Peter Härtling: "Lest, Leute! Lest weiter!" Textanalyse mit erörterndem Ansatz Bücher enthalten das Wissen der Menschheit. Durch das Lesen kann man sich neues Wissen aneignen und sich weiterbilden. Allerdings stellen Bücher auch eine Form der Unterhaltung dar, die vor allem zu früheren Zeiten von großer Bedeutung war. Heute im Zeitalter von Computer und Fernseher wurde das Lesen zur Information, aber auch als Freizeitbeschäftigung mehr und mehr in den Hintergrund gedrängt. Um das Lesen geht es auch in Peter Härtlings Essay "Lest, Leute! Lest weiter!" der 1981 veröffentlicht wurde. Peter Härtling, ein moderner Verfasser von Lyrik, Kinderbüchern und Romanen, äußert sich darin über die Schönheit des Lesens, die verdrängt wird von zu ausgiebigem Studium von Sekundärliteratur und Interpretationen.
Er erläutert anhand von vielen Beispielen und Argumenten die Freude, die ihm das Lesen bereitet und fordert auf selber zu lesen. Der Titel "Lest, Leute! Lest weiter!" stellt eine eindeutige Aufforderung an uns alle dar selber zu lesen. Die Form des Imperativs sowie die Alliteration sollen die Leser ansprechen und interessieren. Seinen Aufsatz beginnt Peter Härtling mit der These: "Es gibt eine Menge von mehr oder weniger geistreichen Aufsätzen über Romananfänge, doch soviel ich weiß nicht einen einzigen über den, der einen Roman zu lesen beginnt." (Z.1ff) Hier bemerkt er, dass durch zu starke Interpretation und Analyse von Literatur das persönliche Glück am Lesen verloren geht.
Im Folgenden belegt er in einer linearen Argumentationsstruktur diese Behauptung. Zunächst erläutert er mit dem Zitat eines Romananfangs von Effi Briest die Erwartungen, die bei ihm durch diesen Romanbeginn geweckt worden. Er erläutert seine persönlichen Erfahrungen mit dem Lesen dieses Buches und drückt seine Begeisterung über diesen Roman aus. "Jeden beneide ich um die erste Begegnung mit Effi Briest [...
]"(Z.25f) Man erkennt hier seine sehr subjektive Schreibweise des Textes. Damit wird der Leser neugierig gemacht darauf, selbst dieses Buch zu lesen. Er erzählt weiterhin davon wie das Buch in ihm weiterlebt "[...
] Erfahrungen sammeln, Menschen kennen lernen, den alten Briest oder Instetten, sie lieben oder gegen sie aufbegehren[...]" (Z. 29f) und legt nahe, dass "[..
.] man die Bücher, die man besonders lieb gewonnen hat, immer frisch entdecken [kann]." (Z.39f). Als nächstes behauptet Härtling, dass die Praxis des Lesens auch bei jungen Lehrern und Germanistik-Studenten vernachlässigt werde. Sie beschäftigten sich seiner Meinung nach viel zu sehr mit Sekundärliteratur.
"Das hört sich nach gewaschenen Wörtern an, nach Silbenknöchelchen, doch nicht nach Erzählungen, Gedichten und Romanen." (Z. 57ff) Die Metapher "gewaschene Wörter" benutzt er zur Veranschaulichung seiner Argumente. Er kritisiert auch die Buchhändler, welche heutzutage keinerlei Kenntnisse der Literatur haben und nur versuchen zusätzlich die Sekundärliteratur zu verkaufen. Aus diesem Grund ermuntert er die Leser, vor allem die jüngeren Leute, über ihre Leseerfahrungen zu sprechen. Er bekräftigt, dass Lesen zur Unterhaltung diene, aber auch zum Austausch von Informationen, Gefühlen und Gedanken.
Mit den Fragen "Wer sind wir? Wo kommen wir her? Wohin gehen wir, Was erwartet uns?" (Z.86f) zitiert er ein Werk von Bloch, das ihn berührt hat, bezieht aber auch die Leser mit dem "wir" in seine Gedanken ein. Er ermutigt die Leser, wie er Bücher zu lesen. Mit dem Wortspiel "Das Glück des Lesens ist teilbar, mitteilbar." (Z. 99) fordert er auf auch anderen vorzulesen.
Er begründet diese Aussage mit dem Beispiel eines Lesers der plötzlich aufschaut und erzählt von dem Buch "Hiob" von Joseph Roth, dass dieser gerade gelesen hat. "Damit ich bitten kann: Lest, Leute! Lest weiter." (Z.120ff) Dieser Schlussappell, führt wieder zurück auf seine Überschrift und bildet einen Rahmen zur erneuten Bekräftigung seiner Bitte. Peter Härtlings Text, der 1981 erschien, ist eine eindeutige Aufforderung zu Lesen und vor allem, das Lesen zu genießen. Er ist meiner Meinung nach auch 24Jahre nach Erscheinung immer noch sehr aktuell.
Peter Härtling, ein modern Kinderbuchautor der aber auch Lyrik sowie biografische und zeitkritische Romane verfasste, erkannte sehr genau, dass heute bei dem Umgang mit Literatur die Freude am Lesen verloren geht durch zu viel Interpretation von Texten. Es ist Ironie, dass es unsere Aufgabe war genau dieses Werk zu analysieren, einen Essay, der sich deutlich gegen diese Analysen richtet. Ich bin überzeugt, dass er Recht hat. Vor allem im Schulunterricht der zur Beschäftigung mit Belletristik anregen sollte, werden die Schüler davon abgebracht jemals wieder ein Buch in die Hand zu nehmen. Der Zwang diese Bücher zu lesen, sowie das zerpflücken in Abschnitte und die übertriebene Interpretation vergrault doch jeden, der sonst noch Spaß am Lesen empfunden hatte. Bücher verlieren ihre Schönheit, wenn man mit ihnen umgeht, als wären sie ein naturwissenschaftlicher Vorgang der nur entschlüsselt worden müsse.
Das Interessante an vielen Büchern sind ja auch genau die Dinge, die im Eigentlichen nicht gesagt werden und auch nicht gesagt werden müssen. Natürlich beschäftigt sich jeder Leser mit den Eigenschaften der Protagonisten und versucht sich in sie hineinzuversetzen. Aber, muss es wirklich sein das in schriftlicher Form mit einem 1000 Wörter- Aufsatz sein? Ich persönlich lese sehr gerne und beschäftige mich gerne mit Literatur. Ich finde es nicht falsch sich mit Problemen die in Büchern angesprochen werden auseinander zu setzen. Dennoch unterstütze ich Härtlings Aussage und hoffe, das sich noch viele Menschen für das Lesen begeistern können. |