Apian Gymnasium Ingolstadt Schuljahr 2003/04 Deutsche Hausaufgabe: Literarische Erörterung Thema 2/ Die Schuld Walter Fabers Erörtern Sie - ausgehend von der Stelle S.123-125 - die Frage der Schuld Walter Fabers. Berücksichtigen Sie dabei die "Zufälle", die zu den folgenschweren Ereignissen geführt haben und gehen Sie auf die Absicht Fabers bei der Abfassung des Berichts ein! Auf weitere einschlägige Stellen im Roman kann / soll durchaus Bezug genommen werden. Tag der Themenstellung: 19.April 2004 Tag der Abgabe: 29.April 2004 Fachlehrer: Frau Krieglstein verfasst von: Simon Rohrer Klasse: 11a Der Roman "Homo faber" von Max Frisch handelt von einem Menschen, der in einer gefühlslosen Welt lebt und sein Leben voll und ganz auf seinen Job ausrichtet.
Sein Verhalten ist übertrieben dargestellt, aber trotzdem vergleichbar mit dem Lebensstil von Workaholics in unserem heutigen Gesellschaftssystem. Deren Beziehungen, wie die des Walter Fabers, sind nur sporadisch vorhanden, auf sich selbst ausgerichtet und meistens ein großes Missverständnis in sich selbst. Diesen Menschen ist es meist gar nicht bewusst was für Trümmerfeld sie in solchen Beziehungen hinterlassen und welcher moralischer Schaden durch ihre Gefühllosigkeit entsteht. Ist Walter Faber wirklich schuld an den folgenschweren Ereignissen oder handelt es sich hierbei nur um unglückliche Zufälle? Am Ende ihrer Schiffsreise stellt Walter Faber Sabeth, einer vermeintlichen Freundin, spontan einen Heiratsantrag, von dem beide sofort wissen, dass er nicht ernst gemeint ist. An diesem Punkt scheint die "Beziehung" beendet, da sie nach der Ankunft in Paris getrennte Wege gehen. Allerdings wird Faber von seiner Sehnsucht überwältigt und sucht und findet Sabeth.
Er überredet sie ihre geplante Autostopptour nach Rom mit ihm zusammen mit einem Leihwagen durchzuführen. Nach einem romantischen Abend bei Mondfinsternis kommt Sabeth in Fabers Zimmer, obwohl sie getrennte Zimmer genommen hatten. Das war das erste Mal, dass Faber sich teilweise aus seiner rationalen Welt herausbewegt hat. Er denkt zwar noch immer an die physikalischen Erklärungen für die Mondfinsternis, kann aber seine Gefühle für Sabeth letztendlich nicht vollkommen vertuschen. Er versucht sich durch einen Vortrag über die Gestirne von Sabeth abzulenken und schiebt auch seine Nervosität darauf, dass er zum ersten Mal eine Mondfinsternis sieht. Allerdings gesteht er, dass er den Eindruck gewinnt, dass Sabeth ihn liebt.
Dieses versuchte Unterdrücken seiner Gefühle zieht sich nahezu durch das komplette Buch bis er zum Schluss erkennt, dass er sein komplettes Leben mit Nebensächlichkeiten, wie zum Beispiel Technik, verschwendet hat, sodass keine Zeit mehr zum Ausleben seiner wahren Gefühle und zum Genießen des Lebens war. Schuld bedeutet, man hat die Verantwortung für etwas Böses, Unmoralisches oder Verbotenes. Die Frage, ob Faber schuld ist an seinem eigenen Tod, würde ich bejahen, da er aufgrund der Berechnung die Todesrate seiner Krankheit auf 5% einschätzt, keinen Arzt aufsucht, um seinem Beruf ohne Unterbrechung nachgehen zu können. Da er noch nie zuvor in seinem Leben krank war, will er es vielleicht auch einfach nicht wahrhaben das er dieses Mal eigentlich außer Gefecht gesetzt ist und er versucht zu verdrängen, dass diese Krankheit in einem von zwanzig Fällen mit dem Tod endet. Dieses Verhalten lässt darauf schließen, dass Faber versucht sich von allem abzuschotten ,um in seiner eigenen Welt zu leben und dass er jede Statistik als Beweis für die Existenz jener Welt sieht. Faber überträgt die Wahrscheinlichkeitsrechnung auf das Leben jedes Menschen, ohne dabei Ausnahmen mitzubetrachten.
Allerdings wird er gerade dadurch ins Unglück gestürzt, denn nur ein Prozent der Bevölkerung leidet unter Magenkrebs. Darin steckt eine gewisse Ironie, der Mensch, der, wenn man die ganze Welt betrachtet, am meisten auf die Stochastik schwört, an einer statistisch gesehen fast nicht vorhandenen Krankheit stirbt. Außerdem trägt Walter Faber die Schuld, dass Hanna, obwohl sie das Kind wollte, fast es durch einen Schwangerschaftsabbruch getötet hätte, trotz der Trennung von Faber und dessen Umzug nach Indien. Walter Fabers Einstellung zur Schwangerschaftsunterbrechung ist höchst eigenartig: er betrachtet Abtreibung als Wunderwerk der Technik und vergleicht sie in ihrer Wichtigkeit mit der Glühbirne(vgl. S. 105ff).
Hierbei betrachtet er den Mensch wiederum nicht als Wesen sondern als Sache(vgl. S.93). Die Verantwortung für Sabeths Tod trägt meiner Meinung nach auch zum größten Teil Faber. Natürlich war es Zufall beziehungsweise Schicksal, dass Sabeth während Faber badet von einer Schlange gebissen wird. Eine wirklich panische Reaktion ist bei Faber zu diesem Zeitpunkt auszuschließen, da er noch immer gefühlsarm lebt.
Das wird besonders deutlich bei dem Wörter-Zu-Einer-Sache-Erraten-Spiel, das er mit Sabeth, bei dem ihm im Gegensatz zu Sabeth nur physikalisch erklärbare Dinge eingefallen sind. Deswegen hätte er daran denken müssen, dass er durch sein exhibitionistisch Rettungsversuch Sabeth einen gehörigen Schrecken einjagen würde. Somit trägt er mindestens eine Teilschuld an dem Tod Sabeths. Er konnte allerdings nicht voraussehen, dass Sabeth die Böschung hinunterfällt und kann dafür auch nicht verantwortlich gemacht werden, da es sich um reinen Zufall handelt. Faber hätte es allerdings in der Beziehung zwischen Sabeth und ihm gar nicht so weit kommen lassen dürfen. Er hätte es nicht die ganze Zeit verleugnen dürfen, dass Sabeth seine Tochter ist.
Doch er will es nicht einmal wahrhaben als Hanna ihm Sabeths Geburtstagdatum mitteilt. Faber verrechnet sich möglicherweise mit Absicht, nur um nicht der Realität ins Auge sehen zu müssen. Auffällig sind des weiteren auch die Verkettungen der Zufälle. Nachdem Fabers Flugzeug auf dem Weg nach Caracas abstürzt, lernt Faber den Bruder seines besten Freundes während der Studentenzeit, Joachim, kennen. Nachdem er den Tod Joachims festgestellt hatte und seinen Job in Südamerika erfüllt hatte, kehrt er nach New York in seine Wohnung zurück. Doch da er sich möglichst schnell von seiner damaligen Freundin, Ivy, loseisen will nimmt er das nächste Schiff nach Europa.
Und für den Fall, dass nicht völlig unerwartet sein Rasierapparat kaputt gegangen wäre und er deswegen nicht mit Ivy außer Haus geht, sondern dass er den Rasierer repariert, hätte er den Anruf der Schiffsgesellschaft nicht entgegennehmen können und hätte somit auch nicht gewusst, dass das Schiff früher ausläuft. Dann hätte er auch nie seine Tochter auf dem Schiff getroffen, wahrscheinlich hätte er sie nie in seinem Leben kennen gelernt, sie hätte wahrscheinlich länger gelebt und er hätte wahrscheinlich nie wieder Hanna getroffen. Ein Grund, wieso Walter Faber diesen Bericht geschrieben hat, ist, um vor bedingungsloser Geldgier zu warnen. Man sollte sein Leben nicht nur nach den Berufschanchen richten, sondern auch das Privatleben nicht zu sehr in den Hintergrund geraten lassen. Das wird in diesem Buch sehr deutlich, den von der Stelle ab, wo Faber beschließt nach Bagdad zu gehen, geht sein ganzes Leben "den Bach hinunter". Ein weiterer Grund für das Verfassen dieses Berichts könnte sein, dass man erkennt, wie schön das Leben sein kann und dass man dies nicht erst merkt, wenn man auf dem Totenbett liegt.
Bei Max Frischs Werken stehen, mit autobiographischem Unterton, die Schicksale von Menschen, die sich im bürgerlichen Leben nicht zurechtfinden. Der Hauptcharakter Walter Faber aus dem Werk "Homo Faber" ist der typische "Unmensch" von heutzutage, den keiner wirklich leiden kann, der aber möglicherweise trotzdem mit seinem Leben zufrieden sein kann.
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