\"Zu schreiben habe ich begonnen am Ilmensee 1941, über russische Landschaft, aber als Fremder, als Deutscher. Daraus ist ein Thema geworden, ungefähr: Die Deutschen und der europäische Osten. Weil ich um die Memel herum aufgewachsen bin, wo Polen, Litauer, Russen, Deutsche miteinander lebten, unter ihnen allen die Judenheit. Eine lange Geschichte aus Unglück und Verschuldung, seit den Tagen des deutschen Ordens, die meinem Volk zu Buch steht. Wohl nicht zu tilgen und zu sühnen, aber eine Hoffnung wert und einen redlichen Versuch in deutschen Gedichten."
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"Gedichte gehen nicht aufs Publikum, sie sind Selbstaussagen (im weiteren Sinn) auch durchaus privater Natur. Die Teilnahme anderer ist Zufall, Glücksfall oder Irrtum. Im Grunde gehen sie nur den Erzeuger selbst an." Jedoch, so bemerkt Bobrowski auch: "man muss es so ordentlich wie möglich tun."
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"Ich habe ein ungebrochenes Vertrauen zur Wirklichkeit der Gedichte - vielleicht nicht des Gedichts, sondern des Verses, der wahrscheinlich wieder mehr Zauberspruch, Beschwörungsformel wird werden müssen."
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\'Ich will 125 Gedichte schreiben, das Ganze ordentlich verteilt auf drei Bücher, das ist dann alles, und ich leg mich ins Grab.\'
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\"Ich selber werde mich nicht auf ostdeutsch firmieren lassen, sowenig wie auf \'heimlich westdeutsch\'. Entweder ich mache deutsche Gedichte oder ich lerne Polnisch.\"
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Bezeichnend vielleicht für diesen Zwiespalt und die Bedrängnisse, in die er geraten war, die ihm zusetzten und doch auch anstachelten, waren folgende Zeilen an Hölzer, Januar 1962: \"Seit Monaten nichts geschrieben, in einer Dürre lebend, die die Erinnerung daran, daß ich ja doch geschrieben habe, wie eine Fata Morgana erscheinen läßt - getrennt von den Freunden, auch den hiesigen - und doch mit einer geradezu eschatologischen Hoffnung, die mich mit einer Ruhe und Sicherheit erfüllt, für die ich die Gründe nicht mehr beibringen kann ... Als wär das so irgendwas, Gedichte zu machen, als gäb man nicht an einen Vers seine Gesundheit z.B. dran
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\"Und jetzt probiere ich Prosa. Das ist ein bitteres Geschäft, weil ich erst lernen muß zu arbeiten. Bisher hat mich mein Thema getragen.\"
Kindheit
Da hab ich
Den Pirol geliebt -
Das Glockenklingen, droben
aufscholls, niedersanks
durch das Laubgehäus,
wenn wir hockten am Waldesrand,
auf einen Grashalm reihten
rote Beeren; mit seinem
Wägelchen zog der graue
Jude vorbei.
Mittags dann in der Erlen
Schwarzschatten standen die Tiere,
peitschten zornigen Schwanzschlags
die Fliegen davon.
Dann fiel die strömende, breite
Regenflut aus dem offenen
Himmel; nach allem Dunkel
schmeckten die Tropfen,
wie Erde.
Oder die Burschen kamen
den Uferpfad her mit Pferden,
auf den glänzenden braunen
Rücken ritten sie lachend
Über die Tiefe.
Hinter dem Zaun
wölkte Bienengetön.
Später, durchs Dornicht am Schilfsee,
fuhr die Silberassel der Angst.
Es verwuchs, eine Hecke,
Düsternis Fenster und Tür.
Da sang die Alte in ihrer
duftenden Kammer. Die Lampe
summte. Es traten die Männer
herein, sie riefen den Hunden
über die Schulter zu.
Nacht, lang verzweigt im Schweigen -
Zeit, entgleitender, bittrer
Von Vers zu Vers während:
Kindheit -
Da hab ich den Pirol geliebt -
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