IDENTITÄTSVERLUST
Mit dem Tag der Inhaftierung verliert der Gefangene auf einen Schlag all seine gewohnten Lebensbezüge. Mit einem Mal ist er völlig hilflos einer übermächtigen Institution ausgeliefert. Schon durch die Einkleidung in die uniforme Anstaltskleidung wird dem Gefangenen verdeutlicht, dass für ihn nun ein völlig anderes Leben beginnt und dass er sich in nichts von all den anderen \"Verbrechern\" unterscheidet, wohl aber vom Großteil der Bevölkerung außerhalb der Anstalt. Neben seiner Freiheit verliert der Gefangene eine ganze Reihe weiterer Güter, die für Menschen außerhalb der Gefängnismauern zur Selbstverständlichkeit gehören und zu einem menschenwürdigen Leben nötig sind.
VERLUST DER PRIVATSPHÄRE
Von Privatsphäre kann nicht die Rede sein, wo man auf engem Raum mit unzähligen Menschen zusammenleben muss, deren Gemeinschaft man nicht gesucht hat. Es gibt kaum eine Möglichkeit, sich vor den anderen zurückzuziehen und selbst, wenn man allein in der Zelle sitzt, kann man nie sicher sein, ob nicht im nächsten Augenblick ein Beamter die Tür öffnet.
SEXUELLER ENTZUG
Im Roman "Berlin Alexanderplatz" erlebt Franz Biberkopf diese Problematik auf folgende Weise: "Man steht am Zellenfenster und sieht durchs Gitter auf den Hof. Manchmal gehen Frauen vorbei, Besuch oder Kinder oder Hausreinigung beim Alten. Wie sie überall an den Fenstern stehn, die Sträflinge, und kucken, alle Fenster besetzt, verschlingen jedes Weib."7
Wo nur Männer zusammenleben, werden auch solche zur Homosexualität gedrängt, die von ihrer Veranlagung her heterosexuell sind. Häufig kommt es zu sexueller Gewalt.
TRENNUNG VON DEN ANGEHÖRIGEN
Strafgefangenen steht pro Monat mindestens eine Stunde Besuch durch Verwandte zu. Die Personalknappheit in vielen Gefängnissen lässt dieses Minimum oft zur Regel werden.
MANGEL AN EINER NATÜRLICHEN UMGEBUNG
Bei nur einer Stunde Hofgang pro Tag sind die Gefangenen die meiste Zeit einer eintönigen, künstlichen und krank machenden Umgebung ausgesetzt.
VERLUST DER HABE
Außer den wenigen Gegenständen, die der Gefangene in seiner Zelle besitzen darf, wird ihm aller Besitz weggenommen.
VERLUST VON SELBSTÄNDIGKEIT UND KREATIVITÄT
Im Strafvollzug ist jeder Augenblick des Alltags streng geregelt. Für freie, eigenverantwortliche Entscheidungen bleibt kein Raum.
VERLUST DER PERSÖNLICHEN SICHERHEIT
Gefangene sind Übergriffen durch Mitgefangene und Vollzugspersonal fast ungeschützt ausgesetzt.
VERLUST DES REALITÄTSSINNS
Viele Gefangenen verlieren in der Haft den Sinn für jede Realität. Oft träumen sie von einer wunderschönen Zukunft nach der Inhaftierung, ohne an ihre negativen Erfahrungen in der Vergangenheit und praktische Probleme zu denken.
HAFTKOLLER
Die psychischen Belastungen während der Haft können bei langen Haftstrafen zu seelischen Spannungen führen, die sich irgendwann gewaltsam gegenüber Mitgefangenen oder dem Anstaltspersonal entladen.
SELBSTMORD
Gerade in den ersten Tagen der Haft kann der durch die Inhaftierung ausgelöste Schock zum Selbstmord führen. Gefangene, die zum ersten Mal ins Gefängnis kommen, sind davon besonders häufig betroffen.
ERLERNEN VON KRIMINALITÄT
Im Gefängnis kann der Gefangene viel dazulernen: Ein Drogentäter kann beispielsweise lernen, wie man ein Auto knackt; ein Autodieb erfährt, wie sich mit Heroin schnelles Geld machen lässt usw.
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