formal:
- wie Titel sagt: Nachrichten eines Tages Gedanken über verschiedenes innerhalb eines Tages mit Rückblenden, aber dennoch chronologisch erzählt
- nur wenige Personen erwähnt, aber auch nicht weiter wichtig; werden durch Erzählerin nur teilweise charakterisiert, weil in erster Linie nicht Personen wichtig, sondern deren Meinungen und Impulse an Erzählerin
- aus "Ich-Perspektive" erzählt in Form eines inneren Monologes
- Sprache sehr niveauvoll und mit vielen Fach- und Fremdausdrücken
- Aufbau anfangs etwas verwirrend, weil mitten im Satz aufgehört und neuen Faden weitergespannt ohne Übergang
- zusammengesetzt aus Überlegungen zu wissenschaftlichen Thesen und persönlichen Erinnerungen
Christa Wolf hat das Buch "Störfall - Nachrichten eines Tages" in einem sehr kurzen Zeitraum geschrieben, nämlich in den Monaten Juni bis September 1986. Sie verarbeitete darin die Geschehnisse rund um die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl am 26. April 1986.
Natürlich wollte sie damit auch eine Warnung aussprechen, eine Warnung, dass ein Unglück diesen Ausmaßes sich jederzeit wiederholen kann, doch meiner Meinung nach steht das nicht an erster Stelle. Sie übt zwar offensichtlich Kritik an atomarer Aufrüstung und an den ganzen Menschen, die ihre Umwelt schädigen und nicht nur die Umwelt, sondern auch alle Menschen, gleichzeitig hofft sie aber, dass die Menschen aus dieser Katastrophe schlauer geworden sind und sich jetzt zweimal überlegen, ob der Bau eines Atomkraftwerkes wirklich wichtiger ist, als das Leben von Menschen.
Ich denke auch, dass sie Kritik daran übt, dass den Menschen erst auffällt, wie kostbar das Leben ist, wenn die Möglichkeit besteht, dass es auf einmal zuende ist. Sie denkt an frühere Zeiten mit ihrem Bruder, an ihre Kindheit, an ihre eigenen Kinder und Enkelkinder und ihr fällt auf, dass sie dieses und jenes eigentlich noch hätte mit ihnen machen wollen. Einerseits vertritt sie die Meinung, jeden Tag des Lebens zu genießen und auch zu nutzen, aber andererseits spricht sie sich auch dafür aus, manchmal innezuhalten und nachzudenken, was einem das Leben bringt und ob man glücklich ist, mit dem, was man macht, und wenn nicht, dann soll man es ändern. Im Prinzip möchte sie sagen, dass man bewusst leben soll.
Dadurch, dass die Erzählerin in einer Zeit geboren wurde, in der man nichts wusste von Computern und in der die Technik noch nicht so fortschrittlich war, wie in der Zeit, in der das Buch spielt, könnte man den Eindruck bekommen, dass sie nicht viel von all den technischen Neuerungen hält, was an diesem Tag eben auch noch durch die Katastrophe bestärkt wird. Doch zum gleichen Zeitpunkt ist die Technik für sie so wichtig, weil das Leben ihres Bruder davon abhängt und sie ist froh über wissenschaftlichen und technischen Fortschritte.
Man kann sich bei diesem Buch nicht sicher sein, ob das wirklich Christa Wolf ist, die durch die Erzählerin zum Leser spricht und ihre Ängste und Gefühle offen zeigt, wenn auch auf eine etwas rationale und nüchterne Art und Weise, denn es kommt nicht wirklich heraus und außerdem schrieb Christa Wolf am Beginn des Buches, dass alle Personen rein fiktiv sind und mit keiner lebenden Person identisch. Doch andererseits muss auch einiges an den Gefühlen von ihr selbst dabei sein, denn sich all das einfach nur auszudenken, wäre zu schwierig und ist meist auch nicht die Aufgabe eines Buches.
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