Gedichtinterpretation "Die Hölle" von Andreas Gryphius Das 1663 verfasste Gedicht "Die Hölle" von Andreas Gryphius ist in die Epoche des Barock einzuordnen. Die Form des Gedichtes ist, wie typisch für diese Zeit das Sonett. Es ist geprägt durch die Auswirkungen des 30 jährigen Krieges und ruft die Menschen regelrecht zu einer carpe- diem -Haltung auf. Im nachfolgenden Hauptteil werde ich dieses Werk näher analysieren und interpretieren, wobei ich mich besonders dem Aufbau und den rhetorischen Mitteln widmen werde. Die Struktur des Gedichtes weist typische Merkmale des Sonettes auf. Die Gliederung der vier Strophen zu 14 Zeilen in zwei Vierzeiler und zwei Dreizeiler zeigt einen gleichmäßigen Aufbau.
Ich vermute, dass der Dichter gezielt diese strenge Form wählte um damit die unruhigen, chaotischen Zustände zur Zeit des 30 jährigen Krieges wenigstens im Gedicht zu "bändigen". Bei der Komposition des Gedichtes handelt es sich um eine Addition oder auch Finalstruktur. Dabei konzentrieren sich die Quartette in den Terzetten und führen zu einer Bilanz. Des weiteren lässt der Inhalt des Werkes, welcher die schrecklichen Zustände in Hölle beschreibt kein geregeltes Versmaß zu. Dadurch entsteht kein gleichmäßiger Rhythmus und das Gedicht wirkt wenig melodisch, eher angespannt, was aber meiner Meinung nach, wie bereits beschrieben, voll und ganz dem Inhalt gerecht wird. Die Quartette werden durch die unterschiedliche Reimform von den Terzetten unterschieden.
Diese weisen jeweils einen Paarreim plus einen Reimwaisen auf, wohingegen die Quartette jeweils einen umarmenden Reim aufweisen. Weiterführend möchte ich mich nun den syndaktischen- und semantischen Befund widmen. Auffällig sind bereits beim ersten Lesen des Gedichtes die Aufzählungen oder Aneinanderreihungen von Substantiven vor allem in der ersten Strophe, und vereinzelt auch in der zweiten Strophe. Anhand dieser Ausdrucksweise mit ellipsenartigen Sätzen, die man auch als Ausrufe deuten kann, lässt sich beweisen, dass sich der Dichter in einem erregten Zustand befand, da er sich nur auf das Wesentliche konzentriert hat. Die Substantive sprechen somit für sich und es bedarf keiner anderen Satzglieder mehr. Das Leid, welches von den Interjektionen "Ach!" und "Weh!" zum Ausdruck gebracht wird, wird im weiteren Verlauf durch die bereits erwähnten, aus dem negativen Bereich stammenden Nomen "Mord!", "Folter!"usw.
näher beleuchtet. Der Autor verstärkt dieses Gefühl von Leid und Schmerz, indem er bewusst ein und die selbe Satzkonstruktion bei den Interjektionen wiederholt einsetzt. Somit entsteht ein Parallelismus, wie Beispielsweise "Ach! Und Weh!" , "Tiff´ und Höh`!" und "Je und Eh!". Wobei "Tiff` und Höh`!" gleichzeitig auch als Antithese zu betrachten wäre. Zu erklären ist dieser Einsatz mit dem damaligen Gefühl der Unsicherheit und den vielen Gegensätzen die in dieser Epoche herrschten. Ich denke, dass der Autor damit ein ewiges "Auf und Ab" im Leben darstellen wollte.
Der Titel "Die Hölle" zieht sich wie ein "Roter Faden" durch das gesamte Gedicht, in der letzten Zeile kommt ihm aber eine andere Bedeutung zu. In den beiden Quartetten wird beschrieben, was alles die Hölle ausmacht. Die Terzette veranschaulichen dies dann durch Metaphern und gekonnte Umschreibungen. So wird die Hölle zum Beispiel als "Ewigkeit Feuer" oder "tunckelen Hölen" bezeichnet. Dunkle Vokale wie "o" "a" und "u", die vermehrt im Gedicht auftreten erzielen beim Leser eine düstere, unheilvolle Wirkung und fügen sich gut in das in Gedanken erzeugte Bild der Hölle ein. Die beiden Terzette beginnen jeweils mit der Interjektion "O" in der letzten Zeile, was ich als Gefühlsausbruch werte und mir den Eindruck vermittelt, dass es dem Autor selbst zu Herzen geht.
Er schildert des weiteren die Angst vorm Sterben, die durch das voran gesetzte Adjektiv "grausamm´" gesteigert wird. Diese Klimax ist somit Mittel der Veranschaulichung. Ebenfalls wie die "Flamme der grimmigen Rache" die eine schöne Metapher darstellt. Ihre beschreibende Wirkung erhalten die Terzette auch durch das häufigere Auftreten von Verben, die im Allgemeinen bekannt für diese Wirkung sind. Das hat zur Folge, dass von den Parataxen in den Quartetten, zu Hypotaxen in den Terzetten gewechselt wird. In der letzten Zeile fügt der Dichter schließlich alles zu einer Art Bilanz zusammen und zeigt seine eigentliche Intention.
Er fordert den "Mensch!" auf zu verderben ("Verdirb") "umb hir nicht zu verderben." Ich deute diese Textstelle so, dass der Mensch leben soll ohne daran zu denken was nach dem Tod kommt, denn in der Hölle kann es nicht schlimmer sein als "hir" auf Erden. Mit "Verdirb" assoziiere ich leben, denn um zu sündigen oder dergleichen muss man vorher leben! Meine Kenntnisse über die damalige Zeit bestätigen die Meinung, dass man nichts mehr fürchten musste, auch nicht die Hölle, denn es gab nirgends mehr Tabus und nichts mehr war heilig, nicht einmal die Kirche. Die Erde war mit der Hölle gleichzusetzen! Die Arbeit mit dem Gedicht hat mich angeregt mich näher über die Epoche des barock zu informieren und ich hoffe, dass meine Ausführungen im Hauptteil die Intention des Autors richtig wiedergegeben haben.
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