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deutsch artikel (Interpretation und charakterisierung)

Textintention


1. Drama
2. Liebe

In diesem Buch kommen immer wieder Generationskonflikte vor. Als der Held von Solferino in den Adelsstand gehoben wird, fällt seinem Vater nichts besseres ein als:
" "Gratuliere, gratuliere!" wiederholte der Wachtmeister donnernd. "Zu meiner Zeit hat uns noch der Radetzky gezwiebelt!" " (12)
Anstatt, dass sich der Vater mit seinem Sohn freuen würde, meint er nur, dass es viel einfacher geworden wäre befördert zu werden. Der Vater ist nicht bereit zu akzeptieren, dass die Zeiten anders geworden sind. Er vergleicht noch immer alles mit seiner Jugendzeit. Der Held und sein Vater hatten sich aber schon vorher sehr weit von einander entfernt. Aber auch der Hauptmann ändert nichts bei seinem Kind. Er befiehlt, was sein Sohn für eine Karriere einschlagen muss und daran gibt es kein wenn und aber. Auch dazu gehören die grossen Kommunikationsproblem innerhalb der Familie Trotta. Der Kontakt zwischen Vater und Sohn besteht hauptsächlich aus gleichgültigen Briefen. "Seine Antworten, die er regelmässig jeden vierten Sonntag an den Sohn abschickte, waren ebenso gleichförmig wie die Briefe des Leutnants." (13)
Sie teilen sich auch gegenseitig sehr selten etwas von ihren wahren Gefühlen mit. Zwar versucht der Bezirkshauptmann manchmal seine Liebe zum Sohn zu zeigen, aber er schafft es nie. Es bleibt beim Versuch.
"Und obwohl er Bezirkshauptmann sagen wollte: Mach mir keinen Kumme! Ich liebe dich, mein Sohn!, sagte er lediglich. "Halt dich gut!" - Denn die Trottas waren schüchterne Menschen" (14)

"Der Sohn mochte viele Geheimnisse haben. Der Vater kannte sie nicht. Man sagte: Vater und Sohn, aber zwischen beiden lagen viele Jahre, grosse Berge! Man wusste nicht viel mehr von Carl Joseph als von einem anderen Leutnant." (15)
Das obige Zitat zeigt klar und deutlich wie fremd sich Vater und Sohn in Wirklichkeit sind. Für den Bezirkshauptmann ist der eigene Sohn wie ein x-beliebiger Leutnant, nur mit dem Unterschied, dass der eine sein Nachkomme ist. Zwischen den beiden bestand nie ein sehr intensiver Kontakt. Mit Schuld daran dürfte sein, dass sich der Vater dem Sohn gegenüber seine Zuneigung nie ausdrücken kann und sich eher als gefühlskalt präsentiert.

"Vor ihm Carl Joseph lag also ein langes Leben voller Trauer. Er rüstete sich, es zu erleiden, entschlossen und blass, wie es einem Manne geziemt." (16)
Carl Joseph verfällt bereits zu diesem frühen Zeitpunkt in einen depressiven Zustand. Er scheint sich sicher zu sein, dass vor ihm ein Leben voller Leiden liegt und glaubt nicht an eine Besserung seines Zustandes. Aber es gehört sich, dass er allen Schmerz still erduldet, weil er ein Mann ist.
Der Bezirkshauptmann will um jeden Preis verhindern, dass die Trottas in den sozialen Schichten nach unten rutschen. Er versucht den plötzlichen gesellschaftlichen Aufstieg der Trottas nach der Schlacht von Solferino zu bewahren.
" "Das Schicksal hat aus unserm Geschlecht von Grenzbauern Österreicher gemacht. Wir wollen es bleiben." " (17)
"Man müsste ihm helfen! Man müsste verhindern, dass der Name der Trottas entehrt und geschändet würde." (18)
Nach diesem Grundsatz muss sich auch der Sohn Carl Joseph richten. Alles was nicht standesgemäss wäre, missbilligt der Vater und versucht es wenn möglich zu verhindern. So gefällt es dem Bezirkshauptmann auch nicht, als Carl Joseph von der Kavallerie zur Infanterie wechseln will. Die Ehre geht dem Bezirkshauptmann über alles.

" "Es wäre günstig", sagte er, "wenn du krankheitshalber abgehn könntest. Man verlässt die Armee nicht ohne wichtige Ursache!..." " (19)
Wenn der Sohn schon die Armee verlassen will, dann soll er gefälligst krank sein. Den Dienst quittieren ohne einen körperlichen Grund wäre eine Schande für die Trottas und eine solche darf es nicht geben.
Carl Joseph hingegen erkennt recht bald, dass es mit der Monarchie zu Ende geht und damit auch mit dem Geschlecht der Trottas.
"Ja dachte der Leutnant, sie sollen nur einstürzen! Er hatte lediglich zwischen einem plötzlichen Unglück und einem langsam heranschleichenden zu wählen." (20)
Nur steht Carl Joseph unter dem Bann seines Grossvaters.
"In einem bronzenen, von Fliegen betupften Rahmen stand der Allerhöchste Kriegsherr, in Verkleinerung, das bekannte, allgegenwärtige Porträt Seiner Majestät, im blütenweissen Gewande, mit blutroter Schärpe und goldenem Vlies. Es musste etwas geschehen, dachte der Leutnant schnell und kindisch. Es muss etwas geschehen! Er fühlte, dass er bleich geworden war und dass sein Herz klopfte. Er griff nach dem Rahmen, öffnete die papierene, schwarze Rückwand und nahm das Bild heraus. Er faltete es zusammen, zweimal, noch einmal und steckte es in die Tasche. Er wandte sich um. Hinter ihm stand der Regimentsarzt. Er zeigt mit dem Finger auf die Tasche, in der Carl Joseph das kaiserliche Porträt verborgen hatte. Auch der Grossvater hat ihn gerettet, dachte Doktor Demant. Carl Joseph wurde rot. "Schweinerei!" sagte er. "Was denken sie"
"Nichts", erwiderte der Doktor. "Ich habe nur an Ihren Grossvater gedacht!"
"Ich bin sein Enkel!" sagte Carl Joseph. "Ich hab' keine Gelegenheit ihm das Leben zu retten; leider!" " (21)
Während der Grossvater noch dem Kaiser persönlich das Leben rettete, muss sich sein Enkel darauf beschränken das kaiserliche Porträt aus einem Bordell zu entfernen. Carl Joseph steht immer im Schatten seines Grossvater und wird niemals ein solcher Held sein. Der Enkel des Helden von Solferino möchte genau so sein wie der Held persönlich, er weiss aber, dass ihm das niemals gelingen wird. Egal was er auch tut, es ist nichts im Vergleich dem Kaiser das Leben gerettet zu haben, und so müsste Carl Joseph etwas sehr aussergewöhnliches, heldenhaftes machen, damit der Name Trotta nicht immer nur mit der Schlacht von Solferino in Verbindung gebracht wird. Meiner Meinung nach versucht Carl Joseph gerade dies am Ende des Buches, als er für seine Soldaten Wasser holen will. Da Carl Joseph schon in jungen Jahren als sehr stark gealterter Mann beschrieben wird, macht ihn dies nur noch ähnlicher zu seinem Grossvater. Der Altersunterschied wird rein visuell aneinander angeglichen. Gegen Ende des Buches erhält Carl Joseph auch die Chance zu beweisen wie tapfer und mutig er in Wirklichkeit ist.
"Es war sein Krieg, der Krieg des Enkels. Die Tage und die Helden von Solferino kehrten wieder." (22)

Als Doktor Demant zum erstenmal Alkohol trinkt, bedauert er dies. Im alkoholisierten Zustand geraten die Probleme in den Hintergrund, auch wenn sie dadurch nicht gelöst werden können. Demant scheint dies nun zu realisieren und bereut meiner Meinung nach auch, dass er niemals seinen Problemen einfach durch den Genuss von Alkohol entrinnen ist.
"Trotta leerte gehorsam das erste Glas. "Zu spät hab' ich den Schnaps entdeckt - schade!" sagte der Doktor. "Du wirst es nicht glauben: es tut mir leid, dass ich nie getrunken habe." (23)

Die ganze Geschichte mit dem Duell von Dr. Demant und dem Rittmeister Graf Tattenbach zeigt auf, wie sinnlos dieser Ehrenkodex war, welcher die "Ehre" über alles stellte und nach der man immer Genugtuung fordern musste, wenn man beleidigt wurde. Hier wird auch klar, wie erstarrt das Gebilde der Habsburger Monarchie war, voll von Traditionen geprägt, die eigentlich sinnlos sind.

Der Graf Chojnicki ist der einzige, der es wagt öffentlich von Ende von Österreich-Ungarn zu sprechen.
" "Dieses Reich muss untergehn. Sobald unser Kaiser die Augen schliesst, zerfallen wir in hunderte Stücke. Der Balkan wird mächtiger sein als wir. Alle Völker werden ihre dreckigen, kleinen Staaten errichten, und sogar die Juden werden einen König in Palästina ausrufen. In Wien stinkt schon der Schweiss der Demokraten, ich kann's auf der Ringstrasse nicht mehr aushalten. Die Arbeiter haben rote Fahnen und wollen nicht mehr arbeiten. Der Bürgermeister von Wien ist ein frommer Hausmeister. Die Pfaffen gehn schon mit dem Volk, man predigt tschechisch in den Kirchen. Im Burgtheater spielt man jüdische Saustücke, und jede Woche wird ein ungarischer Klosettfabrikant Baron. Ich sag' euch, meine Herren, wenn jetzt nicht geschossen wird, ist's aus. Wir werden's noch erleben!" " (24)
Mit dem Tod des Kaisers würde Österreich-Ungarn zerfallen, da viele Völker ihre Souveränität ausrufen würden. Das Bestehen der Monarchie wird nur noch durch Franz Joseph garantiert. Chojnicki ist der Ansicht, dass nur durch rohe Waffengewalt das Reich der Habsburger erhalten werden könne, denn dadurch könnten die einzelnen Völker, die Demokraten und Sozialisten ruhiggestellt werden. Meiner Meinung nach hat er vollkommen recht. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts lagen der Sozialismus und die Demokratien in der Luft, da ist eine Monarchie nur im Wege. Es gibt kein nebeneinander von Demokratie, Sozialismus und Kaisertum.
Obwohl der Graf mit seiner Prophezeiung später recht bekommt, versteht ihn in dem Moment niemand, als er das sagt, alle belächeln ihn nur. Die Zuhörer sind der Meinung solange es einen Kaiser, einen Thronfolger gebe und die Armee noch ihre Übungen mache, sei doch alles in bester Ordnung. Dass alles mehr auf Schein als Sein beruhen könnte, kommt ihnen nicht in den Sinn. Nur Carl Joseph realisiert, dass hinter den Worten des Grafen mehr steckt als leeres Geschwätz.
"Zuerst hatte er die Nationen, die Autonomie und das "Volk", das "mehr Rechte" verlangte, nur geringgeschätzt. Allmählich begann er, sie zu hassen, die Schreiner, die Brandstifter, die Wahlredner. Er schärfte dem Bezirkskommissär ein, jede Versammlung sofort aufzulösen, in der man sich etwa einfallen liess, "Resolutionen" zu fassen. Von allen in der letzten Zeit modern gewordenen Worten hasste er dieses am stärksten; vielleicht, weil es nur eines winzigen anderen Buchstabens bedurfte, um in das schändlichste aller Worte verwandelt zu werden: in Revolution. Dieses hatte er vollends ausgerottet. In seinem Sprachschatz, auch im dienstlichen, kam es nicht vor; und wenn er in dem Bericht eines seiner Untergebenen etwa die Bezeichnung "revolutionärer Agitor" für einen der aktiven Sozialdemokraten las, so strich er dieses Wort und verbesserte mit roter Tinte: "verdächtiges Individuum". Vielleicht gab es irgendwo in der Monarchie Revolutionäre: im Bezirk des Herrn von Trotta kamen sie nicht vor." (25)
Hauptmann Trotta glaubt nicht, dass jemals eine Revolution stattfinden wird. Er hält eine solche für vollkommen unmöglich. Deswegen merkt er auch nicht, wie die Monarchie langsam zu Ende geht, obwohl es immer mehr "verdächtige Individuen" gibt. Wenn sogar die Beamten die Zeichen der Zeit (hier: der aufkommende Sozialismus) einfach für nicht vorhanden erklären, erstaunt es nicht, wenn nachher alles so unerwartet passiert. Für den Bezirkshauptmann scheint nur das zu existieren, was er wahrhaben will. Überall in Österreich kann es seiner Meinung nach Revolutionäre geben, nur in seinem Bezirk, so ist er fest davon überzeugt, existieren mit Sicherheit keine davon. Wenn nun jeder Bezirkshauptmann dieser Ansicht ist, gibt es sie nirgends und sie sind doch überall.
" "Sehen Sie!" sagte Chojnicki, "dies ist die Zeit der Elektrizität, nicht der Alchimie. Der Chemie auch, verstehen Sie! Wissen Sie, wie das Ding heisst? Nitroglyzerin", der Graf sprach jede einzelne Silbe getrennt aus. "Nitroglyzerin!" wiederholte er. "Nicht mehr Gold! Im Schloss Franz Josephs brennt man oft noch Kerzen! Begreifen Sie? Durch Nitroglyzerin und Elektrizität werden wir zugrunde gehn! Es dauert gar nicht mehr lang, gar nicht mehr lang!" (26)
Die Elektrizität und das Nitroglyzerin waren zu dieser Zeit neue technische Errungenschaften, die eine ganze Welt verändern konnten. Dadurch wird alles verändert und nichts kann sich dem widersetzen. Nitroglyzerin wird für Sprengstoffe gebraucht. Dies deutet darauf hin, dass der Graf ahnt, dass die Monarchie durch einen Krieg zerstört werden wird. Die Elektrizität steht zu dieser Zeit für Modernität. Damals waren gerade der Sozialismus und die Bestrebungen der einzelnen Länder sich von Österreich-Ungarn zu lösen "modern". Dem gegenüber steht der Kaiser Franz Joseph, der noch das alte, feudale Gesellschaftssystem repräsentiert. Er ist wie in der Zeit stehengeblieben und versucht wie den Fortschritt und den damit verbundenen Zerfall seines Reiches, zu verhindern.
"Er war eine Majestät von Gottes Gnaden, und er glaubte an Gott, den Allmächtigen. Hinter dem goldgestirnten Blau des Himmels verbarg er sich, der Allmächtige--unvorstellbar! Seine Sterne waren es, die da am Himmel glänzten, und Sein Himmel war es, der sich über die Erde wölbte, und einen Teil der Erde, nämlich die österreichisch-ungarische Monarchie, hatte Er Franz Joseph dem Ersten zugeteilt" (27)
Kaiser Franz Joseph glaubt fest daran, dass er von Gott ausgewählt wurde, um über die österreichisch-ungarischen Gebiete zu regieren. Er ist ein Diener Gottes und nur diesem hat er zu gehorchen. So wie der Kaiser in Gott seinen Vorgesetzten sieht, ebenso sind auch die Personen die treu Untergebenen von Franz Joseph.
"Durch den Feldstecher sah Franz Joseph die Bewegungen jedes einzelnen Zuges, ein paar Minuten lang fühlte er Stolz auf seine Armee und ein paar Minuten auch Bedauern über ihren Verlust. Denn er sah sie schon zerschlagen und verstreut, aufgeteilt unter den vielen Völkern seines weiten Reiches. Ihm ging die grosse, goldene Sonne der Habsburger unter, zerschmettert am Urgrund der Welten, zerfiel in mehrere kleine Sonnenkügelchen, die wieder als selbstständige Gestirne selbstständigen Nationen zu leuchten hatten. Es passt ihnen halt nimmer, von mir regiert zu werden! dachte der Alte. Da kann man nix machen! fügte er im stillen hinzu. Denn er war ein Österreicher..." (28)
Der Kaiser stellt hier klar fest, dass es bald kein grosses Kaiserreich Österreich-Ungarn mehr geben wird und scheint zu ahnen, dass es kein friedliches Auseinandergehen geben wird, sondern dass alles in einem grossen Krieg mit vielen Toten enden wird. Wenn sich die einzelnen Völker von ihrer Herrschaft befreien wollen, ist es klar, dass sie den Kaiser "stürzen" müssen. Die Sonne steht für das Symbol der Macht. Ein grosses Reich mit einer einzigen Sonne, wird sich in viele kleine mit ihren eigenen Sonnen zersplittern, die ihre eigenen Regierungen haben.

" "Aber wir kämpfen ja gar nicht", entgegnete der Leutnant. "Und wenn wir einmal zum Kämpfen kommen, ist es vielleicht gar nicht so praktisch." "Aber warum denn?" fragte der Bezirkshauptmann. "Weil wir bestimmt den Krieg verlieren", sagte Nechwal, der Leutnant. "Es ist eine andere Zeit", fügte er hinzu - und nicht ohne Bosheit, wie es Herrn von Trotta vorkam. Er kniff seine kleinen Augen zusammen, so dass sie beinahe ganz verschwanden, und in einer Art, die dem Bezirkshauptmann ganz unerträglich schien, entblösste seine Oberlippe das Zahnfleisch, der Schnurrbart berührte die Nase, und diese glich den breiten Nüstern irgendeines Tieres, nach der Meinung Herrn von Trottas. - Ein ganz widerlicher Bursche, dachte der Bezirkshauptmann. "Eine neue Zeit", wiederholte der junge Nechwal. "Die vielen Völker halten nicht lange zusammen!" "So", sagte der Bezirkshauptmann, "und woher wollen Sie das alles wissen, Herr Leutnant?" Und der Bezirkshauptmann wusste im gleichen Augenblick, dass sein Hohn stumpf war, und er fühlte sich selbst wie ein Veteran etwa, der seinen ungefährlichen, ohnmächtigen Säbel gegen einen Feind zückt. "Alle Welt weiss es", sagte der Junge, "und sagt es auch!" "Sagt es?" wiederholte Herr von Trotta. "Ihre Kameraden sagen's!" "Ja , sie sagen es!" " (29)
Für den jungen Nechwal ist es klar, dass früher oder später Österreich zerfallen wird. Der Drang nach Unabhängigkeit der einzelnen Völker ist einfach viel zu gross um noch länger von einem Kaiser regiert zu werden, der sehr weit entfernt ist und erst noch nicht die gleiche Nationalität hat. Der Bezirkshauptmann realisiert, dass sich nichts gegen diesen Zerfall machen lässt. Wenn sogar die Soldaten überzeugt sind, dass sie einen möglichen Krieg verlieren werden, ist es fast aussichtslos diesen zu gewinnen. Es gibt zwei ganz unterschiedliche Generationen. Auf der einen Seite sind die "alten Leute", welche gar nicht wahrhaben wollen, dass es einmal ein Ende der Monarchie geben wird. Auf der anderen sind die Jungen, die fest daran glauben, dass das grosse Österreich-Ungarn in viele kleine Nationalstaaten zerfallen wird. Dies führt zu einem fast unüberwindbaren Gegensatz.

" "Lieber Sohn!
Nach reiflicher Überlegung habe ich mich entschlossen, die Verantwortung für deine Zukunft Dir selbst zu überlasse. Ich ersuche Dich lediglich, mir Deine Entschlüsse mitzuteilen. Dein Vater." " (30)
Es ist das erste Mal, dass der Bezirkshauptmann seinen Sohn selbst eine Entscheidung treffen lässt und dies nicht wie gewöhnlich für seinen Sohn tut um dem Namen Trotta möglichst wenig Schaden zuzufügen. Es könnte sich noch alles zum Guten wenden. Carl Joseph kann endlich die ihm so verhasste Armee verlassen und endlich etwas machen, was ihm auch gefällt.

"Er schloss die Augen, wenn er sie verdächtige Zeitungen lesen sah, und die Ohren, wenn er sie Verdächtiges reden hörte. Er war klug, und er wusste, dass er ohnmächtig zwischen seinen Ahnen und seinen Nachkommen stand, die bestimmt waren, die Ahnen eines ganz neuen Geschlechts zu werden. Sie hatten sein Gesicht, die Farbe seiner Haare und seiner Augen, aber ihre Herzen schlugen einen neuen Takt, ihre Köpfe gebaren fremde Gedanken, ihre Kehlen sangen neue und fremde Lieder, die er nicht kannte. Und mit seinen vierzig Jahren fühlte sich der Rittmeister wie ein Greis, und seine Söhne kamen ihm vor wie unbegreifliche Urenkel." (31)
Der Slowene fühlt, dass er nicht mehr in die kommende Zeit gehören wird. Seine Söhne sind ihm so fremd, als ob er sie nie gekannt hätte. Die Söhne stehen für den Drang der einzelnen Völker, die etwas neues beginnen werden, was mit dem alten System der Monarchie nichts mehr zu tun hat. Der slowenische Offizier repräsentiert hingegen noch das alte Machtgefüge. Indem er sich als Greis fühlt, wird klar wie alt und dem Tode nahe dieses eigentlich ist. Es existieren eigentlich wiederum nur zwei Generationen: die Jungen, die für eine veränderte Weltordnung stehen und die alten, die noch an die Monarchie glauben.

"Heutzutage sind die Begriffe von Standesehre und Familienehre und persönlicher Ehre, in denen der Herr von Trotta lebte, Überreste unglaubwürdiger und kindischer Legenden, wie es uns manchmal scheint. Damals aber hätte einen österreichischen Bezirkshauptmann von der Art Herr von Trottas die Kunde vom plötzlichen Tod seines einzigen Kindes weniger erschüttert als die von einer auch nur scheinbaren Unehrenhaftigkeit dieses einzigen Kindes." (32)
Der Tod des Sohnes ist das kleinere Übel, wenn dadurch nur die Ehre erhalten bleibt. Es spielt keine Rolle ob die Gerüchte wahr sind oder nicht. Es genügt, dass es überhaupt welche gibt, die den Namen der Familie in den Schmutz ziehen könnten. Alles lässt sich ertragen, nur die Unehrenhaftigkeit nicht, sie ist das Schlimmste von allem. Das ganze Leben der Trottas ist eigentlich auf den Kaiser ausgerichtet. So wird es als eine Ehre angesehen im Dienste seiner Majestät zu sterben. Der Tod hat etwas positives. Man ist für eine gute Sache in den Tod gegangen.

"Wie ein Blitz fiel diese Erfahrung auf ihn nieder, zerbrach in einem Nu den Stolz, den Herr von Trotta so lange sorgfältig gehütet und gepflegt, den er ererbt hatte und weiterzuvererben entschlossen war. Schon war er gedemütigt wie einer, der seit vielen Jahren nutzlose Bittgänge unternimmt. Der Stolz war früher der starke Genosse seiner Jugend gewesen, später eine Stütze seines Alters geworden, nun war ihm der Stolz genommen, dem armen alten Herrn Bezirkshauptmann!" (33)
Der Bezirkshauptmann verliert hier etwas, was für ihn sehr wichtig ist: den Stolz. Er muss zum ersten Mal um etwas bitten und sich unterwürfig zeigen. Normalerweise ist er es sich gewohnt auf einer höheren gesellschaftlichen Stufe zu stehen als sein Umfeld. Er gibt Befehle, geht aber vor niemanden auf die Knie. Der Stolz wurde dem alten Trotta vererbt und nun versucht er diesen an seinen Sohn weiterzugeben, damit dieser genau so stolz wird, wie es sich für einen Trotta gehört.
"Schrecklich war nur der Tod. Schade! dachte Herr von Trotta. Wenn Carl Joseph verrückt geworden wäre, statt zu fallen, ich hätte ihn schon vernünftig gemacht. Und wenn ich es nicht gekonnt hätte, so wäre ich doch jeden Tag zu ihm gekommen! Vielleicht hätte er den Arm so grauenhaft verrenkt wie dieser Leutnant hier, den man eben vorbeiführt. Aber es wäre doch sein Arm gewesen, und man kann auch seinen verrenkten Arm streicheln. Man kann auch in verdrehte Augen sehen! Hauptsache, dass es die Augen meines Sohnes sind. Glücklich die Väter, deren Söhne verrückt sind!" (34)
Der Bezirkshauptmann erkennt hier, wie sehr ihm sein Sohn fehlt und wie sehr er ihn eigentlich liebt. Die Ehre der Trottas scheint hier in den Hintergrund gerückt zu sein, denn sonst wäre es dem Bezirkshauptmann lieber, sein Sohn wäre heldenhaft gefallen, anstatt dass er sich nun in einem Irrenhaus befinden würde. Leider kommt die Erkenntnis zu spät, denn vorher hat der Herr von Trotta niemals besonderen Wert darauf gelegt seine Gefühle Carl Joseph gegenüber zu zeigen. Der Bezirkshauptmann hat alles verloren, was ihm jemals etwas bedeutet hat. Sein Sohn ist tot und seine Welt, die österreichische-ungarische Monarchie, ist untergegangen.

 
 

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