General Harras, ein künstlerisches Porträt von Zuckmayers Freund Ernst Udet, ist ein Mensch, der gegen die Gesellschaft seiner Zeit zu stehen kommt, und in Gewissensnot gerät, weil er sich in Schuld verfangen hat. In der Person und dem Geschick seines General Harras stellt Zuckmayer die Frage: Wie war es möglich, daß das deutsche Volk, wenn nicht in seiner Gesamtheit, so doch in führenden Schichten, dem Teufel, dem Bösen verfiel?
Doch ist dieser General Harras nicht etwa die Allegorie des deutschen Schicksals in der Nazizeit. Denn der Dichter versuchte ein Individuum zu bilden und keinen Typus, nur einmal wird kurz angedeutet, daß Haltung und Schicksal des Harras für Haltung und Schicksal der Deutschen steht. Als Oderbruch fragt: \"Wissen sie einen anderen Weg?\", antwortet Harras \"Wenn ich ihn wüßte - wüßten ihn Millionen\"
Und doch weist Harras Züge auf, wie sie auf viele Millionen Deutsche in der Nazizeit zutreffen. Er ist nicht der Nationalsozialist, spottet und schimpft über die Bonzen, stellt sich aber dem Regime zur Verfügung, fügt sich, läßt sich solange alles gut geht, solange das Regime Arbeitmöglichkeiten, Aufstieg, Entfaltungsmöglichkeiten und Siege bringt, von ihm tragen. Im Laufe der Zeit gehen ihm immer mehr die Augen au. Aber er hat nicht mehr die Kraft sich dem Regime zu widersetzen, er ist schon zu tief in dessen Maschen verfangen. Im Prinzip ist der Charakter ein guter, aber er stellt sich in den Dienst des Bösen, deren Fesseln er sich nicht entwinden kann. So wird er schuldig und nur der Tod - für das deutsche Volk der Untergang als Volk - kann ihn entsühnen. Alle diese Eigenschaften treffen sowohl auf Harras als auch auf viele seiner Landsleute zu, und Zuckmayer zeigt hiermit die Situation der Bevölkerung anhand einer einzelnen Figur, jedoch ohne sie als Typus darzustellen, vielmehr als Möglichkeit sich mit ihr in einzelnen Punkten zu identifizieren und zu messen.
Doch der Held seines Dramas steht nicht allein für Deutschland. Ihm gegenüber stehen auf einen Seite die Vertreter des Nationalsozialismus, auf der anderen Vertreter des Widerstands. Andere typische Gestalten ergänzen, so entsteht das Milieubild des deutschen Lebens im Hitlerkrieg.
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