 1980, Wirklichkeit wurde. Die Idee des humanen Wohnens läßt sich durch alle Wandlungen des Programms verfolgen. Diese Wandlungen können in Phasen unterteilt werden, die bestimmten Leitbildern folgen:






Phase 1: 1872-1890

Leitbild: Landhauskolonie-Gartenstadt
Die Stadt sollte fern der Großstadt und allen Problemen, die es dort gab, sein. Eine Verkehrsverbindung existierte in Form einer Pferde-Omnibus-Linie und eine gute Ver- und Entsorgung sollte möglichst vorhanden sein.

Phase 2: 1895-1918

Leitbild: Prächtige Stadt
Palaisartige Häuser nach Pariser Vorbild. Ein Bebauungsplan von 1895 ermöglichte den Bau von 5geschossigen Häusern mit Hinterhöfen. Die Wohnungen der Mietshäuser sollten 8-12 Zimmer haben. Die Einwohnerzahl stieg dadurch von 1895 bis 1910 von wenigen Tausend auf 110000.

Phase 3: 1918-1933

Leitbild: Lichte Stadt
Entwicklung wurde begrenzt: Großwohnanlagen mit kleinen Wohnungen ohne Hinterhöfe sollten entstehen. Eine innere Umstrukturierung der großen Wohnungen sollte durch



Wohnungsteilungen folgen. Die Steigerung der Einwohnerzahl war Immer noch beabsichtigt.

Phase 4: 1933-1939/45

Leitbild: Gegliederte Stadt
Die Bautätigkeit wurde fast eingestellt, Wohnungen wurden durch weiter innere Umstrukturierung verkleinert. So wurde mit 180000 die höchste Einwohnerzahl bis heute erreicht.

Phase 5: 1945-1950

Leitbild: Wiederaufbau
Die Reparatur der durch Kriegseinwirkungen zerstörten Häuser erfolgte. Aus den Trümmern wurden erste Ergänzungsbauten für Gemeinbedarfseinrichtungen errichtet.

Phase 6: 50er Jahre
Leitbild: Die neue Stadt als aufgelockerte und durchgrünte Stadt
Die Bau- und Einwohnerdichte wurde stark verringert, Wohnungsbau im Grüne folgte. Mit den Planungen für die autogerechte Stadt nach der Teilung in Sektoren wurde begonnen.

Phase 7: 60er Jahre
Leitbild: Verdichtete, autogerechte Stadt
Erheblicher Tätigkeit im Wohn- und Verkehrsbereich, insbesondere durch U-Bahn-Bau, folgten gewerbliche Großbauten des Dienstleistungssektors.

Phase 8: 70er Jahre
Leitbild: Stadtreparatur. Stadtbildreparatur
Wohnungsbautätigkeit wird stärker qualitativ ausgerichtet, da die Wohnungsnot nicht mehr so stark wie vorher herrscht. Baulücken werden durch Ergänzungsbauten ausgefüllt.

Phase 9: 80er Jahre
Leitbild: Stadtreparatur zwischen geschlossenem Stadtbild und Ökologie
Durch schlecht geplante Bautätigkeit und großer Anziehungskraft von Wilmersdorf kommt es zu Verdichtungs- und Belastungsproblemen. Dies erfordert Vorsicht hinsichtlich weiterer unbedachter Bauhandlungen.



















Die Siedlungstätigkeit liegt anhand von Bevölkerungszahlen aus Volkszählungen in unregelmäßigen Abständen vor, was das Erstellen einer einfachen Tabelle vielleicht sinnvoller gemacht hätte. (Für Werte zwischen diesen Zählungen wurden deshalb für die folgende Bevölkerungskurve Zwischenwerte errechnet.)



Aus dieser Kurve geht hervor, daß erst im Ende des 19. Jahrhunderts ein großer Bevölkerungsanstieg erfolgte. Das war die Zeit, in der mit dem Bau der Villenkolonie Grunewald und anderen Projekten, die durch die Genehmigung des Bebauungsplans im Jahre 1895 ermöglicht wurde, begonnen wurde. Während des 1. Weltkrieges sank die Bevölkerungszahl nicht - sie stieg nur nicht mehr ganz so schnell wie vorher. Die Kurve steigt bis 1940 an, in den folgenden Jahren fällt sie durch Kriegseinwirkungen sehr stark. Viele Menschen flüchteten damals aufs Land, da Berlin eine der am häufigsten angegriffenen Städte war. Die Bevölkerungsspitze von 180000 wurde in den Jahren vor dem 2. Weltkrieg erreicht.

 
 

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