Gliederung:
1. Einleitung
2. Sprachentwicklung im ersten Lebensjahr
3. Sprachentwicklung im zweiten und dritten Lebensjahr
4. Sprachentwicklung ab den vierten Lebensjahr
1. Was Sprechen für uns bedeutet
Sprache ist die wichtigste Möglichkeit uns mit anderen Menschen zu verständigen. Mit Sprache können wir Gefühle ausdrücken, unsere Bedürfnisse artikulieren, etwas fordern, etwas ablehnen, Kontakt aufnehmen oder unsere Ideen und Wünsche mitteilen. Die Sprache verbindet uns mit anderen Menschen, macht uns zum Teil einer Gemeinschaft. Ohne Sprache wären wir einsam und isoliert.
Sprache brauchen wir aber noch zu einer anderen wichtigen menschlichen Fähigkeit:
Zum Denken. Beim Denken "sprechen" wir sozusagen "nach Innen". Ohne Worte sind auch keine Gedanken möglich.
Die Kindersprache ist eine Sprache die hauptsächlich von Kleinkindern verwendet wird. Auch die Erwachsenen unterhalten sich in Kindersprache, wenn sie eine Unterhaltung mit Kleinkindern führen. Die Wörter der Sprache entstammen fast alle aus Interjektionen (Sprachwort Ausrufe-, Empfindungswort, z.B. "au", "bäh") und Onomatopoesien (Laut-, Klang- und Schallnachahnungen). So heißt der Hund Wauwau, der Hahn Kikeriki. Kitzelt man das Kleinkind ist es killekille.
2. Sprachentwicklung im ersten Lebensjahr
Mit seinem ersten Schrei gleich nach der Geburt beginnt ein Baby bereits seine Stimme zu üben. Die Stimme, die es später zum sprechen braucht. Zwar betrachten Sprachwissenschaftler das Schreien- und insbesondere den ersten Schrei- meist noch nicht als den Beginn der Sprachentwicklung. Dennoch werden dabei bereits die Sprachwerkzeuge trainiert. Das sind: Atmen, Gesichtsmuskulatur, Zunge, Lippen und Kehlkopf. Etwa ab der 6. Woche beginnt das Kind dann tatsächlich mit den ersten Sprechübungen: es lallt. Das Weinen oder Schreien geht plötzlich in völlig neue Worte über. Anfangs hört man vom Baby hauptsächlich Gurgel-, oder Sprudellaute die bis etwa zum 4 Monat in Schnalz-, oder Schmatz- und Zischlaute übergehen. In einer von den Fachleuten zweiten Lallphase genannten Zeit, etwa zwischen dem 6. und 9. Lebensmonat differenzieren sich die Laute immer mehr, werden vielseitiger, das Kind bildet Silbenkette wie dadada, mamama, papapa und so weiter. Am Ende des 9. Monats spricht es erste Zweisilbige Wörter, wie da-da, mem-mem, am-am. Das scheint sich in dieser Phase offenbar gern selbst zuzuhören, sich mit seiner Stimme und seinen Worten gut zu unterhalten. Dabei übt es unentwegt neue Laute und Silben und außerdem lacht es viel. Bis zu diesem Zeitpunkt hat das Baby bereits einige große Entwicklungsschritte vollzogen. Es greift mit den Fingern nach Spielzeug, interessiert sich für alles, was sich bewegt, dreht sich vom Bauch auf den Rücken, lacht sich selbst im Spiegel zu.
Die körperliche und geistige Entwicklung hängt sehr eng mit der Sprachentwicklung zusammen. Insbesondere die Fähigkeiten der motorischen Beweglichkeit und der Hände haben einen direkten Einfluss auf die Sprechfähigkeit. Eine weitere wichtige Vorraussetzung für das Sprechen ist ein gutes Gehör. Ein normal entwickeltes Kind reagiert von Anfang an auf Geräusche. Als Säugling erschrickt es und zuckt zusammen. Später dreht es die Augen, dann den Kopf nach der Geräuschquelle und hört fasziniert unterschiedlichen Geräuschen zu. Etwa mit 9 Monaten findet es die leisen Geräusche, wie das Ticken einer Uhr, besonders spannend.
Auch im letzten Vierteljahr des ersten Lebensjahres macht das Baby erhebliche Fortschritte, was seine Bewegungsfähigkeit und die Geschicklichkeit der Hände anbelangt. Außerdem wächst sein Sprachverständnis enorm. Es versteht bereits Fragen, wie "Wo ist der Ball?" - es schaut in die richtige Richtung oder streckt seine Arme danach aus. Das bedeutet, dass bereits Begriffe im Gehirn gespeichert hat und sie richtig zuordnen kann. Das Sprechen selbst geht ein wenig langsamer vor sich als das verstehen von Sprache. Das liegt daran, dass die Wahrnehmungsbahnen und die entsprechenden Hirnzentren für die Sprache früher ausgebildet sind, als die hochkomplizierten motorischen Fähigkeiten der Sprachwerkzeuge. Aber um den ersten Geburtstag herum spricht das Baby bereits konkrete Einwortsätze: Haben., Wauwau., Papa., Mama., Auto.
3. Die Sprachentwicklung im zweiten und dritten Lebensjahr
Die Sprachentwicklung geht jetzt in rasantem Tempo weiter. Mit eineinhalb Jahren besitzt ein Kind einen Wortschatz von durchschnittlich 25 Wörtern. Mit 2 Jahren bereits 250 und mit 3 Jahren bereits 1000. Aus den Einwortsätzen des Einjährigen, die ein ganzes Spektrum von Wünschen, Bedürfnissen und Aussagen beinhalten, werden jetzt nach und nach Zwei- und Dreiwortsätze. Die Sätze sind grammatikalisch natürlich noch nicht korrekt. Und viele Wörter werden auch noch falsch ausgesprochen. Das hört sich für die Umgebung meist sehr niedlich an.
"Julia Puppe haben", "isn das?" , "Bibuch schön" (für: das Bilderbuch ist schön), oder "Max Mimo trinkt" (für: Max hat Limonade getrunken), sind typische Aussprüche von Zweijährigen. Wichtig ist jetzt, dass Eltern und Betreuer nicht ebenfalls in diese Kindersprache verfallen, wenn sie sich mit ihrem Kind unterhalten. Denn es lernt Sprache ja vor allem durch Nachahmung, hört gut zu, passt genau auf, was die Erwachsenen (oder andere Kinder) sagen. Hört es dabei nur sein eigenes Kauderwelsch, kann sich die Sprache nur schlecht weiterentwickeln. Falsch wäre es allerdings auch, das Kind ständig zu verbessern oder aufzufordern, das Gesprochene nochmals richtig zu wiederholen. Ebenso bringt es wenig und schadet eher, wenn man dem Kind Wörter vorspricht und es dann nachsprechen lässt. Das Wichtigste beim Sprechenlernen ist der Spaß an der Sprache. Kinder, die ständig korrigiert oder gar ausgelacht, überfordert oder geschimpft werden, verlieren die Freude am sprechen und sagen bald überhaupt nichts mehr. Eine gute Methode hingegen ist, wenn Mutter oder Vater einen Ausspruch des Kindes einfach richtig wiederholen. Etwa, wenn das Kind sagt: "Kaline Oketive sehn", antwortet die Mutter: "Ja, unsere Caroline hat heute eine Lokomotive gesehen." Wichtig ist ein gutes Sprachvorbild der Eltern, also dass sie viel mit ihrem Kind sprechen (auch singen, musizieren, Geschichten erzählen oder Gedichte aufsagen). Aber möglichst langsam, deutlich und in einfachen Sätzen, die es auch verstehen kann. Ebenso wichtig für die Sprachentwicklung ist aber auch, dass das Kind genug Möglichkeiten hat, seine übrigen Fähigkeiten, wie turnen, malen, toben usw., zu trainieren. Dass es Antwort auf seine Fragen bekommt, dass es Anregungen für Spiele und interessante Dinge bekommt. Denn die Entwicklung der Sprache hängt sehr eng mit der körperlichen und geistigen Entwicklung zusammen.
4.Sprachentwicklung ab den vierten Lebensjahr
Im vierten Lebensjahr und danach bis zum Erwachsenenalter nimmt der Wortschatz stetig zu. Mit 4 Jahren umfasst er durchschnittlich 1500 Wörter bis zur Einschulung mit 6 Jahren etwa 2500 Wörter. In Erwachsener, der sich gut ausdrücken kann, verfügt in der Regel über 10000 Wörter. Wobei natürlich klar ist, dass weder der Erwachsene, noch das Kind immer den ganzen Wortschatz aktiv benutzen. Meist reichen ihnen zum Sprechen weniger Worte, aber es versteht ebenso viele. Ab dem vierten Lebensjahr wird beim Kind auch die Grammatik stetig besser. Es bildet Sätze mit mehreren Wörtern und komplexeren Formen. Ein fünfjähriges Kind kann meist schon ganz gut in Komplizierten Schachtelsätzen sprechen. Die Sprachentwicklung verläuft individuell unterschiedlich und manchmal in regelrechten Schüben. Das heißt, manche Kinder sprechen früher, andere später. Bei manchen hat man oft das Gefühl, es geht nicht mehr vorwärts, doch plötzlich kann es wieder eine Menge mehr. Drei- und Vierjährige haben häufig auch noch etliche Ausdrücke und Formulierungen aus ihrer Babysprachenzeit im Wortschatz. Oder sie verhaspeln sich beim Sprechen. Das ist normal. Denn man darf nicht vergessen, dass die geistigen Vorraussetzungen zum Sprechen in ihrer Entwicklung den körperlichen (Atmung und Motorik des Mundes und Rachens) immer um eine Nasenlänge voraus sind. Dennoch sollten Eltern die Sprachentwicklung ihres Kindes beobachten und im Zweifelsfall lieber einmal zu oft einen Fachmann aufsuchen. Denn Sprechen muss erlernt werden und ist ein so komplizierter Vorgang, dass diese Entwicklung natürlich auch sehr störanfällig ist. Je früher aber eine Sprach- und vor allem Gehörstörung erkannt und behandelt wird, desto schneller kann ein Entwicklungsrückstand behoben werden, und Probleme des Kindes werden damit gelöst. Spätestens wenn das Kind zur Schule kommt sollte es fließend und ohne größere Fehler sprechen können. Das erleichtert ihm die neue Situation mit ihren besonderen Anforderungen ganz erheblich. Parallel zur Entwicklung der Sprache entwickeln sich die Sinne, das Wahrnehmungs- und Denkvermögen, die motorische Geschicklichkeit. Das eine ist vom anderen Abhängig. Kinder, die mit 5 Jahren noch nicht ausschneiden oder mit 4 Jahren keine Perlen auffädeln können, sprechen wahrscheinlich auch nicht besonders viel oder gut. Sprechen hat viel mit sehen, hören und tasten zu tun. Jede Förderung dieser Fähigkeiten fördert also gleichzeitig die Sprachentwicklung.
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