Dies Gedicht repräsentiert die Biografie Rose Ausländers, ihre Gefühle über den Verlust der Heimat und die Gebundenheit an die deutsche Sprache. Heimat für sie ist nicht ein geographischer Ort, sondern die Sprache, in der sie sich mitteilt und denkt. Die Sprache und die Kommunikation mit ihr sind Mittelpunkt vieler ihrer Gedichte.
Ihre Erfahrungen in neue, frische, knappe und bildhafte Sprache, ohne Bitternis umgesetzt zu haben ist, ist die besondere Leistung ihrer Poesie.
Außerdem standen im Mittelpunkt ihrer Gedichte, welche meist Selbstgespräche des lyrischen Ichs und Anreden an ein Gegenüber sind, das Grauen der Verfolgung, die Trauer um die verlorene Heimat, Erinnerungen an die Eltern und an glückliche Kindertage, die Erfahrung von Verlassenheit und Einsamkeit in der Fremde, was sie mit dichterischer Einfachheit, Klarheit und epigrammatischer Kürze, bildreich, voller Poesie und Musikalität verzierte.
Ihre Gedichte "Das Dorf Duminika", "Israel" und "Im Chagalldorf" sind Zeugnisse für Schrecken, aber auch Schönheit jüdischen Lebens. Auch im zunehmend abstrakten Spätwerk blieb ein Bezug zu ihrer jüdischen Herkunft erhalten, wobei der Glaube an das poetische Wort fast messianischen Charakter annahm (das Wort sieht sie als Schutzraum ihrer Existenz: "Ich wohne im Wort"). In ihrer Lyrik verbinden sich Sensibilität und Intellektualität, Phantasie und Verstand/Vernunft, außerdem vergleicht sie zeitgeschichtliche Ereignisse mit mythischen Vorgängen, was ihren theologischen Sinn hervorhebt. Sie stellte Antagonismus von Welt und Leben in Bilder dar, die von der biblischen Schöpfungsgeschichte kamen.
Gedichtvorstellung: Schallendes Schweigen
Manche haben sich gerettet.
Aus der Nacht
Krochen Hände
Ziegelrot vom Blut
Der Ermordeten
Es war ein schallendes Schauspiel
Ein Bild aus Brand
Feuermusik
Er schwieg
Es war ein schallendes Schweigen
Zwischen den Zweigen
Lächelten Sterne
Die Geretteten warten im Hafen
Gescheiterte Schiffe liegen
Sie gleichen Wiegen
Ohne Mutter und Kind
Interpretation:
"Schreiben ist Leben. Überleben." lautet einer der Verse von Rose Ausländer. Das Schreiben ist für sie eine Strategie der Bewältigung ihrer persönlichen Geschichte und der Erfahrung des Holocausts mit dem unwiederbringlichen Verlust ihrer Heimat. Sie schließt sich mit ihrer Poesie nicht ab, sondern sucht stattdessen das Gespräch - nach ihren eigenen Worten - \"mit dem interessierten Leser\": In den späteren Gedichten setzte sich Rose Ausländer immer wieder mit dem Wort, der Sprache auseinander, die zur eigentlichen Heimat der heimatlos gemachten Dichterin geworden war: Nun erst fand sie zu ihrer eigenen unverwechselbaren dichterischen Ausdrucksweise. Sie verzichtete auf expressionistisches Pathos und auf Reime, denn \"was über uns hereinbrach, war ungereimt, so voll erlittenen Schock , so alpdruckhaft beklemmend .., dass der Reim in die Brüche ging. Blumenworte welkten. Auch viele Eigenschaftswörter waren fragwürdig geworden in einer mechanisierten Welt..\". Ihre Gedichte sind von nun von bestechender Einfachheit, Klarheit und epigrammatischer Kürze, bilderreich, voller Poesie und Musikalität, kostbare Miniaturen. Im Mittelpunkt ihrer Gedichte stehen das Grauen der Verfolgung, die Trauer um die verlorene Heimat, Erinnerungen an die Eltern und an glückliche Kindertage, die Erfahrung von Verlassenheit und Einsamkeit in der Fremde. Ihre Gedichte, die mit der Zeit immer kürzer und dichter werden, sind Gespräche, Selbstgespräche des lyrischen Ich und Anreden an ein Gegenüber.
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