Wie schon andere Autoren vor ihm, begann auch Grass zunächst zu zeichnen und zu malen. Er zeichnete seit Beginn des Studiums in Düsseldorf und tut es auch heute noch. Seit 1972 erdachte er sich auch Radierungen und ab 1975 Lithographien. Bis jetzt entstanden etwa 250 Radierungen und über 50 Lithographien. Interessant ist dass Grass nie alle Möglichkeiten der Technik ausnutze, sondern mit klassischen Vorgehensweisen seine meist schwarzweiße Grafiken erschuf. Nach eigener Aussage ist für ihn das Zeichnen eng mit dem Schreiben verbunden, was man schon daran erkennt, dass er viele Titelmotive seiner Bücher selber zeichnete (z.B.: "Danziger Trilogie") oder seine Gedichtbände mit oft abstrakten, aber passenden und sinnvollen Bildern komplettierte und verdeutlichte (z.B.: "Gleisdreieck"). Das Schreiben eines Buches und das Zeichnen dazugehöriger und/oder darin erscheinender Bilder war für ihn gleichwertig und floss ineinander. Somit liegt die Qualität nicht (oder auch "nicht nur") in der Zeichnung an sich, sondern in der vereinfachenden, darstellenden, vergenauernden oder einschränkenden Wirkung.
Grass als Bildhauer (er hatte ja eine Steinmetzlehre gemacht) verewigte hingegen Gegenstände oder Gedanken seltener. Erst bei der Arbeit zum "Butt" begann er richtig die Schrift in Gips, Bronze oder als Terrakotta umzusetzen.
Inspiriert wurden seine künstlerischen Werke nicht nur von Ideen die er schriftlich festhielt, sondern auch von persönlichen Ereignissen, besonders auf seinen zahlreichen Reisen. So entstanden zum Beispiel in und nach seiner Zeit in Kalkutta viele Werke mit dazu passender Thematik (1986/87).
8. Politische Aktivitäten
Der anarchistisch anmutende Grass nutzte seine Popularität als Schriftsteller von Weltrang, um für die SPD zu werben. Er selber wurde besonders beeinflusst von Kurt Schumachers Reden 1947 - 50. Sein politischer Standpunkt ist "irgendwo links von der Mitte". Heute würde er eine rot/grüne Regierung begrüßen. Nach eigener Aussage war er schon immer politisch, was man auch in der "Danziger Trilogie" erkennen kann. Im 61er Wahlkampf begann er dann Willy Brandt zu unterstützen, indem er dessen Reden redigierte. Dass er der SPD nicht zum Wahlsieg verhelfen konnte, lag vielleicht auch an seiner Art an Diskussionen etwas unmotiviert teilzunehmen. Beim nächsten Wahlkampf (1965) redete Grass in 50 Städten. Seine politischen Ziele waren in vielen kleinen Forderungen untergliedert. Nachdem die CDU ein weiteres Mal die Mehrheit bekam, wurde der Autor Günter Grass immer mehr zum Politiker. Auch an der großen Koalition mit dem Ex-Nazi Kieslinger (CDU) als Bundeskanzler fand Grass nichts Positives und verarbeitet seine Kritik später in "Örtlich betäubt". Erst 1969 wurde Brandt zum Bundeskanzler gewählt. Im "Tagebuch einer Schnecke" berichtet Grass biographisch von Wahlkämpfen und Politik. Als Brandt wegen seiner Spionageaffäre zurücktreten musste, äußerte sich Grass enttäuscht und zornig seinen "politischen Lehrer".
Grass wurde erst um 1980 Mitglied der SPD, verließ sie aber wegen der Asylpolitik nach 10 Jahren wieder. Fazit von Grass' politischer Aktivitäten:
Er sorgte für mehr Akzeptanz (und für mehr Wähler) der SPD in allen gesellschaftlichen Schichten.
Er weckte und prägte bei vielen ein demokratisches und politisches Bewusstsein.
9. "Katz und Maus"
9.1. Inhaltsangabe:
Günter Grass lässt den Erzähler Pilenz von Zusammenleben eigener pubertärer Jungendlicher in der Danziger Bucht während des Zweiten Weltkrieges berichten. Dabei dreht es sich besonders um die vergrößerte Schilddrüse der Hauptperson Joachim Mahlke. Die Geschichte beginnt auf einen Schlagballfeld, als Pilenz sich eine Katze schnappt und diese an den Kropf des schlafenden Joachims setzt, dieser stellt also die Maus dar.
Zu Beginn möchte der schwächliche Mahlke von den anderen Jungs (namentlich: Schilling, Esch, Winter, Hotten, Sonntag, Jürgen Kupka und Pilenz) mitgenommen werden, wenn diese zu einem polnischen Minensuchboot, was vor der Küste auf Grund lief, schwammen. Deshalb lernte er so schnell wie möglich Tauschen und Schwimmen. Schon nach kurzer Zeit war Mahlke - übrigen ein frommer Katholik, der häufig betete - der Schnellste von allen. Während die anderen auf dem Deck faulenzten, tauchte er oft in den Rumpf des Wracks und brachte Werkzeuge oder Plaketten nach oben, womit er sich erstes Ansehen verdiente. Als die schmächtige Tulla Pokriefke einmal mitgenommen wird, stellt man nach einer ausgiebigen Onanie-Szene fest, dass Mahlke (Ziutat) "mindestens einen30 cm langen" hat. Das bringt ihm wieder etwas Beachtung ein. Dann kommt Joachim mit den "Puscheln" zur Schule, das sind kleine Stoffkugeln, die man sich vor den Hals hängen kann. Obwohl er dieses nur tat um seinen Kropf zu verbergen, werden die Puschel zur Mode, weshalb Mahlke von den anderen bewundert wurde.
Im Winter bekommt Pilenz besuch von seinem Cousinen. Mit Schilling besuchen die drei das zugefrorene Wrack. Dort ist Mahlke gerade damit beschäftigt, die Eisschicht zu entfernen, da er darunter eine Luke vermutet. Nachdem die Mädchen Mahlke dabei helfen durften das Eis zu schmelzen (mit Urin) sind auch diese begeistert von ihm. Pilenz erwähnt, dass er stolz auf Joachim ist. Als im Conradi-Gymnasium ein Kapitänleutnant von der Front berichtet, wird Mahlke aufgeregt: Wenn er ein Eisernes Kreuz (ein militärischer Orden der Nazis), wie es der Soldat trät hätte, könnte das gut von seiner Schilddrüse ablenken.
Im nächsten Sommer möchte Joachim Mahlke, dessen Vater früh gestorben ist, nicht zum Wrack schwimmen. Schließlich lässt er sich doch dazu überreden. Am Anfang des Buches wollten die anderen Jungs ihn noch nicht mitnehmen, nun bittet man ihn schon darum. Als er dort im Schiffsrumpf einen Jungen retten muss, findet er den Eingang zu einem Raum des Bootes, der sonst nicht zugänglich ist. Schließlich unternimmt er den Versuch den Raum einzurichten. Er wickelt Bücher, Schulkram und ein Grammophon in Tücher und bringt sie dort hin. Seitdem verbringt er viel Zeit im Schiff und spielt Platten so laut ab, dass man sie auf Deck hört.
Bald hält ein weiterer Soldat, der mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet wurde eine propagandistisch euphorische Rede in der Schule. Während der Soldat als Erinnerung am Sportunterricht teilnimmt, stiehlt Mahlke dessen Orden. Als der Verlust auffällt, wird die Sporthalle durchsucht, aber Mahlke fliegt nicht auf. Nach der Schule versucht Pilenz während einer Bahnfahrt Joachim zu überreden, das Eiserne Kreuz zurückzugeben, was er jedoch nicht tut. Mahlkees Verbrechen fliegt trotzdem auf und er wird auf die Horst - Wessel - Oberschule versetzt.
Nach den Sommerferien ist Mahlke nicht mehr da und bei Pilenz breitet sich Langeweile aus. Joachim ist in einem Wehrertüchtigungslager und macht eine Funkerausbildung. Während dieser Zeit schwamm die Gruppe kaum noch zum Wrack, da dieses von einer Jugendbande und deren Anführer, genannt Störtebeker, besetzt wird. Beiläufig berichtet Pilenz noch, dass sein Bruder gefallen ist. Dann meldet sich Pilenz freiwillig als Messdiener bei der Kirche, in der Hoffnung dort den gläubigen Mahlke zu treffen. Später trifft Pilenz ihn dort denn auch. Während des Gottesdiensts beobachtet Pilenz Mahlkes Kropf so wie er es immer tat. Als die beiden miteinander sprechen, zeigt sich Joachim sehr erwachsen, wahrscheinlich weil er mittlerweile bei der Armee ist. Er witzelt sogar über erlebte "Kindergeschichten", darunter auch über seinen Adamsapfel.
Am dritten Advent sehen sich die zwei zu Hause bei Mahlke zum vorerst letzten Mal. Pilenz besucht den verwundeten Freund Esch. Bald wird er selber eingezogen. Während des Fronturlaubes wird er neidisch auf den Altar den seine Mutter seinem toten Bruder aufgebaut hatte. Als Pilenz wieder Arbeitsdienst in der Tuchler Heide hat, hört er viele Geschichten über einen Mahlke, der angeblich heldenhaften Einsatz zeigte, um sich das Eiserne Kreuz zu verdienen.
Pilenz kommt während des nächsten Fronturlaubes wieder nach Hause und trifft endlich wieder auf Joachim. Dieser will in seiner alten Schule einen Vortrag über die Front halten, darf aber aufgrund des lange zurückliegenden Diebstahls nicht. Da Mahlke nicht wieder in den Krieg zurück will, muss er nun ein Versteck finden, da er sonst gesucht und geholt wird. Natürlich bietet sich Mahlkes Raum im Innern des Wracks an. Da er sich den Magen mit unreifen Stachelbeeren verdorben hat und so nicht schwimmen kann, wollen sich die beiden ein Ruderboot mieten. Auf dem Weg zum Strand holt Pilenz Nahrungsmittel für einen längeren Aufenthalt von Mahlkes Mutter, die von alledem nichts weiß. Von Mahlke wollen viele Kinder ein Autogramm haben und stellen ihm begeistert Fragen zum Krieg. Auf dem Weg zum Wrack erzählt Mahlke Pilenz vom geplanten Vortrag. Nachdem Mahlke nach unten tauchte, schwimmt Pilenz wieder weg. Da sich die beiden an dem Abend nochmals verabredet hatten, Mahlke aber nicht erschien, kann man vermuten, dass er auf dem Weg zu seinem Versteck tödlich verunglückt ist.
9.2. Über "Katz und Maus"
Als 1961 die eher dünne Novelle "Katz und Maus" als zweiter Teil der "Danziger Trilogie" erschien, erlebte Grass das gleiche wie schon zwei Jahre zuvor bei der "Blechtrommel": Das Buch wurde einerseits hochgelobt und mit der "Blechtrommel" qualitativ gleichgesetzt, aber andererseits auch negativ beurteilt. Grass galt so zum Beispiel wegen der Onanie - Szene ein weiteres Mal als Pornograph (fast wäre "Katz und Maus" deshalb auf dem Index der BPS gelandet). Trotzdem wurde die Novelle ein weiterer Erfolg und ein bedeutendes Wird der deutschen Literatur.
Das Umschlagbild ist von Grass gemalt. Es zeigt eine Katze, die das Eiserne Kreuz um den Hals hängen hat.
Entstanden ist "Katz und Maus" als Günter Grass feststellte, dass sich im Roman "Hundejahre", an dem er gerade schrieb, eine Novelle verbirgt, also schrieb er erst die Novelle und dann den Roman. Deutlich zu erkennen ist der biographische Charakter des Buches (es spielt in Danzig, seinem Geburtsort; Grass und Mahlke waren Panzerschützen etc.) sowie Parallelen und die Anspielungen auf die damalige Zeit. Das Buch ist in 13 Abschnitte unterteilt und behandelt drei Motivfelder: Katholizismus, Adamsapfel und Gymnasium, die meisterlich zusammengeführt werden und zusammenhängen.
Sprachlich interessant sind besonders die verschiedenen Dialekte die Grass einbringt, die unterschiedlichen Sprachebenen, sowie die Weise wie von langen Reden berichtet wird ("... unddannschossenwiraufsieundsind..."). Die Erzählperspektive wechselt ab und zu. Pilenz fühlt sich verpflichtet die Geschichte zu erzählen, was er als Ich-Erzähler tut, doch manchmal spricht er direkt Mahlke an, obwohl der diesen Bericht gar nicht lesen konnte, da er ja am Ende des Buches vermutlich umkommt.
Später wurde das Buch erfolgreich verfilmt.
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