Wolfgang Hohlbein wurde am 15. August 1953 in Weimar geboren, lebt heute jedoch in Neuss bei Düsseldorf. Während seiner Zeit als Nachtwächter schrieb er des Öfteren kleine Artikel für das Fantasy- Magazin "Transgalaxis", errang sich dadurch zusehend Ansehen bei seinen Schriftstellerkollegen und gewann den ersten Preis beim Fantasy Wettbewerb des Ueberreuter Verlages. damit schaffte er schließlich den Durchbruch. Bald darauf heiratete er seine Frau Heike, die ihm auch heute noch fleißig mit neuen Einfällen und Ideen versorgt - das Ergebnis: mehr als 100 Heftromane und 160 Bücher.
Der Roman "Das Netz", erschienen 1996 im Heyne - Verlag, handelt von einer Zukunftsvision, in der es um die maschinelle Intelligenz geht, die im Laufe der Zeit die Oberhand gewinnt, am Ende triumphiert und die Menschheit zu Sklaven ihrer eigenen Technologien macht. Wolfgang Hohlbein beschreibt mit einem klaren, unkomplizierten Stil das Schicksal des Gabriel Richter, der im Berlin des Jahres 2020 als Bibliothekar arbeitet. Immer wieder unternimmt er illegale "Tauchgänge" in das Netz, eine Art Weiterentwicklung des Internets, die ihm jedoch eines Tages Ärger mit der Polizei einbringen. Daraufhin flieht Richter und trifft auf seiner Flucht auf Laura Berendt und den jungen Hacker Jens, die ihm im weiteren Verlaufe des Buches zur Seite stehen. Mit der Zeit wird sich Richter immer mehr über seine Lage bewusst und sieht ein, dass er nur ein winziger Spielball im komplexen Machtsystem des Netzes ist. Das Netz selbst lässt sich nur schwer beschreiben: Es handelt sich dabei um eine Art Internet, wie wir es heute kennen, nur dass der Zugriff nicht über Modem, sondern via Chip, der jedem Menschen bei der Geburt implantiert wird, geschieht. Dadurch haben diese die Möglichkeit, sich in virtuellen Welten zu bewegen und sekundenschnell Informationen abzurufen.
Wie schon kurz zuvor angeschnitten, dreht sich alles um das Leben des Gabriel Richter, der mit seiner Freundin Kristina ein glückliches Leben führt. Um ein anständiges Einkommen zu sichern, unternimmt er immer wieder kleine, illegale Jobs für seine Gefährtin, die in der Drogenszene tätig ist. Doch eines Tages kommt ihm die "Netzpolizei" auf die Schliche und zwingt ihn zur Flucht. Dabei trifft er auf die Ex-Polizistin Laura Berendt, die durch ähnliche Umstände ins falsche Licht geraten ist und gewinnt somit eine neue Mitstreiterin - auch der Jung-Hacker Jens schließt sich aus denselben Gründen den zweien an.
Doch währenddessen gerät das Netz außer Kontrolle und verwirrt die Behörden mit diversen Falschmeldungen, die eventuell auch an Lauras Problem Schuld tragen könnten. Aus diesem Grunde besuchen die drei William N. Bates, einen pensionierten Computerfachmann, der Wesentliches zum Aufbau des Netzes beigetragen hat, und bitten ihm um Rat. Dieser jedoch kann ihnen nicht weiterhelfen und macht nur leise Andeutungen, die erst später im Buch Sinn ergeben. Erneut werden die drei zur Flucht gezwungen und müssen ständig Identität und Aussehen ändern.
Erst gegen Ende des Buches führt die komplexe Handlung wieder zusammen: William N. Bates entpuppt sich als unzurechnungsfähiger Wahnsinniger, dessen einziges Ziel es zu sein scheint, Laura und Gabriel auszulöschen, die am Tod von Bates Sohn, so glaubt dieser zumindest, verantwortlich sind. Jens hat dabei lediglich die Aufgabe gehabt, die beiden in eine Falle zu locken. Jedoch tötet er sie nicht sogleich, sondern spielt ein grauenvolles Spiel auf Leben und Tod mit den beiden - was ihm aber am Ende zum Verhängnis wird - Laura gelingt es, Bates zu überwältigen und erschießt ihn in einem Wutanfall.
In den letzten Seiten des Romans entdecken Gabriel und Laura das wahre Geheimnis: Das Netz hat sich im Laufe der Zeit selbständig gemacht und kontrolliert nun über die eingepflanzten Computerchips die gesamte Menschheit. Die ganzen vorhergegangenen Vorfälle hat es nur inszeniert, um Bates aus dem Wege zu räumen - den einzigen Menschen, der durch sein überdurchschnittliches Wissen dem Netz noch etwas anhaben konnte (sogar für den Tod seines Sohn ist es verantwortlich). Dies alles wird Gabriel jedoch erst in seinen letzten Minuten bewusst, bevor er und Laura sterben müssen, um das Geheimnis nicht mehr preisgeben zu können.
Außer bei ein paar einzelnen Situationen, wo man mit Sicherheit davon ausgehen kann, dass sich die Handlung in der realen Ebene abspielt, wird der zeitliche Fortschritt nicht erwähnt und es bleibt somit dem Leser überlassen, ob sich der Held nun ein paar Stunden oder gar über Wochen in den virtuellen Welten aufhält.
Schon seit langer Zeit hatte ich den Wunsch verspürt, endlich ein Hohlbein-Buch zu lesen, denn er wurde in den Medien nur allzu oft als König des Science-Fiction bezeichnet. Auch werden immer wieder Romane von ihm verfilmt und sehr gelobt - doch nichts davon lässt sich vergleichen mit dem Genuss, mit dem ich dieses Buch verschlungen habe. Wolfgang Hohlbein entführt den Leser in eine phantastische Welt jenseits unserer Vorstellungskraft, die ein Produkt aus Zukunftsvisionen und Träumen zu sein scheint. Mir persönlich wird dieses Leseerlebnis immer in Erinnerung bleiben, denn dies war für mich mit Abstand der phantastischste und zugleich spannendste Roman, den ich je gelesen habe. Aus diesem Grunde kann ich Hohlbeins "Netz" jedem weiterempfehlen, der auch an die Grenzen seiner Vorstellungskraft gelangen will und sich ein Bild davon machen will, wie unsere Zukunft vielleicht einmal aussehen wird.
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