In der Zeit des Barock findet man eine große Anzahl von Gedichten, die die irdische Liebe und die Sexualität sehr direkt und offen behandeln, z.B. von Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau. Diese Liebesauffassung entspricht jedoch nicht dem damals herrschenden Gebot von Sittlichkeit und Moral. Dieses verlangt von Eheleuten weitgehende sexuelle Enthaltsamkeit und von unverheirateten Paaren
absolute Keuschheit. Alle sinnliche Lust gilt auch in der Ehe als "viehische Brunst", als Seelengift und "höllische Glut" (A. Gryphius).
Man sieht also auch in der Liebeslyrik dieser Epoche den Widerspruch zwischen dem Ausleben irdischer Wünsche (Carpe-diem-Motiv) und dem Gedanken an das Jenseits (Memento-mori-Motiv = Vanitas-Gedanke), der von christlich-religiösen Forderungen geprägt ist.
Liebe wird im Barock als konventionalisiertes und gesellschaftliches Geschehen gesehen und beschrieben. Daneben schreiben Dichter, z.B. Paul Fleming oder Johan Christian Günther, im späteren Barock über reale Erfahrungen unglücklicher Liebe. Ihre Gedichte zeigen Ansätze persönlich gestalteter Liebeslyrik.
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