1917 wird Johannes Bobrowski am 9. April in der Grabenstraße 7 (heute Smolenskaja) in
Tilsit (heute Sowjetsk in der Kaliningradskaja oblast) an der Memel (Njemen, Nemunas) als Sohn des Eisenbahnbeamten Gustav Bobrowski geboren.
"aufgewachsen auf beiden Seiten der Memel, zeitweise auf dem Kleinbauernhof der Großeltern im damaligen Memelgebiet (Litauen), in einem Landstrich, wo Deutsche in engster Nachbarschaft mit Litauern, Polen, Russen lebten, in dem der jüdische Bevölkerungsanteil sehr hoch war."
à lernt versch. Nationalitäten und Spannungsverhältnisse zwischen ihnen kennen
1925 zieht die Familie nach Rastenburg im heute polnischen Masuren. Bobrowski besucht das Gymnasium in Rastenburg
1928 zieht die Familie nach Königsberg (heute Kaliningrad)
- Johannes bleibt zunächst bei der Großmutter in Wilkischken bei Tilsit.
- Landaufenthalte prägen den Jungen, der gern Klavier spielt, sich früh für die Philosophen Immanuel Kant und Johann Georg Hamann interessiert, Bach und Mozart hört.
\"Dieser feinsinnige Mensch sollte Bauer werden\"
1929 - Eintritt das humanistische Stadtgymnasium Altstadt-Kneiphof am Dom
à las lat. und griech. Dichtung im Original
- Kritiker schreibt, dass Bobrowski in der "latinisierten Eleganz des 17. und 18. Jahrhunderts genauso zu Hause war wie in dem humorvollen, derben Dialekt ostpreußischer Bauern"
- dessen Direktor (von 1921 bis 1945) Arthur Mentz bis zuletzt nicht der NSDAP beitritt
- Mitarbeit im "Bund Deutscher Bibelkreise"
- sucht die Nähe der Bekennenden Kirche (in der die Familie 1936 Mitglied wird) à eher unorthodoxer Glauben
- verbringt die Sommer bei den Großeltern mütterlicherseits jenseits der Memel im litauischen Willkischken und Motzischken
1937 legt Bobrowski sein Abitur ab
- Pflichtdienst beim Reichsarbeitsdienst.
- Beginn des Studiums der Kunstgeschichte in Königsberg
1938 Umzug nach nach Berlin-Friedrichshagen
- setzt Studium fort
- musische Begabung: spielte bekannte Komponisten nach, auch eigene Kompositionen
1939 Teilnahme als Gefreiter am gesamten Krieg - in Polen, Frankreich, in der Sowjetunion (vom lettischen Kurland bis nach Nowgorod)
- schreibt während des Ostfeldzuges seine ersten offiziellen Gedichte (1943/44 in "Das innere Reich" veröffentlicht)
1941/42 Studiensemester in Berlin. Im April 1943 heiratet Bobrowski Johanna Buddrus; die kirchliche Trauung erfolgt auf deren elterlichem Hof in Motzischken
- zweites Studiensemester unter der Bedingung, Offizier und Mitglied der NSDAP zu werden, lehnt Bobrowski ab
1945 8. Mai: sowjetische Gefangenschaft
- Kohlentagebau bei Rostow im Donezbecken:
\"Im Dongebiet hat er im Kohlentagebau geschuftet und dort tatsächlich eine Theatergruppe gegründet\" Justus
- arbeitet in der Kulturbrigade mit
- besucht 1949 die Antifaschistische Zentralschule bei Gorki an der Wolga.
- Heiligen Abend 1949 kehrt Bobrowski zu seiner Frau nach Berlin-Friedrichshagen heim
\"Plötzlich stand Johannes vor der Tür. Es war unser schönstes Weihnachtsfest.\"
1950 (einziger) Lektor des Altberliner Verlags von Lucie Groszer, einem Kinderbuchverlag
- verband Arbeit mit pädagogischer Aufgabe
à viel Zeit für literat. Arbeit -> einige Unternehmen d. Verlages eigene Interessen
"Die Sagen des klassischen Altertums" nach Gustav Schwab
"Volksbuch vom Hans Clauert", dem märkischen Eulenspiegel.
1952 erstes großes Gedicht "Pruzzische Elegie"
1959 im September wird Bobrowski als Lektor für Belletristik im Union-Verlag angestellt, dem Buchverlag der CDU in Berlin-Mitte
- bis jetzt kaum bekannt
1960 Bobrowski liest auf Tagung der Gruppe 47
"Die Monstertagung hatte ihr Tief erreicht, da setzte sich ein kleiner, gedrungener Mann auf den ,elektrischen Stuhl'. Er sah eher aus wie ein Arbeiter, vielleicht auch wie ein Bauer, rundes Gesicht, breite Backenknochen, ein bisschen derb. Gar nicht modische Kleidung, festes Schuhwerk. Er wurde als Johannes Bobrowski vorgestellt. Dann las er, schwer und breit und ganz routinelos ein paar Gedichte vor und die 22. Tagung der Gruppe hatte plötzlich einen Akzent bekommen: Man hatte einen Dichter entdeckt."
1961 Im Februar erscheint Bobrowskis erster Gedichtband "Sarmantische Zeiten"
bei der Deutschen Verlags-Anstalt in Stuttgart, im November beim Union-Verlag, der die in Stuttgart gestrichene "Pruzzische Elegie" aufnimmt.
1962 Im März erscheint bei der DVA der Gedichtband "Schattenland Ströme" (im Mai 1963 folgt der Union-Verlag). Im Juli erhält Bobrowski in Wien den Alma-Johanna-Koenig-Preis, im Oktober den Preis der Gruppe 47.
- nach Erfolgen in der Gruppe 47à J.B. schlagartig bekannt
- viele wahre/falsche Freunde nehmen B.'s Zeit/Kräfte in Anspruch
- schreibt nur noch während S-Bahnfahrten Gedichte
-20 Jahre lang in Ruhe Gedichte geschrieben
- B. der als "Genie der Geselligkeit" berühmt war, konnte Einladungen usw. nicht einfach abschlagen
à zehrt an seinen Kräften
Panische Produktivität
Zunehmende Hektik
Notorischer Zeitmangel
Tiefe Erschöpfung und Melancholie à Trunksucht
Zahlreiche Verpflichtungen, gehetzt von Todesangst
1964 September erscheint gleichzeitig im Unions-Verlag und im S. Fischer-Verlag der Roman "Levins Mühle", mit Vorabdruck in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" im August/September
"Levins Mühle" im März 1965 Auszeichnung mit dem Heinrich-Mann-Preis der Deutschen Akademie der Künste zu Berlin
- Mai 1965 mit dem Internationalen Charles-Veillon-Preis in Zürich
1965 Mai erscheint bei Wagenbach das Quartheft "Mäusefest und andere Erzählungen".
- Ende Juli beendet Bobrowski das Manuskript der "Litauischen Claviere"
- Zwei Tage später wird Bobrowski mit einem Blinddarmdurchbruch ins Krankenhaus Köpenick eingeliefert.
2. September 1965: J.B. verstirbt
Im selben Monat erscheint im Unions-Verlag der Erzählungsband "Boehlendorff und Mäusefest", im Mai 1966 aus dem Nachlass im Unions-Verlag der Roman "Litauische Claviere", 1967 im Wagenbach-Verlag.
|