1.) Erste Periode (1945 - 1959)br /
Zu dieser Zeit gibt es kaum Veröffentlichungen, die sich mit dem Thema Drittes Reich und Holocaust in der Kinder- und Jugendliteratur befassen. Die meisten Bücher der ersten Nachkriegsjahre thematisieren hauptsächlich "Flucht und Vertreibung" und sind heute fast vom Markt verschwunden. Diese weitestgehend apolitischen Bücher machten vielmehr private, moralische Tugenden zum Gegenstand.
Innerhalb dieser Periode bilden die umfangreichen Darstellungen von der 1933 in die Schweiz emigrierten Lisa Tetzner eine große Ausnahme. In ihrer neunbändigen Kinderodyssee "Die Kinder aus Nr. 67" stellt sie das Schicksal verschiedener Familien aus dem gleichen Berliner Mietshaus dar, um mit dem Schicksal der flüchtenden Mirjam auch das Thema Judenverfolgung aufzugreifen.
Eine weit größere Rolle spielten in dieser Phase authentische oder dokumentarische Darstellungen. Wichtig sind das Tagebuch der Anne Frank (1950 in deutscher Übersetzung) und Ingo Scholls Bericht über die Weiße Rose, der 1952 herauskam.
2.) Zweite Periode (1960 - 1972)
Anfang der 60er Jahre wird das Thema Judenverfolgung und Judenvernichtung vorherrschend. Ursachen dieser ersten Welle war ein wieder erwachender Rechtsradikalismus, Hakenkreuzschmierereien auf jüdischen Friedhöfen und eine öffentliche Diskussion um Versäumnisse der politischen Bildung. Neben der veränderte Thematisierung nehmen Darstellungen mit ausdrücklichem biographischen Charakter zu.
In den 60er Jahren befestigt sich auch ein Darstellungsmuster, das für die Kinder- und Jugendliteratur vorherrschend bleibt, und zwar wird das Dritte Reich aus der Perspektive seiner kindlichen Opfer dargestellt, wobei es gleichgültig ist, auf welcher Seite die Kinder stehen, immer werden sie zu Opfern eines unmenschlichen Systems.
Wichtige Autoren: Hans Peter Richter (Damals war es Friedrich, 1961), Hans-Georg Noack, Willi Fährmann und als wichtigste Übersetzung in diesem Zeitraum ist Clara Asscher-Pinkhofs 1963 erschienener Bericht über jüdische Kinder in Holland zur Zeit der deutschen Besetzung "Sternkinder".
3.) Dritte Periode (1972 - 1986)
Die politischen Verhältnisse, bedingt durch den Ruf nach mehr Wandel, Öffnung nach Osten und gesellschaftliche Reformen, beginnen sich zu verändern. In der Kinder- und Jugendliteratur breitet sich Kritik an den gesellschaftlichen Verhältnissen im eigenen Lande aus, dieser Protest richtet sich auch gegen die Verdrängung der jüngsten Vergangenheit.
Wobei ein anderer Gesichtspunkt der Neubewertung des Themas sich aus dem Generationswechsel zu ergeben scheint. Gesellschaftlich und literarisch beherrschen nun diejenigen die Szene, die im Dritten Reich aufgewachsen sind oder die den Zusammenbruch schon mit wachem Bewußtsein erlebten. Diesen Autoren stellt sich das Thema Nationalsozialismus als lebensgeschichtliche Aufgabe der Erforschung von eigener Kindheit und Jugend dar.
Wichtige deutschsprachige Veröffentlichungen waren H. Burgers "Warum warst Du in der Hitler-Jugend?" und "Stern ohne Himmel" von Leonie Ossowski. Wichtigste Übersetzungen waren die Bücher von Judith Kerr und Johanna Reiss.
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