Ähnlich dem "Faust" ist auch der Prosaroman "Wilhelm Meister" ein Werk, das
den Dich-ter viele Jahrzehnte seines Lebens begleitet und seine eigene
Entwicklung widerspiegelt. Be-gonnen wird der Roman in Weimar als
Theaterroman. Erst 1794 unter dem Einfluss Schillers wird das Werk wieder
aufgenommen und nach dem neuen Lebens- und Kunstideal umgear-beitet und
fortgeführt. So wird aus dem ursprünglichen Theaterroman der große Bildungs-
und Entwicklungsroman "Wilhelm Meisters Lehrjahre". Dieser Romantyp
behandelt die Auseinandersetzung eines Individuums mit der Gesellschaft und
seine Eingliederung in die-selbe.
Wilhelm Meister, ein begüterter Kaufmannssohn, vom Bildungsdrang beseelt,
hofft, seine Ideale im Schauspielerstand zu verwirklichen.
Die Fortsetzung des Romans "Wilhelm Meisters Lehrjahre" nennt sich "Wilhelm
Meisters Wanderjahre oder die Entsagenden" und bringt den Abschluss der
Geschichte.
Im Gesamtwerk des "Wilhelm Meister" gipfelt der deutsche Bildungsroman,
nachdem WOLFRAM VON ESCHENBACH ("Parzival"), JÖRG WICKRAM ("Knabenspiegel"),
CHRISTOFFEL GRIMMELSHAUSEN ("Simplicissimus") und MARTIN WIELAND ("Agathon")
vorgearbeitet haben. Mit ihm schafft Goethe das Formmuster, von dem dann
alle deutschen Bildungsromane der späteren Zeit ausgehen.
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