Die erste Szene des zweiten Kapitels aus Anne Seghers 7ten Kreuz besteht aus zwei Teilen, die sich immer wieder abwechseln. Der eine berichtet uns von Georgs Bekanntschaften zu seiner Familie, seinen Beziehungen und den anderen Flüchtlingen; der andere Teile erzählt Georgs Zuflucht in dieser ersten Nacht auf der Flucht im Dom einer Stadt zwischen Oppenheim und Mainz.
Diese Szene ermöglicht uns also zum einen die Charakterisierung Georg Heislers und zu anderen die Interpretation welche Ansichten dieser Roman zur christlichen Weltanschauung vertritt.
Ich beschränke mich hierbei lediglich auf den zweiten Ansatz.
Die Kirche wird durchgehend immer wieder Detailgetreu beschrieben. Er erscheint als ein phänomenales Bauwerk und durch diese scheinbaren Eindrücke, wie das der Dom beginnt sich "aufzulösen und zu entsteinern" (S. 73) oder jene Erleuchtung der Fester im Seitenschiff. Dies wird durch diesen Satz betont "Weit weg, wo er längst keinen Dom mehr vermutet hatte, leuchtete etwas Buntes auf." (S. 80), welche einem durch die anfängliche dreifache Alliteration im Unterbewusstsein haften bleibt hervor gehoben.
Obwohl der gesamte Roman gespickt ist mit Symbolen und Metapher der christlichen Mythologie, wie dem Symbol der Zahl 7 (Sieben Tage dauert die Flucht - sieben Tage dauerte die Schöpfung der Erde durch Gott) und der Metapher des Kreuzes, wird in dieser Szene bereits im zweitem Abschnitt herausgestellt, dass "ins Ungewisse [hoch], dass vielleicht nichts ist, vielleicht die Unendlichkeit", es wird sich also nicht klar geäußert, ob es Gott gibt.
In dieser Szene kommt es auch zu zwei verschiedenen Einflussnahmen auf Georg, der zugleich das Gefühl der scheinbaren Sicherheit und der Bedrohung neben dem, der Entmutigung und den Rat zur Aufgabe der Flucht verspürt. Dieser Einfluss beginnt zunächst durch die Statuen der ehemaligen Bischöfe an ihren Grabplatten und zum andern mit der Erzählung der Ausgewählter Passagen aus dem Leben von Jesus von Nazareth, wie seiner Geburt im Stall, dem Abendmahl trotz des Verrates und der sadistischen Behandlung durch Soldaten, während dieser längst am Kreuz hing. Die Kirche bietet Georg Gnade statt Gerechtigkeit und Friede statt Todesangst. Jedoch liegen Hoffnung und Zuversicht für Georg nicht in Tod und Erlösung, sondern im Bestreben die Flucht fortzusetzen.
Die Menschen gewinnen ihre Zuversicht aus dem Sieg des Lebens über die lebensbedrohenden Mächte. Manche ethischen Moralvorstellungen aus dem christlichen Mythologie könnte zu dieser Zuversicht betragen. Am Ende bleibt das siebte Kreuz leer. Es wird damit zum Symbol der Hoffnung und des Widerstandes.
|