Im Februar 1944 okkupieren die Sowjets im Zuge ihrer Offensive Czernowitz zum zweiten Mal. Celan bezeichnet die Zeit erneuter Unterdrückung später als "Antisemitismus in seiner sowjetischen Spielart" , kann aber der Zwangsrekrutierung entgehen, indem er als Arzthelfer in einer psychiatrischen Klinik arbeitet. Um Geld zu verdienen, fertigt er für eine Lokalzeitung Übersetzungen aus dem Rumänischen ins Ukrainische an. Im Herbst beginnt er Anglistik zu studieren und verfolgt erstmals das Ziel, einen Band mit Gedichten zu veröffentlichen. Als einige der nach Transnistrien deportierten Bukowiner nach Czernowitz zurückkommen, darunter Celans Klassenkameraden Immanuel Weißglas und Alfred Kittner, zwei Dichter, die mit ihren Familien die Umsiedlungen überlebt haben, wird dieser noch schwermütiger. Kittner glaubt, Paul Celan müsse "einen schweren, nie überwundenen psychischen Schock erlitten und sein Gewissen schwer belastet gefühlt haben: Es war der Gedanke, daß er vielleicht die Ermordung seiner Eltern im Lager hätte abwenden können, wenn er mit ihnen gegangen wäre."
Ende April 1945 fährt Celan von Czernowitz nach Bukarest ("Die Hauptsache ist, von hier wegzukommen." ) - damit beginnt ein neuer Abschnitt in seinem Leben, er überschreitet "neben der politischen auch eine persönliche Grenze." Arbeit findet er bei dem neuen Verlag Cartea Rusa ("Das russische Buch"), wo er Manuskripte lektoriert und russische Literatur ins Rumänische übersetzt. Seine Arbeiten werden gepriesen, er muß aber aufgrund des in Rumänien immer noch wirksamen Antisemitismus seinen Namen Antschel durch ein Pseudonym ersetzen und entscheidet sich letztlich für "Celan" (Anagramm zu Ancel).
In Bukarest findet Celan, nicht zuletzt durch seine Verlagsarbeit, schnell Zugang zum dortigen literarischen Leben, in dem jüdisch-rumänische Schriftsteller einen wichtigen Faktor darstellen. Er knüpft viele neue Freundschaften mit jüdischen Persönlichkeiten, gelangt zu neuer Freude am Leben und entwickelt eine Liebe zu Wortspielen. Dennoch betrachtet Celan die Jahre in Bukarest (April 1945 bis Dezember 1947) als Übergangszeit, in der er Geld verdient, um nach Wien übersiedeln zu können: "Das Erreichbare, fern genug, das zu Erreichende hieß Wien." (GWIII, 185)
Im Mai 1947 erscheint "Todesfuge" als erstes veröffentlichtes Gedicht Celans, zunächst allerdings nur in der rumänischen Übersetzung Petre Solomons unter dem Titel "Tangoul Mortii" ("Todestango"), in der Bukarester Zeitschrift "Contemporanul". Folgende Notiz wird vorangeschickt: "Das Gedicht [...] beruht auf der Beschwörung einer wahren Begebenheit. In Lubin wie in vielen anderen ,nazistischen Todeslagern' zwang man eine Gruppe von Verurteilten, wehmütige Lieder zu singen, während andere Gräber schaufelten." Tatsächlich hat ein SS-Leutnant im Lager Janówska in Lemberg, unweit von Czernowitz, jüdischen Geigern befohlen, einen Tango mit neuem Text namens "Todestango" zu spielen, der bei Märschen, Folterungen, Hinrichtungen und beim Gräberschaufeln erklungen ist. Aber auch in Auschwitz und anderen Konzentrationslagern verwendeten die Häftlinge die Bezeichnung "Todestango" für jede Art von Musik, die gespielt wurde, wenn eine Gruppe zur Erschießung geführt wurde.
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