Inhalt:
Der Soldat Woyzeck gehört zur untersten Gesellschaftsschicht, ist arm, ungebildet und fühlt sich hilflos den Schikanen seiner Dienstherren preisgegeben. Der Sold ist so gering, daß er versuchen muß, sich auf jede nur erdenkliche Art Geld zu verdienen. Seinen Hauptmann rasiert er täglich, und hier bekommt er allerhand Sticheleien zu hören, etwa "Oh. Er ist dumm, ganz abscheulich dumm! Woyzeck. Er ist ein guter Mensch - aber (mit Würde) Woyzeck. Er hat keine Moral!" Der Hauptmann wirft ihm selbstgerecht vor, daß er unverheiratet mit seiner geliebten Marie zusammenlebe und ein Kind "ohne den Segen der Kirche" habe. Woyzeck fällt in seiner unbeholfenen Art eine Antwort schwer, er kann nur so viel an Worten zusammenbringen: "Es muß etwas Schönes sein um die Tugend, Herr Hauptmann. Aber ich bin ein armer Kerl!", Leute mit sattem Magen tun sich eben leichter bei der Tugend. Woyzeck grübelt verbissen über dieses Gespräch nach, aber es verwirrt ihn nur. Weitere Nebeneinnahmen erhält Woyzeck von einem Doktor, der ihn für medizinische Experimente mißbraucht; er darf wochenlang nichts als Erbsen essen und bekommt Schwindelanfälle. Als Woyzeck seine Ängste mitzuteilen versucht, urteilt der Doktor knapp: "Er ist ein interessanter Kasus. Subjekt Woyzeck. Er kriegt Zulage, halt Er sich brav ..."
Währenddessen wird ein forscher Tambourmajor auf Marie, Woyzecks hübsche Geliebte, aufmerksam. Er folgt ihr überall hin und macht ihr beharrlich Anträge. Das schlichte Mädchen, sonst nur von ihren Dienstgebern als Magd gedemütigt, kann den Schmeicheleien auf Dauer nicht widerstehen und gibt dem Drängen nach. Bald spricht sich das Verhältnis herum, und besonders der Hauptmann macht sich über den Betrogenen lustig. Anfangs will Woyzeck an Maries Untreue nicht glauben, aber nach einem heftigen Streit gibt sie alles zu. Für Woyzeck bricht eine Welt zusammen - nun hat man ihm das einzige genommen, was er auch wirklich besessen hat. Im Wirtshaus sieht er Marie in wilder Umarmung mit dem Tambourmajor tanzen. Halb betäubt von diesem Anblick fordert er seinen Rivalen zur Rauferei heraus, wird aber von dem kräftigen Offizier verprügelt. Jetzt überkommt Marie die Reue, auch sorgt sie sich um die Zukunft ihres Kindes. Doch es ist zu spät, in rasender Eifersucht wird sie am Rand eines Teiches von Woyzeck erstochen. Dann stürzt er noch einmal ins Wirtshaus, um sich sein Entsetzen wie besessen von der Seele zu tanzen. Man entdeckt Blut an seinem Ärmel. Woyzeck flieht und ertränkt sich im Teich, an dem er Marie getötet hat.
Entstehung:
Büchner hat den "Woyzeck" wahrscheinlich schon während seines Aufenthaltes in Straßburg begonnen und wollte ihn in Zürich zu Ende führen, was aber wegen seines frühen Todes nicht gelang. So blieb dieses Werk ein Fragment. Aufgrund eines Lesefehlers wurde dieses Stück auch unter dem Titel "Wozzeck"herausgegeben.
Die Bruchstücke des Dramas beruhen auf wahren Begebenheiten. Am Abend des 21. Juni 1821 stach der Friseur Johann Christian Woyzeck in Leipzig eine 46jährige Witwe im Hauseingang ihrer Wohnung nieder - als Motiv galt Eifersucht.
Aussage:
Eben dieses Motiv finden wir immer wieder in Büchners Werk. Woyzecks Liebe zu Marie entwickelt sich daher im Laufe des Dramas zu einer Haßliebe. Weiters hebt Büchner auch die Einsamkeit und Verlassenheit Woyzecks hervor. Er ist ein Vertreter der untersten Klasse und wird von allen auch dementsprechend behandelt. Der Hauptmann, der um nichts klüger als Woyzeck ist, stempelt ihn als Idioten ab, und der Doktor behandelt ihn wie ein Tier. Seine einzige Ansprechperson ist Marie, die ihm aber untreu wird. In dieser Situation der Ausweglosigkeit verliert Woyzeck die Nerven.
Mit "Woyzeck" hat Büchner das erste große Sozialdrama deutscher Sprache geschrieben. Zum ersten Mal wird konsequent dargestellt, daß die sozialen Verhältnisse - Hunger, Elend und materielle Abhängigkeit - den Menschen in seinem Denken und Handeln formen. Nicht Woyzeck gehört als Mörder auf die Anklagebank, sondern Männer wie der Hauptmann, der Tambourmajor und der Doktor. Sie alle haben einen hilflosen,armen Kerl so lange ausgenützt und getreten, bis jener explodierte. Er ist durch das Obrigkeitsdenken schon so deformiert, daß er in seiner Verzweiflungstat nicht die Unterdrücker, sondern seine Geliebte, die doch auch nur Opfer ist, umbringt.
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