Der Roman entstand unter dem Eindruck des Nazismus, des Stalinismus und der Wirtschaftspolitik der Industriestaaten während des Zweiten Weltkrieges. Noch pessimistischer und grimmiger als in Farm der Tiere kommt darin Orwells Überzeugung zum Ausdruck, dass die Machtstruktur einer Gesellschaft auch durch Revolution nicht grundlegend verändert werden kann und dass die Zerstörung des Menschen durch eine perfektionierte Staatsmaschinerie unaufhaltsam ist. Das gibt seiner düsteren Zukunftsversion einen beklemmenden Wirklichkeitsbezug. Trotz mancher, vom literarkritischen Standpunkt berechtigter Einwände gegen die flache Charakterzeichnung und den journalistischen Stil, konnte sich Orwells Roman einen festen Platz unter den großen Anti-Utopien der modernen Literatur sichern.
Die Struktur und Regierungsformen der drei Supermächte sind im wesentlichen gleich. Den Herrschern der Mächte ist es gleichgültig, wer das unbewohnte Land zwischen den Machtblöcken beherrscht, denn alle drei Mächte sind wirtschaftlich unabhängig und weit davon entfernt, den Lebensstandard ihrer Untertanen durch Erschließung neuer Rohstoffquellen zu heben. Vielmehr ist ihre Absicht, die Lebenshaltung so niedrig wie möglich zu halten. Jede Macht verlangt von ihren Untertanen völlige Selbstbescheidung . Kein Bewohner eines Staates darf die Sprache eines anderen Staates lernen, geschweige denn diesen Staat besuchen. Die Nazis und die russischen Kommunisten kamen in ihren Methoden sehr nahe heran, jedoch besassen sie nie den Mut, ihre Beweggründe zuzugeben. In diesem Roman dreht sich alles nur um Macht. Macht besteht darin, Schmerz und Demütigungen zufügen zu können. Macht heißt, einen menschlichen Geist in Stücke zu reißen und ihn nach belieben wieder in neuer Form zusammenzusetzen.
Orwell war mit Sicherheit davon überzeugt, dass sich im Ausland Tendenzen ausbreiten, die denen in "1984" ähnlich waren. Man muss feststellen, dass die Tyrannei nicht als Ergebnis der kommunistischen Revolution oder einer Kriegsniederlage entstanden ist.
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