Hugo von Hofmannsthal kam aus einer angesehenen und reichen Familie. Schon seine Großväter besaßen zahlreiche Fabriken, von deren Beschäftigung die Existenz Tausender Familien abhing. 1873 verlor sein einflußreicher Vater bei einem Börsenkrach einen Großteil seines Vermögens. Als Hugos Talent schon in seinen jungen Jahren sichtbar wurde, hatte sein Vater gegen den Dichterberuf nichts einzuwenden, denn er sah darin eine Möglichkeit, den Namen der Familie \"reinzuwaschen\". Schon als 17-jähriger beweist Hugo Fingerspitzengefühl in seinen Versen. Seine Verse sind melodiös, klar gegliedert, einfach in der Sprache und voller Lebendigkeit. Ein Beispiel für seine Sprachlichen Synthesen ist der \"Vorfrühling\" (1892):
Es läuft der Frühlingswind Durch Kahle Alleen,Seltsame Dinge sindIn seinem Wehn.Er hat sich gewiegt,Wo Weinen war,Und hat sich geschmiegtIn zerrüttetes Haar.Es schüttelte nieder Akazienblüten Und kühlte die Glieder,Die atmend glühten. Lippen im LachenHat er berührt,Die weichen und wachenFluren durchspürt.Er glitt durch die Flöte Als schluchzender Schrei,An dämmernder RöteFlog er vorbei.Er flog mit SchweigenDurch flüsternde ZimmerUnd löschte im NeigenDer Ampel Schimmer. Es läuft der Frühlingswind Durch kahle Alleen,Seltsame Dinge sind In seinem Wehen.Durch die glattenKahlen AlleenTreibt sein WehnBlasse SchattenUnd den Duft,Den er gebracht,Von wo er gekommen Seit gestern nacht.
Das ambivalente Lebensgefühl ist ein typisches Grundmotiv für Hofmannthals Schaffen. Der Mensch freut sich auf die Schönheiten des Lebens und versucht diese zu genießen, doch die Angst vor dem Tod raubt ihm jeglichen Lebensgenuß. Der Tod stellt in Hofmanns Werken Hoffnung und Schrecken zugleich dar. Der Mensch hofft im Tod den Sinn des Lebens zu erkennen. Ein weiteres Motiv der Wiener Literatur ist das Welttheater. Alle Menschen auf der Welt führen ein \"Rollendarsein\". Sie sind gefangen in ihrer schicksalhaften Rolle, aus der sie nicht mehr heraus können.
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