Die Nathan - Dichtung ist nicht nur die Darstellung eines idealen Menschenbildes, sie ist auch das Resultat einer Lebensphase Lessings, in der er schwere Schicksalsschläge erlitt. Nachdem er seinen religiösen Streit mit der Orthodoxie nicht mehr öffentlich austragen durfte, sah er die Dichtung als einzige Mittel seinen aufklärerischen Gedanken Ausdruck zu verleihen. Nicht zuletzt bedingt durch den verzweifelten Kampf gegen Pastor Goeze ging es Lessing sehr schlecht, er wurde verleumdet, der Ketzerei verdächtigt, litt unter Geldmangel und an persönlicher Krankheit. Das erwartete Kind lebte nur einen einzigen Tag und die Mutter ist so geschwächt, daß sie in Lebensgefahr schwebt. Am 31. Dezember 1777 heißt es in einem Brief:
\"Mein lieber Eschenberg, ich ergreife den Augenblick, da meine Frau ganz ohne Besonnenheit liegt. [...] Meine Freude war nur kurz, und ich verlor ihn so ungern, diesen Sohn, denn er hatte so viel Verstand. [...] Glauben sie nicht, daß die wenigen Stunden meiner Vaterschaft mich schon zu so einem Affen von Vater gemacht haben, ich weiß was ich sage, war es nicht Verstand, daß er die erste Gelegenheit ergriff, sich wieder davon zu machen. [...] Freilich zerrt mir der kleine Wuschelkopf auch die Mutter mitfort, denn noch istz wenig Hoffnung, daß ich sie behalten werde. Ich wollte es auch einmal so gut haben wie andere Menschen, aber es ist mir schlecht bekommen.\"
Am 12. Januar wird Eva Lessing in Wolfenbüttel beigesetzt. |