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deutsch artikel (Interpretation und charakterisierung)

Kindheit und schulzeit - 1899 bis 1919-


1. Drama
2. Liebe

\"Dresden war eine wunderbare Stadt, voller Kunst und Geschichte und trotzdem kein von sechshundertfünfzigtausend Dresdnern zufällig bewohntes Museum. Die Vergangenheit und die Gegenwart lebten miteinander im Einklang. Eigentlich müßte es heißen: im Zweiklang. Und mit der Landschaft zusammen, mit der Elbe, den Brücken, den Hügelhängen, den Wäldern und mit den Gebirgen am Horizont, ergab sich sogar ein Dreiklang. Geschichte, Kunst und Natur schwebten über Stadt und Tal, vom Meißner Dom bis zum Großsedlitzer Schloßpark, wie ein von seiner eignen Harmonie bezauberter Akkord.\"
Dieses Porträt der sächsischen Stadt Dresden gibt Erich Kästner in seinem Buch \"Als ich ein kleiner Junge war\", welches er im Alter von achtundfünfzig Jahren verfaßte. In vielen weiteren Büchern dieses deutschen Autors kann man ähnliche Textstellen beobachten, in denen er Eindrücke und Erfahrungen aus seiner Vergangenheit niederschreibt.
Erich Kästner kam nach siebenjähriger Ehe der Eltern am 23. Februar 1899 in der Königsbrücker Straße 66 in Dresden zur Welt. Er sollte das einzige Kind in dieser Familie bleiben. Sein Vater, der stille, arbeitsame, solide Emil Kästner, stammte aus einer Handwerker Familie. Mit seinen handgenähten Sätteln, Rucksäcken oder Taschen hatte er als Sattlermeister wenig Chancen gegenüber den vielfach billigeren Fabrikserzeugnissen dieser Zeit. Erich Kästners Mutter Ida, geborene Augustin, kam aus einer sächsischen Familie, die sich mit einer Metzgerei und einem Pferdehandel halbwegs etabliert hatte. Schließlich heiratete sie am 31. Juli 1892 Emil Kästner in der protestantischen Kirche zu Börtewitz.
Trotz aller Erfolgswünsche der Verwandten und der strebsamen Tüchtigkeit der jungen Eheleute konnte sich das neu eingerichtete Sattlereigeschäft in Döbeln nur drei Jahre halten, bevor Emil Kästner alles verkaufen mußte und mit seiner Frau nach Dresden zu ziehen, um dort in einer Kofferfabrik eine Anstellung zu finden. Aber auch hier kam die junge Familie mit dem Lohn des Vaters alleine nicht zurecht. So begann Ida Kästner damit, zuhause Leibbinden im Stücklohn zu nähen, da sie ihren späteren Kindern eine halbwegs gesicherte Existenz bieten wollte. Durch diesen kleinen Nebenerwerb konnte das Paar sowohl die vom Geschäft hinterbliebenen Schulden tilgen als auch ein halbwegs normales Leben führen.
1899 wurde schlußendlich der erste und einzige Sohn Erich geboren, und von diesem Zeitpunkt an ging es auch mit der Familie bergauf. Seine Mutter besorgte eine größere Wohnung und begann, als der Sohn schon in der Schule war, eine Lehre als Friseuse. Später konnte Ida Kästner dieses Gewerbe selbständig ausüben. Wie man sieht tat sie alles, um ihrem Sohn Erich bessere Startbedingungen fürs Leben zu schaffen und ihm eines Tages vielleicht den Besuch einer höheren Schule zu ermöglichen. Die Mutter dachte also schon über die Zukunft ihres Jungen nach, obwohl dieser noch nicht einmal das Alter von fünf Jahren erreicht hatte. Interessant ist auch daß die Untermieter in der Wohnung der Familie Kästner immer Lehrer waren. Diese Welt der Schule mit Heften, Büchern und Tinte, wie er sie zuhause tagtäglich sah, gehörte zum vertrauten Alltag des Vier- und Fünfjährigen, der damals schon genau wußte, daß er einmal Lehrer werden wollte.
Ostern 1906 begann für Erich Kästner die Schulzeit. Er besaß einen starken Willen und war erfahren, was den Umgang mit Lehrern betraf. Der Wunsch der Mutter, daß ihr Sohn ein guter Schüler werden möge, erfüllte sich vom ersten Tag an. Dieser war wissenshungrig, eifrig und ging vor allem gerne in die Schule. Außerdem unterstützte er seine Mutter oft im Haushalt, machte Einkäufe oder kümmerte sich um das Mittagessen. Durch diverse Botenaufgaben, die er von seinem reichen Onkel Franz August erhielt, verdiente sich Erich etwas Geld. Wieviel Zeit ihm nun eigentlich zwischen der Schule, dem Lernen, seinen vielen Jobs und seiner Leidenschaft dem Bücherlesen noch zum Spielen blieb, gibt Erich Käster in seinen Erinnerungen an die Jugend nicht an. Jedoch beschreibt er ausführlich, wie er mit Schulkameraden ausgiebig am Exerzierplatz der Dresdner Garnison spielt. Da dem Vater nach der Arbeit in der Fabrik nur wenig Zeit blieb, erfolgte die Erziehung des Sohnes in erster Linie durch die Mutter, die sich oft mit Lehrer Schurig, der als Untermieter im Hause Kästner wohnte, beriet. Der Vater mußte sich mit der hohen Autorität der Mutter abfinden und gab sich mit dem Unterschreiben von den Zeugnissen zufrieden. Ansonsten hatte Emil Kästner eher wenig zu sagen, womit er sich offensichtlich auch abfand.
Eine andere schöne Kindheitserinnerung des Schriftstellers sind die ausgedehnten Wanderausflüge mit seiner Mutter. Als Erich acht Jahre alt war, beschloß die Mutter mit ihrem Sohn auf Wanderschaft zu gehen. In seinen Büchern beschreibt er gerne die Ausflüge in den Thüringer Wald und in das Böhmische Mittelgebirge. Die Wanderzeit lag in der Schulferien und dauerte unterschiedlich lang, einmal nur eine Woche, das andere Mal ganze drei Wochen. Die Schulferien waren jedes Jahr für Wanderungen reserviert. Diese Unternehmungen in der Kindheit waren wohl die intensivsten Reiseerlebnisse Erich Kästners überhaupt. Er ist später, das gesteht er mehr als einmal, nur sehr ungern gereist und mußte deshalb auch die eine oder andere Einladung ablehnen. Auch bei diversen Kuraufenthalten zog es der Schriftsteller lieber vor, den Tag im Kaffeehaus zu verbringen als in der freien Natur. Eine andere Gewohnheit aus der Jugend behielt er jedoch bei, nämlich ins Theater zu gehen. Mit zehn Jahren begann er zusammen mit seiner Mutter allen möglichen Theateraufführungen der Dresdner Oper beizuwohnen, von Goethes \"Faust\" bis hin zu Stücken von Richard Wagner.
Insgesamt flossen die Schuljahre, wie er selbst meinte, still und friedlich dahin. Da die Familie Kästner nicht besonders wohlhabend war und ein Studium kaum finanzierbar war, faßte man den im Vorschulalter gefaßten Berufswunsch Lehrer zu werden ernsthaft ins Auge. Für die begabten Kinder armer Leute gab es damals eine besondere Unterstützung von Seiten des Staates, die ihnen ein Studium an einem Lehrerseminar ermöglichte. Mit vierzehn Jahren, Ostern 1913, schaffte Erich ohne größere Probleme die Aufnahmeprüfung des Fletcherschen Lehrerseminars. Allein durch seine Intelligenz und seinen Eifer hatte er einen ersten sozialen Aufstieg geschafft, in dem auch die Mutter Bestätigung für ihre Mühen fand. So ausgezeichnet der Unterricht war, so sinnlos erschien an diesem Lehrerseminar der Disziplinierungsmechanismus. Die Schüler mußten sich stets korrekt und diszipliniert verhalten, jedes Vergehen wurde ernsthaft bestraft. Erich Kästner betrachtete diesen Drill in der Kinderkaserne später sehr kritisch. Er meinte diese Erziehung diente dazu, den Kindern jegliche Eigenständigkeit, Selbstbestimmung und die Fähigkeit selbständig zu denken zu nehmen. Diesen Stoff hat er außerdem in einigen seiner Bücher verarbeitet.
Zu Beginn des ersten Weltkrieges im August 1914 veränderte sich das Leben für den Jungen Erich Kästner nur wenig. Zusammen mit seiner Mutter und seiner Cousine verbrachte er einen durch die Verwandtschaft ausreichend finanzierten Urlaub an der Ostseeküste. Diese Wochen waren durch Unbeschwertheit und Sorglosigkeit gekennzeichnet. Obwohl der Jugendliche mit vielen positiven Eigenschaften ausgestattet war, interessierte er sich nicht für Politik, der Krieg war ihm schlichtweg egal. Jedoch nachdem der erste Weltkrieg auch nach mehreren Jahren nicht zu Gunsten Deutschlands entschieden werden konnte und die Todesnachrichten gefallener Kameraden im Lehrerseminar kursierten, wurde aus Erich Kästner schließlich ein kritischerer Mensch. Das Brett mit den Namen der Gefallenen im Klassenzimmer hinterließ Eindrücke, die er niemals wieder vergaß. Diese Jahre mit der Angst vor Sterben und der sinnlosen Züchtigung im Lehrerseminar brachten den Heranwachsenden erstmals in Konflikt mit sich selbst. Er distanzierte sich immer Mehr von seinem so geliebten Berufswunsch. Mit achtzehn Jahren erhielt Kästner seinen Einberufungsbefehl.
Der zuvor in der Schule durchgestandene Drill setzte sich nun in der Armee fort. Was Kästner sah und erlebte, grub sich tief in sein Gedächtnis ein. Der Haß auf den Kadergehorsam, seine unversöhnliche Haltung gegenüber Militarismus und Krieg haben auf dem Exerzierplatz ihre Wurzeln. Unter den Ausbildern gab es einen gewissen General Waurich, der ihn solange quälte bis er mit Herzbeschwerden ins Lazarett eingeliefert werden mußte. Diesen Ausbilder hat Kästner in seinen Gedichtbüchern festgehalten, wie ein Gedicht am Ende der Biographie zeigt. In der Erzählung \"Duell bei Dresden\" beschreibt er das Schicksal des jungen Helden Graff, der zusammen mit anderen Schülern unter das Kommando eines Kompanieführers namens Kinne gerät. Wie Kästner damals bricht auch Graff unter der Tortur des Strafexerzierens zusammen und muß ins Hospital eingeliefert werden. Nach dem Krieg trifft sich der schwer herzkranke Soldat mit seinem ehemaligen Peiniger Kinne, um bei Dresden ein Duelle auszutragen. Bevor er jedoch schießen kann bricht Graff tot zusammen, und somit bleibt die Rache unvollstreckt.
Nach Ende des Krieges kehrte Kästner zu seinen Eltern in die Königsbrücker Straße zurück. Lehrer wollte er nicht mehr werden, weil ihm dieser Beruf als nicht ideal erschien. Seine Interessen hatten sich verschoben und er wollte anstatt Lehrer zu werden studieren. Hingegen allen Befürchtungen erhielt er die Erlaubnis von seiner Mutter, 1919 an das Gymnasium zu wechseln. Ohne Probleme lernte er Englisch nach und beginnt im selben Jahr auch mit dem Schreiben. Er liefert Beiträge für die Schülerzeitung und verfaßt Gedichte für eine lokale Theaterzeitschrift. Das Abitur bestand er mit Auszeichnung, und von der Stadt Dresden erhielt er ein Stipendium für seine besonderen schulischen Leistungen. So fand sich Erich Käster im Herbst 1919 als Student der Germanistik, der Zeitungskunde, der Theaterwissenschaften, der Philosophie und der französischen Literatur in Leipzig wieder.

 
 

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