Johann Gruhl
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Johann Gruhl ist schon in Birglar geboren, hat dort auch die Volksschule besucht, nach deren Abschluss eine Tischlerlehre absolviert und sich schließlich selbstständig gemacht. Im Jahre 1937 hat Johann Gruhl geheiratet, 1939 machte er seine Meisterprüfung - im darauffolgenden Jahre wurde er zum Wehrdienst eingezogen.
Der "alte Gruhl", wie er in "Ende einer Dienstfahrt" oft bezeichnet wird, wurde als Soldat im zweiten Weltkrieg aufgrund von verbotenen Aktivitäten für eine Widerstandsbewegung degradiert, gleichzeitig aber auch für das kunstfertige Renovieren gestohlener französischer Möbelstücke befördert.
Nach Ende des Kriegs übte er den Beruf eines Tischlermeisters aus und stellte stilvolle Inneinrichtungen her - da er in der Bundesrepublik Deutschland schon schnell mit dem Steuerrecht in Konflikt kam, kamen auch schnell finanzielle Probleme auf ihn zu. Hinzu kam der wirtschaftliche Prozess der Modernisierung (von Volkswirt Grähn in Ende einer Dienstfahrt, dtv, 1967 in München erschienen, ab Seite 134 näher erläutert), der dem relativ altmodischen Schreinerbetrieb Johann Gruhls schwer zusetzte. Auf seine finanzielle Notlage folgten schon schnell Zwangspfändungen, die neu erworbenes Geld schnell verschwinden ließen. Um den ständigen Pfändungen zu entgehen, ließ sich Johann Gruhl später nur mit Naturalien bezahlen, da diese sich der Pfändbarkeit entzogen.
Mit seinem Sohn Georg Gruhl steckte er im Jahre 1965 einen Dienstwagen der Bundeswehr an.
Johann Gruhl ist offensichtlich mit allen Bewohnern des rheinischen Ortes Birglar gutgestellt, er befindet sich nicht im Konflikt mit den Personen, sondern mit den Institutionen - beispielsweise mit dem Steuerrecht. Die Gerichtsverhandlung bestreitet Johann Gruhl mit einer großen Gelassenheit und guter Laune, die von der Staatsanwaltschaft oft als provozierende Fröhlichkeit empfunden wird. Indiz hierfür ist
zum Beispiel der kleine Tumult, der entstand, als Johann Gruhl sich die Pfeife während
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der Verhandlungen anzündete.
Georg Gruhl
Georg Gruhl, der Sohn Johann Gruhls, wird als "einen Kopf größer als der Vater, schwerer auch als dieser, fast dicklich, blond" beschrieben - er gleicht seinem Vater nicht, dafür aber seiner Mutter, deren "Blondheit und Blässe so sprichwörtlich gewesen waren wie ihre Frömmigkeit und heitere Sanftmut" (Ende einer Dienstfahrt, dtv, im Januar 1967 in München erschienen, Seite 19 unten bis Seite 20 oben).
Er besuchte in Birglar bis zur vierten Klasse die Volksschule und danach die Realschule im gleichen Ort. Schon in dieser Zeit half er seinem Vater in der Schreinerei. Schon bald nach seinem Realschulabschluss legte er seine Prüfung als Tischlerlehrgehilfe ab und wurde im Alter von 20 Jahren in die Bundeswehr eingezogen. Sein Vorgesetzter Feldwebel Behlau beschreibt ihn während der Gerichtsverhandlung zwar als nicht-renitent, aber als mürrisch und gleichgültig. Oberleutnant Heimüller war Georg Gruhl des öfterern beim Zeichnen von Einsatzplänen behilflich - diese Arbeiten wurden vom "jungen Gruhl" als "abstrakte Spielereien, in denen sogar ein gewisser künstlerischer Reiz liege" bezeichnet (Ende einer Dienstfahrt, dtv, im Januar 1967 in München erschienen, Seite 166, oben). Beide vom Gericht geladene Psychologen können sowohl ihm, als auch seinem Vater künstlerische Begabung bescheinigen. Pfarrer Kolb weiß zu berichten, dass Georg Gruhl sich nach dem Kontakt mit der Bundeswehr abfällig über die Kirche und den Glauben zu äußern begann, was, wie Pfarrer Kolb es ausdrückte, an einem etwas zu katholischen Vorgesetzten lag. Der junge Gruhl wurde in der Bundeswehr des öfteren mit Einsatzfahrzeugen zum "Kilometerfressen" auf die Straße geschickt, da für bevorstehende Inspektionen von Fahrzeugen ein gewisser Tachostand erforderlich war. Gruhl kam als guter Autofahrer für das "Erfahren" dieser fehlenden Kilometer in Frage. Auf der letzten seiner "Dienstfahrten" steckte der junge Gruhl mit seinem Vater den Dienstwagen an, den er eigentlich inspektionsreif fahren sollte. Ebenso wie sein Vater scheint sich Georg Gruhl in Birglar allgemeiner Beliebtheit zu erfreuen, und er bestreitet die Gerichtsverhandlung mit jener "provozierenden" Gelassenheit, die auch sein Vater inne hat. Die Sympathie, die den beiden Gruhls in Birglar entgegenschlägt, nimmt der Staatsanwalt letztendlich zum Anlass, seinen Strafantrag möglichst hoch ausfallen zu lassen, um an Johann Gruhl und seinem Sohn ein Exempel zu statuieren.
Der Staatsanwalt Kugl-Egger
Der Staatsanwalt wirkt in Birglar so gut wie immer wie ein Fremdkörper. Mit seiner orthodoxen Auffassung von Rechtsprechung und seiner Härte bildet er einen Kontrast zu dem Großteil der Birglarer, die der Straftat der beiden Gruhls ohne großen Ärger und mit Milde begegnen. Im Laufe der Verhandlungen wird des öfteren der stark konservative Charakter des Staatsanwalts Kugl-Egger deutlich: So zum Beispiel als er sich dagegen verwahrt, dass ">>hier in einem deutschen Gerichtssaal ohne Widerspruch von der Sowjetzone als einem Staat |