Analyse der 5. Szene des 2. Aktes aus Schillers "Kabale und Liebe" Das Drama "Kabale und Liebe" von Friedrich von Schiller (* 1759) aus dem Jahre 1784 handelt von den damals herrschenden Ständeunterschieden, beispielhaft dargestellt durch die problematische Liebesbeziehung eines Adligen zu einem bürgerlichen Mädchen. Der junge Adlige Ferdinand von Walter ist der Sohn eines Präsidenten am Hofe eines deutschen Fürsten und liebt die Tochter eine Musikanten, Luise, welche er auch gerne heiraten würde. Ferdinands Vater, der Präsident, erfährt von den Plänen seines Sohnes und intrigiert gegen diesen um eine Hochzeit zu vermeiden. Er will, dass sein Sohn die Geliebte des Fürsten, Lady Milford, heiratet, weil dies für ihn einen enormen Machtgewinn bedeuten würde.
Ausgedacht und schließlich auch ausgeführt wird die Intrige von Wurm, dem Sekretär der Präsidenten, welcher sich mit dem Präsidenten verbündet hat, denn Wurm hat Interesse am Boykott der Hochzeit, da auch er gerne Luise zur Frau hätte. Die Intrige weckt Ferdinands Eifersucht, was letzten Endes zum Tod Luises und Ferdinands führt. Die 5. Szene des 2. Aktes unterteilt sich in drei Sinnabschnitte. Der erste Sinnabschnitt endet in Zeile 40.
Ferdinand stürmt atemlos in die Stube der Millers und will wissen, ob sein Vater da gewesen sei. Zuvor hat Ferdinand Lady Milford erklärt, warum er sie nicht heiraten kann. Der Vater hat dies erfahren und ist sofort in Richtung Haus der Millers geeilt. Nach seiner Heimkehr hat Ferdinand vom Aufbruch des Vaters erfahren und konnte noch rechtzeitig vor ihm bei den Millers eintreffen. Ferdinand berichtet von seinem Gespräch mit der Lady und davon, dass er diese heiraten sollte. Anschließend fürchten die Millers im zweiten Teil (bis Zeile 72), dass er dies wirklich tun wird, Ferdinand aber erklärt, dass er zu seiner Liebe stehen wird.
Er will loseilen um den Auftritt des Vaters bei den Millers zu vermeiden, aber Miller hält ihn auf. Im dritten und letzten Teil entschließt Ferdinand sich schließlich, sich zum ersten Mal offenkundig gegen seinen Vater aufzulehnen und für seine Liebe zu kämpfen. Die Hauptcharaktere präsentieren sich uns in dieser Szene in gewohnter Art und Weise. Ferdinand ist überzeugt von seiner Liebe und will Luise unter keinen Umständen aufgeben (Z.23-34; Z.54-58).
Jedoch macht Ferdinand in dieser Szene eine wichtige Entwicklung durch. Er erkennt, angetrieben durch die Rede Millers (Z.65-72), dass er sich gegen seinen Vater auflehnen muss, und ist fest entschlossen das auch zu tun und ist im äußersten Falle sogar dazu bereit sich von seinem Vater abzuwenden (Z.73-80). Durch die bereits genannte Rede Millers (Z.65-72) wird Ferdinand weiter angestachelt.
Durch die Titulierung als "Betrüger" (Z.70) entsteht in ihm ein Drang das Gegenteil zu beweisen. Luise zeigt sich wie bisher auch als Realistin, in dieser Szene jedoch wirkt sie schon eher ängstlich und ist sich Ferdinands Liebe unsicherer als je zuvor (Z.41-47; Z.59-61). Die Mutter ist enttäuscht und muss erkennen, dass ihr Mann Recht gehabt hat und eine Hochzeit ihrer Tochter mit Ferdinand unter der Herrschaft des Präsidenten so gut wie ausgeschlossen ist.
Der Vater fühlt sich bestätigt. Er war von vorne herein gegen die Liebe zwischen Ferdinand und Luise, weil er wusste, dass ein Überwinden der Standesunterschiede und damit eine Hochzeit der beiden unmöglich ist. Der Präsident wird in seiner Abwesenheit als seht jähzornig und impulsiv dargestellt, was sich aus den ängstlichen Äußerungen der Millers schließen läst (Z.62-64; Z.11f.).
In dieser Szene findet sich ein Hinweis auf den Ausgang des Dramas mit dem Tod der Liebenden in Ferdinands Äußerung (Z.30f.). Rein für die Handlung ist diese Szene von keiner größeren Bedeutung, dafür von umso größerer Bedeutung für die persönliche Entwicklung Ferdinands. Er macht in dieser Szene einen großen Fortschritt und entschließt sich, sich zum ersten Mal gegen seinen Vater öffentlich aufzulehnen und seine Unterwürfigkeit dadurch zu brechen. Weiterhin wird Luises Charakter in dieser Szene ein weiteres Mal sehr deutlich dargestellt sowie das schlechte Verhältnis zwischen Ferdinand und seinem Vater ein weiteres Mal geschildert wird.
Schillers Werk "Kabale und Liebe" entstand in der Zeit des Sturm und Drangs. Es kritisiert massiv die damalige Ständegesellschaft und den herrschenden Absolutismus. Der Präsident steht beispielhaft für einen absolutistischen Herrscher, Ferdinand für einen Adligen und Familie Miller für das Bürgertum. In dieser Szene werden der Respekt und die Angst des Bürgertums vor dem König und die Allmacht des Königs deutlich. Jedoch beginnt in dieser Szene der Adel in Form von Ferdinand sich gegen den König aufzulehnen und seine Unterwürfigkeit abzulegen, was einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur Abschaffung des Absolutismus darstellt.
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